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Uni Leipzig bremst Zell-Alterung mit schwerem Wasser aus

Die Visualisierung soll verdeutlichen, dass die Zell-Prozesse durch schweres Wasser ausgebremst werden. Avv.: Universität Leipzig/Steffen Grosser, Tom Kunschmann, Jörg Schnauß

Die Visualisierung soll verdeutlichen, dass die Zell-Prozesse durch schweres Wasser ausgebremst werden. Avv.: Universität Leipzig/Steffen Grosser, Tom Kunschmann, Jörg Schnauß

Hoffnung für Organ-Verpflanzungen

Leipzig, 4. Juni 2021. Leipziger Physikern ist es nach eigenen Angaben gelungen, lebendige Zellen mit schwerem Wasser in einen Zeitlupen-Modus zu versetzen, so dass sie langsamer altern. Das geht aus einer Mitteilung der Uni Leipzig hervor.

Schweres Wasser ist die Bezeichnung für ein besonderes Wassermoleküls. Darin koppelt sich Sauerstoff an eine Sonderform des Wasserstoffatoms, das sogenannte Deuterium, das neben einem Proton noch ein Neutron im Atomkern beherbergt. Das so gebildete schwere Wasser ist etwa ein Zehntel schwerer als normales Wasser. Eingesetzt wird es unter anderem als Neutronen-Ausbremser (Moderator) in Kernreaktoren.

Prof. Josef Käs: „Solche Möglichkeiten bietet im physikalischen Kontext bisher nur die Relativitätstheorie.“

Schweres Wasser kann aber offensichtlich auch die Zellprozesse ausbremsen, ohne dauerhafte Schäden zu hinterlassen. „Wir konnten zeigen, dass sich die Zeit für Zellen beziehungsweise der Ablauf ihrer Dynamiken in Umgebungen mit schwerem Wasser deutlich verlangsamen lässt“, berichtet Prof. Josef Käs, der sich an der Uni Leipzig mit der Physik weicher Materie beschäftigt. „Solche Möglichkeiten bietet im physikalischen Kontext bisher nur die Relativitätstheorie.“ Allerdings ist davon auszugehen, dass sich hier nicht wirklich die Zeit dehnt wie bei echten Relativitätseffekten, sondern vielmehr bio-chemische Prozesse einfach langsamer ablaufen.

Dr. Jörg Schnauß Foto: privat

Dr. Jörg Schnauß Foto: privat

„Spektakulär ist hierbei, dass die Effekte reversibel sind und Zellen wieder ihre nativen Eigenschaften zeigen, sobald sie in ein normales wässriges Medium transferiert werden“, ergänzte der Biophysiker Dr. Jörg Schnauß.

Eher als Transplantationshilfe denn als Jungbrunnen geeignet

Durch diese Entdeckung sind Verfahren denkbar, die Zellen und Organe möglicherweise länger vor Degeneration schützen können als bei normalen biologischen Prozessen. Das schwere Wasser könnte womöglich genutzt werden, um Transplantations-Organe länger frisch zu halten.

Als Jungbrunnen taugt das schwere Wasser allerdings schwerlich: Wer in der Hoffnung, nicht mehr zu altern, dort hineintaucht, kann in schweren Wasser genauso ertrinken wir in Normalwasser.

Autor: hw

Quelle: Uni Leipzig

Wissenschaftliche Publikation:

Jörg Schnauß u. a.: „Cells in Slow Motion: Apparent Undercooling Increases Glassy Behavior at Physiological Temperatures“, DOI: doi.org/10.1002/adma.202101840

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt