Sachsen und Texaner verbessern thermoelektrischen Generator
Dresden/Houston, 23. Februar 2021. Um bisher ungenutzte Abwärme als Strom zurückzugewinnen, haben Forscher und Forscherinnen aus Sachsen und Texas einen neuen thermoelektrischen Generator konstruiert. Dieser Energiewandler arbeitet deutlich effektiver als frühere Modelle und kann aus preiswerten Magnesium-Antimon-Verbindungen gebaut werden statt aus dem seltenen Tellur, wie bisher üblich. Das hat Prof. Kornelius Nielsch vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden mitgeteilt, der zusammen mit Prof. Zhifeng Ren vom Texas-Zentrum für Supraleitung (TcSUH) der Uni Houston und weiteren Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an der Entwicklung beteiligt war. Es handele sich dabei um den ersten tellurfreien Generator dieser Art, der bei Raumtemperatur funktioniert.
Hunderte Terawattstunden Abwärme entfleuchen in Atmosphäre und verschlechtern Umweltbilanz
Hintergrund sind die erheblichen Energieverluste, die weltweit beim Betrieb von Wärmemaschinen entstehen – seien es nun Automotoren, Gasgeneratoren in Kraftwerken oder Haus-Heizungen. Ein erheblicher Teil davon entweicht als Abwärme in die Atmosphäre oder muss gar – wie etwa bei Automotoren und Rechenzentren – aufwendig weggekühlt werden. Dies belastet neben den Abgas-Emissionen die Umweltbilanz von Wärmemaschinen zusätzlich. Allein in der deutschen Industrie entstehen in Corona-freien Jahren rund 700 bis 800 Terawattstunden Abwärme.
Prinzip seit über 100 Jahren bekannt, großer Durchbruch blieb aber aus
Nutzungstechnologien für diese Abwärme gibt es zwar schon länger, haben sich aber bisher nicht breit durchsetzen können. Dazu gehören auch die thermoelektrischen Generatoren, die prinzipiell bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt sind. Sie wandeln Temperaturunterschiede direkt in elektrische Energie um. Eingesetzt wurden sie beispielsweise in den Voyager-Sonden. Kommerziell verfügbare Modelle bestehen oft aus Wismut und Tellur. Vor allem Tellur jedoch ist ein eher seltenes Element, von dem jährlich weniger als 500 Tonnen gefördert werden. Zudem liegt der Wirkungsgrad dieser Generatoren nur bei 5,2 Prozent.
Wirkungsgrad erhöht
Daher haben die Teams aus Dresden und Houston nun eine Alternative zu den Bismuttellurid-basierten Systemen entwickelt. Ihr thermoelektrischer Generator basiert auf Magnesium und Antimon und erreicht sogar einen höhren Wirkungsgrad als die Tellur-Systeme, nämlich sieben Prozent – bei einer Temperaturdifferenz von 250 Grad.
Das IFW forscht bereits seit 2015 unter Kornelius Nielsch intensiver an Thermoelektrika. Dabei verfolgen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch nanotechnologische Ansätze, um den bisher noch bescheidenen Wirkungsgrad solcher Energiesammler zu verbessern.
Thermoelektrik-Netzwerk in Sachsen gegründet
Prof. Nielsch sieht auch gute Chancen, dass sich die neuen Forschungen wirtschaftlich verwerten lassen: „In Sachsen haben wir ein Netzwerk für thermoelektrische Anwendungen gebildet, woran auch einige Industriefirmen aus Sachsen, einige Fraunhofer-Institute
400 Millionen Euro Marktvolumen
Das Marktpotenzial ist laut dem IFW-Experten groß: „Der Markt für thermoelektrische Module liegt bei zirka 400 Millionen Euro im Jahr, wobei hier zwei Unternehmen aus den USA (Marlow) und Japan (Kelk Komatsu) das Geschehen dominieren, aber nur Wismuttellurid verwenden. Es wird mit einem starken Wachstum durch Telekomunikation und Internet of Things gerechnet. Wir konzentrieren daher zusätzlich unsere Entwicklung auch stark auf Mikrostrukturierte thermelektrische Bauelemente.“
Wissenschaftliche Publikation:
Ying, P., He, R., Mao, J. et al. Towards tellurium-free thermoelectric modules for power generation from low-grade heat. Nature Communication 12, 1121 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-21391-1
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: IFW, Oiger-Archiv, Magazin „Erneuerbare Energien“
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