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Dresdner Onkologen bekommen Linear-Beschleuniger mit Echtzeit-Augen

Der neue Linearbeschleuniger, den sich die medizinische Fakultät der TU Dresden anschafft, ist mit einem Magnetresonanztomographen (MR) gekoppelt, um die Vernichtung des Tumors während der Bestrahlung überwachen zu können. Grafik: Hochschulmedizin Dresden

Der neue Linearbeschleuniger, den sich die medizinische Fakultät der TU Dresden anschafft, ist mit einem Magnetresonanztomographen (MR) gekoppelt, um die Vernichtung des Tumors während der Bestrahlung überwachen zu können. Grafik: Hochschulmedizin Dresden

Neun Millionen Euro teures Gerät ist mit Tomographen gekoppelt, damit Ärzte während der Bestrahlung nachjustieren können.

Dresden, 3. Juli 2020. Um Krebsgeschwüre effektiver zerstören zu können, schafft sich die medizinische Fakultät der TU Dresden einen neuen Linearbeschleuniger an, der mit einem Magnetresonanztomographen (MR) für die Echtzeit-Überwachung der Strahlentherapie gekoppelt ist. Die Mediziner wollen das neun Millionen Euro teure Gerät unter anderem einsetzen, um Weichgewebstumore zu vernichten, die per Röntgenaufnahme oder Computertomographie (CT) nur schwer zu verorten sind. Die Geldzusage dafür hat der sächsische Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) heute im „Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie“ (Oncoray) in Dresden übergeben.

Photonen zerstören Erbgut der Krebszellen

Weil der Beschleuniger mit der MR-Bildwiedergabe gekoppelt ist, können die behandelnden Ärzte künftig „die Lage des Tumors und der ihn umgebenden Organe hochaufgelöst und in Echtzeit während der Bestrahlung“ sehen, hieß es von der Uni. „Sollte das Tumorvolumen nicht optimal liegen, dann kann die laufende Behandlung unterbrochen oder die Bestrahlung neu justiert werden.“ Zudem ermöglicht der Beschleuniger höhere Energiedosen als klassische Bestrahler und damit kürzere Behandlungszeiten. Die hochenergetischen Lichtteilchen (Photonen) aus dem Beschleuniger sollen das gesunde Gewebe schonen, dafür aber gezielt das Erbgut, also die DNS, von Krebszellen zerstören, so dass sich diese Zellen absterben und sich nicht vermehren können.

Vor allem kleine Geschwüre und Metastasen im Visier

„Mit dem MR-Linearbeschleuniger können wir kleinste Tumore in schwer zugänglichen Körperregionen identifizieren und sicher bestrahlen“, betonte Professorin Esther Troost, die Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie im Uniklinikum Dresden. Beispielsweise lassen sich mit dem neuen Gerät Leber-Metastasen, kleine Tumore an der Bauchspeicheldrüse, der Nebennierte, dem Enddarm, dem Gebärmutterhals, an der Protstata und am Kopf sowie Hals besser behandeln als mit klassischen Methoden. Dabei erhalten die Ärzte durch den MR fortlaufend extellente und kontrastreiche Bilder aus dem Körper – und können danach die Behandlung an die sich Anatomie eines Patienten anpassen, die sich während der wochenlangen Therapiesitzungen immer wieder etwas verändern kann.

KI soll aus der Bilderflut lernen

„Und wir möchten damit auch Forschung betreiben“, künftigte Prof. Troost an. „Wir wollen die Bilddaten mit Methoden des ,Deep Learning‘ und der künstlichen Intellligenz auswerten. Dadurch könnten die Wissenschaftler und Ärzte mehr darüber lernen, wie sich ein bösartiges Geschwür verändert, wie vital ein Tumor nach Dutzenden Bestrahlungen noch ist und wie seine Durchblutung versiegt.

„Neue Generation der Krebstherapie“

„Mit dieser großen Investition geben wir der Krebsforschung in Sachsen einen neuen Schub“, ist Minister Gemkow überzeugt. Das durch Mittel des Freistaats und der EU finanzierte Geräte läute „eine neue Generation der Krebstherapie“ ein. Dresden ist nach Tübingen, Heidelberg und München der vierte Standort deutschlandweit und der erste in Ost-deutschland, an dem das neue Therapieverfahren möglich ist, informierte die TU Dresden.

Behandlungsstart im Jahr 2021

Die Techniker werden den Beschleuniger im Gebäude des „Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden“ (NCT/UCC) auf dem Uniklinik-Campus einbauen. Die Behandlungen damit sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 beginnen.

Blick auf die Gantry, gewissermaßen die "Lupe", die die Protonenstrahlen auf die Tumoure im Patienten lenkt, im Uniklinikum Dresden. Foto: Universitätsklinikum CGC Dresden

Blick auf die Gantry, die „Lupe“, des großen Protonen.Ringbeschleunigers im Keller des Uniklinikums Dresden. Auch diese Anlage soll später mit MR-Technik nachgerüstet werden. Foto: Universitätsklinikum CGC Dresden

Auch Protonen-Beschleuniger soll in Zukunft MR-Augen bekommen

Und die Forscher und Ärzte haben auch schon den nächsten Schritt vor Augen: „In Zukunft wollen wir auch unseren Protonenbeschleuniger mit MR-Funktionen ausrüsten“, kündigte Professorin Troost an. Bisher kann der Erfolg der Protonentherapie nur durch CTs und Röntgenaufnahmen überprüft werden. Wenn der Ringbeschleuniger im Keller künftig mit der Magnetresonanz-Tomografie gekoppelt würde, wären eine bessere Bildkontrolle an diesem bereits sehr präzisen „Teilchenskalpell“ möglich. Daran arbeiten die Onkologen gemeinsam mit den Spezialisten vom Helmholtz-Zentrum Rossendorf (HZDR) bereits seit einiger Zeit. „Das wird aber bestimmt noch fünf bis acht Jahre dauern“, schätzte Troost.

Autor: hw

Quelle: TUD, Med. Fakultät

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt