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„Mörder Anders“ bricht die Knochen im Akkord

Abb.: Randomhouse, Carlsbook

Abb.: Randomhouse, Carlsbooks

Im neuen Krimi von Jonas Jonasson drehen die Einfältigen und Misanthropen am großen Rad

Der Schwede Jonas Jonasson (54 Jahre) hat nach dem „Hundertjährigen“ und der „Analphabetin“ einen neuen Absurd-Krimi vorgestellt. Wie von Jonasson nicht anders gewohnt, ist die Geschichte darin bizarr und der Titel lang: „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“.

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Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind: Roman
 

Die Story: Brachiale Dienste als Geschäftsmodell

Mörder Anders ist einfältig, Pfarrerin Johanna ungläubig und Rezeptionist Per ist misanthropisch. Doch zusammen dreht das seltsame Trio in Stockholm am großen Rad: Gegen saftige Honorare bieten sie die brachialen Dienste von Mörder Anders als Vollstrecker an: um für ungeduldige Kreditgeber die Knochen säumiger Schuldner zu brechen, Konkurrenten von Gangster-Bossen einzuschüchtern oder missliebige Nachbarn zu entsorgen. Dieses reuelose Geschäftsmodell floriert so lange, bis der mehrfach vorbestrafte und titelgebende Mörder Anders die Bibel und Jesus für sich entdeckt. Fortan will er keiner Fliege mehr ein Beinchen krümmen. Weil Per und Johanna aber weiter kassieren und mörderische Aufträge akquirieren, die niemals erfüllt werden, hat die Knochenbruch-AG bald zwar Millionen in der Tasche, aber eben auch die erboste Stockholmer Unterwelt auf den Fersen…

Jonas Jonasson. Foto: Brandt

Jonas Jonasson. Foto: Brandt

Stil und Konzept: aberwitzig, teils aber auch etwas zähe

Der 54-jährige Schwede Jonasson nimmt dabei köstlich die Überbürokratisierung der schwedischen Gesellschaft und die Blockwart-Mentalität manches Zeitgenossen auf die Schippe. Und wie schon in den erfolgreichen Vorgängerromanen setzt der Autor auch im „Mörder Anders“ auf aberwitzige Ursache-Folge-Ketten, auf bizarre Story-Wendungen und eine bauernschlaue Weltsicht der Protagonisten.

Der Plural deutet aber vielleicht schon an, warum der „Mörder Anders“ irgendwie nicht ganz so gut funktioniert wie der „Hundertjährige“ und die „Analphabetin“: Statt die wilde Krimigeschichte ganz auf einen Akteur zu fokussieren, verteilt Jonasson die Aufmerksamkeit des Lesers auf drei Spitzbuben und -bübinnen. Waren die amüsante Weltsicht und das Tun des Hundertjährigen und der Analphabetin in sich schlüssig und wie selbstverständlich, erscheinen besonders die ersten Kapitel des neuen Krimis etwas zäh und bemüht lustig (gewinnen aber später an Fahrt und Schliff).

Fazit:

Pluspunkte:

+ lustige und ungewöhnliche Story

+ Mörder Anders gefällt als wandelnde Naturgewalt

Minuspunkte:

– streckenweise zu bemüht lustig

Um es deutlich zu sagen: Die vorherigen Jonasson-Bücher hatten mehr Witz. Die brillierten vor allem mit einer weltgeschichtlich-literarischen Webkunst, die der streckenweise etwas bemühte „Mörder Anders“ vermissen lässt. Unterhaltsam und wendungsvoll genug, um das Buch bis zu Ende zu lesen, ist der neue Jonasson-Krimi dennoch allemal. Dafür sorgt schon der anarchistisches Enthusiamsmus, mit der sich hier Mörder Anders und seine Freunde im Sozialstaat Schweden über soziale Konventionen und amtliche Regeln hinwegsetzen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Jonas Jonasson: „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“ („Carl’s Book“-Verlag), absurder Krimi, schwedisches Original: 2015, deutsche Übersetzung: München 2016, 352 Seiten, 20 Euro (E-Book 16 Euro), ISBN: 978-3-570-58562-7, Leseprobe hier

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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