Alle Artikel mit dem Schlagwort: Stasi

Interesse an Stasi-Akten steigt wieder

Berlin, 4. Januar 2012: Obwohl die Erstürmung der Stasi-Zentralen inzwischen 22 Jahre zurückliegt, bleibt das Interesse am Studium der ostdeutschen Geheimdienst-Akten hoch: Im vergangenen Jahr gingen beim Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (BStU) und dessen Außenstellen insgesamt 88.231 Anträge auf persönliche Akteneinsicht ein, das waren knapp zehn Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Behörde heute in Berlin mitteilte.

Im Stasi-Ministerium soll größtes Echtzeit-Puzzle der Welt hinter Glas rätseln

Bundesbeauftragter Jahn plant „Campus der Demokratie“ in Berlin und Dresden Berlin/Dresden, 23. November 2012: Das Gelände des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Lichtenberg soll ein „Campus der Demokratie“ werden. Das hat der Bundesbeauftrage für Stasi-Unterlagen (BStU), Roland Jahn, während eines Besuches in Dresden – wo ebenfalls solch ein Campus entstehen soll – vorgeschlagen. Als besonderen Clou möchte er dort „das größte Echtzeit-Puzzle der Welt“ installieren: Hinter Glas soll der von der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelte „ePuzzler“ mit Computerhilfe live vor den Augen der Besucher zerrissene Stasi-Akten wieder zusammensetzen.

Die Videoaugen der Stasi

Überwacher überlastet: MfS wollte Berliner Zentrum und Autobahnen mit Kameras verwanzen Im Zuge des Geheimplans „Strategie 2000“ wollte die Stasi das gesamte Zentrum von Berlin mit Videokameras verwanzen und die City samt aller Transit-Autobahnen von einem Hightech-Stützpunkt an der Hermann-Matern-Straße aus fernüberwachen. Das geht aus einer neuen Publikation „MfS-Handbuch: Hauptabteilung VIII“ der Stasi-Unterlagenbehörde hervor. Ein Hauptgrund für dieses Projekt, dessen Kostenpläne immer mehr ausuferten, war die zunehmende Überlastung des Stasi-Überwachungsapparats in den 1980er Jahren.

Ex-Stasigeneral Markus Wolf: Haben passiv auf einen „Erlöser“ gewartet

Im Buch „Spionagechef im geheimen Krieg“ geht der frühere HV-A-Chef auch mit Bundespromis ins Gericht Er war der „Große Unbekannte“, der „Mann ohne Gesicht“, von dem die westlichen Geheimdienste bis 1979 nur ein Jugendfoto aus jener Zeit hatten, als er von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen berichtete: Markus Wolf (1923-2006), Chef der Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung (HV A), zuständig für die einen der erfolgreichsten Auslandsgeheimdienste weltweit. Manche seiner Erfolge waren freilich Pyrrhus-Siege, wenn man etwa an den Sturz von Kanzler Willy Brandt denkt, nachdem dessen Referent Günter Guillaume als einer von Wolfs Spionen enttarnt worden war. Über ein Jahrzehnt nach seinem Abschied von der Stasi hat er in seiner Autobiografie „Spionagechef im geheimen Krieg“ seine Lebensgeschichte erzählt –die im Spannungsfeld zwischen Apologetik, Selbstkritik und auch etwas Larmoyance doch viele Frage offen lässt.

Operation „Synonym“ sollte Ostblock aus Menschenrechts-Schusslinie bringen

Dresden, 24.2.2012: Mit der verdeckten Operation „Synonym“ wollten KGB, Stasi und andere Geheimdienste zwischen 1975 und 1983 den Ostblock in der Menschenrechtsdebatte aus der Schusslinie manövrieren. Getarnte Propaganda, gezielte Indiskretionen und der Aufbau ferngesteuerter Menschenrechtsgruppen im Westen sollten die Delegationen des „Klassenfeindes“ und die westliche Öffentlichkeit während der KSZE-Verhandlungen beeinflussten. Das hat der US-Historiker Dr. Douglas Selvage in einem Vortrag in der Dresdner Stasi-Unterlagenbehörde berichtet. Diese Versuche seien allerdings nur wenig erfolgreich gewesen. Zudem habe der ostdeutsche Auslandsgeheimdienst HV-A unter Markus Wolf nur halbherzig mitgezogen.

„Bruderorgane“ durchkreuzen nachträglich die Stasi-Aktenvernichtung

Dresden/Berlin, 23.2.2012. Unter den Historikern nährt sich die Hoffnung, die Stasi-Aktenvernichtungsaktion im Nachhinein doch noch durchkreuzen zu können. Denn nachdem jetzt ein Austauschprogramm zwischen der deutschen Stasi-Aktenbehörde BStU und deren Schwesterbehörden in Tschechien, Polen, Bulgarien und anderen einst sozialistischen Ländern angelaufen ist, zeigte sich BStU-Historiker Dr. Douglas Sevage heute am Rande eines Vortrags in Dresden zuversichtlich, vernichtete Unterlagen der für Auslandsspionage zuständigen ostdeutschen „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HV A) durch dort gelagerte Duplikate rekonstruieren zu können. „Ich hoffe, dass wir durch unsere Schwesterbehörden mehr über die HV-A-Aktivitäten erfahren können“, sagte er.

Die Affäre Herrnstadt-Zeisser: Wie der Aufstand 1953 Ulbricht „rettete“

Noch weitestgehend umstritten ist bis zum heutigen Tage die Frage, in welchem Maße die verflossene DDR in ihrer Entwicklung von Vorgaben aus Moskau bestimmt wurde, wieweit die ostdeutsche Partei- und Staatsspitze in ihren Entscheidungen autonom – und damit auch verantwortlich – war bzw. ob sie eigene Vorstellungen verwirklichen konnte. Diese Fragen müssen sicher für jeden Abschnitt der DDR-Geschichte differenziert beantwortet werden. Zumindest für die Anfangsjahre der „Republik“ werfen seit 1990 erstmals veröffentlichte Unterlagen wie das Herrnstadt-Dokument und eine sowjetische Analyse der Lage vom Mai `53 ein neues Licht auf die Umstände, unter denen die SED im Juni 1953 den sogenannten „Neuen Kurs“ verkündete, der wenige Tage später von der Arbeiterschaft mit Demonstrationen und Streiks beantwortet wurde. Die Dokumente zeigen auch, dass der Arbeiteraufstand indirekt dafür sorgte, dass der bereits wackelnde SED-Chef Walter Ulbricht an der Macht blieb – weil die Russen kalte Füße bekamen.

Buch „Militärspionage“: 1983 stand Welt kurz vor Atomkrieg

Haben ostdeutsche Geheimagenten geholfen, Anfang der 1980er Jahre einen Atomkrieg in Europa zu verhindern? Ja, sagt Rainer Rupp alias IM „Topas“, der 13 Jahre lang für die Stasi im NATO-Hauptquartier in Brüssel spioniert hat. Durch Ronald Reagans Gerede vom Sternenkrieg und gewinnbaren Atomschlägen gegen Moskau habe sich die sowjetische Führung in eine derartige Angsthysterie hineingesteigert, dass der Kreml überzeugt war, der neue Scharfmacher im Weißen Haus wolle das NATO-Manöver „Able Archer“ 1983 nutzen, um aus der Übung heraus einen Krieg gegen die Russen zu beginnen, berichtet Rupp im neuen Buch „Militärspionage“, das er gemeinsam mit Offizieren der Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) nun veröffentlicht hat.

Wie der „ePuzzler“ die Stasi-Akten rekonstruiert

Berlin, 15.12.2011: Als die Stasi im Herbst 1989 begann, Akten in großen Stil zu vernichten, stießen die wenigen verfügbaren Schreddermaschinen schnell an ihre Grenzen. Daraufhin zerrissen die Schlapphüte ihre Unterlagen von Hand – manchmal nur in je vier Teile, oft aber auch sorgfältiger. Insgesamt entstanden so rund 600 Millionen Schnipsel, die nun zusammengesetzt werden sollen.

10.000 Schnipsel in 33 Tagen zu 5 Geheimdienstdokumenten rekonstruiert

Arlington, 3.12.2011: Ein kleines Team aus San Francisco hat eine Schnipselrätsel der US-Militärforschungsagentur DARPA (Arlington) gelöst und damit ein Preisgeld von 50.000 Dollar (37.300 Euro) gewonnen. Die Gruppe kombinierte Hightech und menschliche Intelligenz und setzte so binnen 33 Tagen fünf fiktive Geheimdienst-Dokumente wieder zusammen, die die DARPA zuvor in rund 10.000 Teile zerschnipselt hatte. „Viele Experten waren skeptisch, dass die Lösung ins solch kurzer Zeit gefunden werden kann“, kommentierte Dan Kaufmann, Direktor des DARPA-Büros für Informationsinformation, den Erfolg. „Die effektivsten Ansätze waren nicht rein computerbasiert, sondern kombinierten diese Techniken mit Detektivmethoden.“ So war es auch bei den Preisträgern: Die Gruppe aus San Francisco hatte computerbasierte Bilderkennungs-Algorithmen eingesetzt, die Rechner lieferten dann dem menschlichen Zusammensetz-Team Vorschläge, welche Schnipsel zusammenpassen könnten.

Dresden 1989: Siliziumwerk wird zur Kraftprobe zwischen Bürger und Staat

Im Sommer 1989 erreichte der Konflikt zwischen DDR-Staat und Bürgern in Dresden eine neue Qualität. Unter den Dresdnern regte sich der Widerstand gegen eine geplante „Zeitbombe“ vor ihrer Haustür: das Reinstsiliziumwerk (RSW) Gittersee – eine Großinvestition, die von der SED-Wirtschaftsführung für ihren forcierten Mikroelektronik-Kurs dringend benötigt, aber mit wenig Bedacht geplant wurde.

Massenproduktion von DDR-Megabitchip war „gar nicht machbar“

Dresden, 7.9.2011. Der im „Zentrum Mikroelektronik Dresden“ (ZMD) entwickelte Megabit-Chip, der 1988 mit großem propagandistischen Aufwand SED-Chef Erich Honecker präsentiert wurde, war von einer Massenproduktion in der DDR weit entfernt. Das erklärte der frühere ZMD-Chef Dieter Landgraf-Dietz heute vor über 200 Vertretern aus Industrie und Forschung beim Festkolloquium „50 Jahre Mikroelektronik“, das „Silicon Saxony“ in der TU Dresden ausgerichtet hatte – der Branchenverband würdigte damit den 50. Jahrestag der Gründung der „Arbeitsstelle für Molekularelektronik“ (AME) Dresden durch Werner Hartmann am 1. August 1961.

Vom Pionier zum Paria

Werner Hartmann begründete die Mikroelektronik in Dresden – und kam durch eine Stasi-Intrige zu Fall   „It’s all about people“, erklärte AMD-Chef Jerry Sanders 1998 auf die Frage, warum ein US-Konzern in Dresden eine Chipfabrik baue – der Knackpunkt sind die Menschen. Den Grundstein für dieses Dresdner Reservoir fähiger Mikroelektroniker legte Professor Werner Hartmann, als er vor 50 Jahren, am 1. August 1961, die „Arbeitsstelle für Molekularelektronik“ (AME) in Dresden gründete. Damit beschäftigte er sich als einer der ersten Anwendungsforscher in Europa systematisch mit Integrierten Schaltkreisen (ICs), einer Erfindung, die Jack Kilby eineinhalb Jahre zuvor in den USA gemacht hatte. Hartmann wurde in den Folgejahren mit Preisen und Ehrungen überhäuft. Bis zum Sommer 1974, als er plötzlich abberufen und zum Verfemten wurde. Wer war aber dieser Mann und was führte zum verordneten Vergessen?