Zukunftsprojekt soll für Auslastung und Durchbruch sorgen
Wolfsburg/Zwickau, 29. September 2023. Frohe Kunde aus Wolfsburg für das angeschlagene VW-Werk in Zwickau: Volkswagen will sein Elektroauto der nächsten Generation „Trinity“ in Zwickau bauen. Das hat Thomas Schäfer angekündigt, der im VW-Konzern die Marke „Volkswagen“ leitet. Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) begrüßte in einer ersten Reaktion die Entscheidung.
Kein neues Trinity-Werk am Stammsitz
Der Konzernvorstand hat demnach heute im Zuge seiner Strategie „Accelerate forward | Road to 6.5.“, dass sich die deutschen VW-Werke nicht mehr so sehr verzetteln sollen. Vielmehr werden Fahrzeuge, die auf der gleichen Architektur basieren, markenübergreifend in darauf spezialisierten Fabriken gebaut. Für den Aufbau einer weiteren Fertigung in Wolfsburg-Warmenau gebe es nun keinen Bedarf mehr, hieß es vom Vorstand. Und: „Das ursprünglich für Wolfsburg vorgesehene Fahrzeugprojekt Trinity geht nach heutigem Stand in das Werk Zwickau.“
Dresden produziert vorerst weiter ID3
Die Manufaktur Dresden wurde in der neuen Strategie nicht ausdrücklich genannt. Für sie gilt daher die vom Vorstand ausgegebene Auffangformel: „Für alle anderen deutschen und internationalen Standorte der Marke Volkswagen gilt unverändert die bisherige Planung.“ Damit zumindest die kürzlich ventilierte Idee eines Produktionsendes in Dresden vom Tisch. „Die Produktion in der Gläsernen Manufaktur läuft wie geplant mit dem überarbeiteten ID.3 weiter“, informierte VW Sachsen heute die Manufaktur-Mitarbeiter. „Ziel ist es, ein tragfähiges
Nachnutzungskonzept zu entwickeln und zeitnah zu entscheiden.“
„Diese Entscheidung heißt im Klartext: Die Rolle der Fertigung in der Gläsernen Manufaktur läuft mit dem ID.3 wie vereinbart auch noch die nächsten Jahre weiter“, kommentierte der Dresdner Betriebsratsvorsitzende Thomas Aehlig. „Es sei denn, der ausgearbeitete Plan für
das Konzept der Zukunft greift schon früher.“ Das heißt aber wohl auch: Vermutlich könnte Volkswagen in der Manufaktur irgendwann dann doch die Serienproduktion von Autos beenden.
Entscheidung über Chemnitz in den nächsten Wochen
Die Entscheidungen, wie es für die Chemnitzer Motorenwerke weitergeht, „fallen in einem weiteren Schritt in den nächsten Wochen“, heißt es in der Mitarbeiter-Information. „Die Werkebelegung setzt ein richtiges Signal für die sächsischen Standorte“, kommentiert René Utoff, der kommissarische Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Volkswagen Sachsen. „Mit der SSP-Plattform kommt eine zukunftssichere Perspektive nach Zwickau. Damit kommt die Plattform nach Sachsen, für die das Motorenwerk Chemnitz bekanntermaßen das Thermomanagement bauen wird. Jetzt brauchen wir noch eine tragfähige Perspektive für
Dresden.“
Trinity und SSP-Plattform gelten als Hoffnungsträger für Konzern
In Sachsen überwiegt nun vor allem die Freude über den „Trinity“-Zuschlag. Denn dieses Autoprojekt soll die nächste Basisplattform „Scalable Systems Platform“ (SSP) für Elektroautos der nächsten Generation bei VW einläuten: eine kostensenkende Fertigung in weniger Teilschritten, preiswertere Modelle, kurze Ladezeiten, automatisiertes Fahren auf Level 4 und über 700 Kilometer Reichweite sollen möglich werden. Letztlich will Volkswagen damit auch den Rückstand zur US-amerikanischen und chinesischen Konkurrenz in puncto Kosten und Preise abbauen. Mit dem Produktionsstart für das erste Trinity-Modell ist wohl erst 2028 zu rechnen.
Ursprünglich wollte Volkswagen für Trinity ein ganz neues Werk am Stammsitz in Wolfsburg bauen, möchte das Projekt nun aber in die Zwickauer Fabriken verlagern. Dort fertigen bisher rund 10.000 Menschen Elektroautos für die Marken VW, Audi und Cupra. Weil der Elektroauto-Absatz in Deutschland schwächelt, seitdem die Regierung weniger Kaufsubventionen zahlt, hatte Volkswagen für Zwickau zuletzt einen Personalabbau und weniger Schichten angekündigt. Für die Trinity-Produktion werden zweifellos noch einmal etliche Investitionen am Standort nötig sein, aber wohl kein Generalumbau wie seinerzeit beim Umstieg von Verbrennern auf Elektroautos. Damit ist auch fraglich, ob die früheren, ambitionierten Pläne, pro Trinity auf nur noch 10 Stunden Fertigungsdauer zu kommen, umsetzbar sein werden.
„Standort wird erneut zum Meilenstein für Volkswagen“
Die Trintity-Entscheidung dürfte aber auf jeden Fall eine gewisse Mindestauslastung in Zwickau für über zehn Jahre sichern. Hinzu kommt, dass sich VW festgelegt hat, auch den SSP-Nachfolger des „Audi Q4 e-tron“ in Zwickau zu bauen.
„Der Einsatz der neuen Elektroplattform SSP beginnt im Fahrzeugwerk Zwickau. Damit wird der Standort erneut zum Meilenstein für die Volkswagen AG auf dem Weg zum nachhaltigem Anbieter für E-Mobilität“, hieß es dazu von Volkswagen Sachsen. „Jetzt gilt es, unser Werk in Zwickau zukunftsfähig aufzustellen und den Standort in wirtschaftlich schwierigen Zeiten optimal auszurichten. So bleiben wir ein Leuchtturm-Standort für die Volkswagen AG und die Elektromobilität. Die heutige Entscheidung des Aufsichtsrats unterstreicht das Vertrauen in unsere Kompetenz in Sachsen.“
Wirtschaftsminister erleichtert
„Es überrascht mich nicht, dass der von der Volkswagen Sachsen GmbH von Grund auf durchmodernisierte E-Auto-Standort in Zwickau nun zur ersten Wahl für das künftige Top-Modell auserkoren wurde“, kommentierte Minister Dulig den Zuschlag. „Dies ist auch insofern wichtig, da mit der Elektromobilität gleich ganze Standorte in den letzten Wochen immer wieder aus verschiedenen fachlichen und politischen Richtungen in Frage gestellt wurden. Ich freue mich, dass uns Volkswagen ein weiteres Argument für den im Freistaat eingeschlagenen – und durchgehaltenen – Weg der Transformation liefert.“
Erst kürzlich hatte auch die IG Metall Zukunftsentscheidungen für Zwickau eingefordert: „„Ostdeutschland hat sich in der Produktion von Elektrofahrzeugen im nationalen und internationalen Vergleich einen Vorsprung hart erarbeitet“, betonte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Den gilt es zu halten.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: VW, IG Metall, SMWA
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