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Enorme Material- und Energieeinsparungen durch dünne Schichten möglich

Dünne Schichten können künstliche Gelenke und andere Prothesen haltbarer und keimabweisend machen. Foto: Frauke Frodl für die AiF

Dünne Schichten können künstliche Gelenke und andere Prothesen haltbarer und keimabweisend machen. Foto: Frauke Frodl für die AiF

Über 300 Experten treffen sich zur europaweit größten Dünnschicht-Tagung in Dresden

Dresden, 18. September 2023. Werden dünne Schichten und Vakuumtechnik zu einer Schlüsseltechnologie von Energiewende und Umweltschutz – oder sind sie es gar schon? „Dünne Schichten, die auf Plasmatechnologien basieren, ermöglichen enorme Material- und Energieeinsparungen“, meint jedenfalls Professor Udo Klotzbach von der „Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten“ (EFDS) aus Dresden. „Sie erhöhen die Wirkung des Produkts um ein Vielfaches.“ Um das Potenzial dieser hauchdünnen Schichten auszuloten, sind auf seine Einladung nun über 300 Experten und Expertinnen aus 13 Ländern in der sächsischen Landeshauptstadt zur „V2023 Plasma und Vakuum“ eingetroffen.

 Udo Klotzbach, EFDS-Geschäftsführer sowie Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Foto: EFDS

Udo Klotzbach, EFDS-Geschäftsführer sowie Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Foto: EFDS

Vom Akku bis zum Wasserspalter

Sie wollen bis zum Donnerstag auf der europaweit größten Fachtagung dieser Art beispielsweise darüber diskutieren, wie im Vakuum erzeugte Dünnschichten für mehr Energiedichte in Elektroauto-Akkus sorgen, künstliche Hüftgelenke entzündungssicherer machen, die Reibungsverluste an Bremsen mindern, bessere Elektrolyeure für die noch junge Wasserstoffwirtschaft ermöglichen oder die Ausbeute von Solarzellen hochtreiben. Klotzbach ist überzeugt: „Vakuum-, Plasma- und Beschichtungstechnologien sind wesentliche Schlüsseltechnologien für die notwendige Transformation unserer Wirtschaft“ und meint weiter: „Die Dünnschicht-Technologie beeinflusst unseren Alltag tiefgreifend – von Automobilbau bis Medizintechnik.“ Dies gelte in Zukunft auch für Brennstoffzellen, Elektromobilität, Solartechnik und Energiespeicher. „Die Vakuum-, Plasma- und Beschichtungstechnologien werden hier eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung haben.“

„Das ist einmalig auf der Welt“

Großes Potenzial für diese ressourcensparenden Technologien sieht Prof. Michael Bruno Klein von der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF) vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen: „Der Mittelstand ist nicht systemrelevant. Mit 99,5 Prozent Anteil an unserer Wirtschaft ist er DAS SYSTEM“, argumentiert er. „Die Innovationen, die in mittelständischen Unternehmen täglich entstehen, gehören zum Fundament für den erfolgreichen Transformationsprozess der deutschen Wirtschaft.“ Hier helfe die AiF beim Transfer neuer Dünnschicht-Forschungsergebnisse in die wirtschaftliche Praxis. „Mit unserer Expertise und Erfahrung schaffen wir besonders im vorwettbewerblichen Bereich ein Vertrauensökosystem für effektiven Transfer von Wissen auch unter später konkurrierenden Unternehmen. Das ist einmalig auf der Welt.“

Schichten sind teils dünner als ein Haar

Als Dünnschichttechnik gelten Technologien, mit denen sich Schutz- und Funktionsschichten von nur wenigen Mikrometern oder Nanometern Dicke erzeugen lassen, also teils dünner als ein menschliches Haar. Meist geschieht dies in Vakuumkammern durch Verfahren wie die Atomlagenabscheidung (ALD), Plasma-Abscheidung, chemische Gasphasenabscheidung (CVD) und dergleichen mehr. Dadurch lassen sich mit wenig Materialeinsatz besondere Oberflächen auf Bauteilen aus Eisen, Kunststoff oder anderen „gewöhnlichen“ Werkstoffen erzeugen. Diese Oberflächen können unter anderem Reibungsverluste vermindern, unerwünschte Strahlen fernhalten, Wasser und Keime abweisen oder Anlagen einfach haltbarer machen. Alltagsbeispiele dafür sind Thermofenster, Bad-Amaturen oder Sonnenbrillen.

Manfred von Ardenne. Foto: Mittelstädt, ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC3-Lizenz

Manfred von Ardenne. Foto: Mittelstädt, ADN, Bundesarchiv, Wikipedia, CC3-Lizenz

Lange Traditionen für Vakuum- und Dünnschichttechnik in Dresden

Und gerade Dresden hat als Forschungs- und Wissenschaftsstandort für dünne Schichten, Plasma- und Vakuumtechnik eine lange Tradition, die in die DDR zurückreicht und teils noch weiter. Man denke etwa an den VEB Hochvakuum Dresden, das Ardenne-Institut auf dem Weißen Hirsch, das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik (FEP), die TU Dresden, die Hochschule für Technik und Wirtschaft, die Umwelttechnik-Firma „Dünnschicht Anlagen Systeme“ (DAS), die Organiksolar-Fabrik von Heliatek, das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS), das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS), SAW Components Dresden, FHR in Ottendorf-Okrilla und die vielen Zulieferer für die Dresdner Chipindustrie.

Weiterte Informationen zum Tagungsprogramm gibt es hier.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: EFDS, AiF, Oiger-Archiv, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt