Baustart für Infineons 5 Milliarden Euro teure Chipfabrik Nr. 4 in Sachsen
Dresden, 2. Mai 2023. Im Herbst 2026 will Infineon die Produktion von Leistungselektronik und Mischsignal-Schaltkreisen („Mixed Signal“) in seiner neuen, fünf Milliarden Euro teuren Fabrik IV in Dresden starten. Das hat das deutsche Halbleiter-Unternehmen heute in der sächsischen Landeshauptstadt vor einem symbolischen ersten Spatenstich avisiert. „Abhängig von der Marktentwicklung werden wir die Kapazitäten in der Fabrik dann hochfahren“, kündigte der Vorstandsvorsitzende Jochen Hanebeck an.
„Wir brauchen mehr solcher Projekte in Europa“
Zum symbolischen Spatenstich waren zahlreiche Politpromis, aber auch bemerkenswert viele Presse- und Branchenvertreter aus Asien nach Dresden gekommen. Das mag wohl auch daran liegen, dass das „Silicon Saxony“ mittlerweile auch international stärker wahrgenommen wird – und ganz speziell auch in den Fokus einer möglichen Ansiedlung des weltweit größten Chip-Auftragsfertigers TSMC aus Taiwan gerückt ist. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) war angereist und verkündete: „Dresden ist ein digitaler Leuchtturm für Europa.“ Und: „Wir brauchen mehr solcher Projekte bei uns in Europa, weil der Bedarf an Mikrochips weiter rasant steigt.“
Größte Einzelinvestition in der Infineon-Geschichte
Im mikroelektronik-verwöhnten Dresden mag mancher vielleicht schulterzuckend fragen: Warum machen die so einen großen Bahnhof, wenn Infineon hier seine vierte Fabrik baut, mit – im Vergleich zu früheren Chipwerken – fast bescheiden anmutenden 1000 neuen Arbeitsplätzen? Aber die neue Fab hat ein paar besondere Knackpunkte: Sie ist eines der ersten Großprojekte in Deutschland, das tatsächlich nach den Regeln des neuen europäischen Chipgesetz subventioniert wird. Für von der Leyen ist sie insofern ein vorzeigbarer Beleg, dass die EU dazugelernt und umgesteuert hat: In den vergangenen Dekaden zunehmender Globalisierung und internationaler Arbeitsteilung habe Europa zwar auch besondere Expertisen aufgebaut und gestärkt, aber eben auch die Massenproduktion einer eigenen Mikroelektronik vernachlässigt, argumentiert die EU-Präsidentin. Von daher seien „Dresden und Silicon Saxony ein Symbol dafür, dass Europa im internationalen Wettbewerb eben doch bestehen kann“. Auch der deutsche Digitalwirtschaftsverband „Bitkom“ hat die neue Infineon-Fabrik als Beitrag zu mehr digitaler Souveränität für die europäische Industrie eingestuft.
Fabrik passt gut zu Energiewende- und Autarkie-Plänen von Ampel und EU
Hinzu kommt: Mit fünf Milliarden Euro ist die neue Infineon-Fabrik in Dresden die größte Einzelinvestition in der gesamten Unternehmensgeschichte von Infineon. Außerdem hat auch das Produktportefeuille dieser „Smart Power Fab“, wie sie neuerdings heißt, eine politische Dimension, die gut zu von der Leyens „Green Deal“ und den Ampel-Klimarettungsplänen passt: Der Konzern will hier vor allem mikroelektronische Bauelemente herstellen, die für Wärmepumpen, Elektroauto-Schnellladesäulen, Solar- und Windkraftanlagen sowie andere Gerätschaften der Energiewende ganz besonders gebraucht werden.
Hanebeck rechnet mit Nachfrage für Leistungs-Elektronik
Hanebeck rechnet jedenfalls mit einer anhaltend starken Nachfrage aus diesen Sektoren: „Der globale Halbleiterbedarf wird angesichts der hohen Nachfrage nach erneuerbaren Energien, Rechenzentren und Elektromobilität stark und anhaltend wachsen“, prognostiziert er. „Mit dem neuen Werk werden wir die Nachfrage unserer Kunden in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bedienen.“ Um auch Großaufträge leichter abarbeiten und Orders zwischen Standorten hin und her schieben zu können, will er die neue Dresdner Fab mit einem ähnlichen Werk in Villach zu einer virtuellen Fabrik verschmelzen. Von daher wird das Projekt von Anfang an auch eine europäische Dimension haben.
Promis haben erst mal nur plakativ die Spaten in die Kamera gehalten
Bis das soweit ist, wird es allerdings noch dreieinhalb Jahre dauern: Die Spaten haben die Politpromis heute nur demonstrativ in die Kameras gehalten. Auf dem Baufeld neben den drei bereits existierenden Fabs in der Dresdner Heide sind Bagger gerade erst mit Vorbereitungen beschäftigt. Die Rohbauarbeiten beginnen erst im Herbst 2023.
Im Frühjahr 2025 will Infineon damit beginnen, die Fabrik auszurüsten. Der Fertigungsstart ist dann für den Herbst 2026 vorgesehen – wobei es dann selbst bei guter Auftragslage eine Weile dauert, bis eine hohe Ausbeute und Vollauslastung erreicht sind. Von den fünf Milliarden Euro Investitionskosten will sich der Konzern ein Fünftel, also eine Milliarde, als Subventionen vom Staat holen. Die Fabrik selbst soll im Endausbau bis zu fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr machen und bis zu 1000 neue Arbeitsplätze schaffen. Hinzu kommen erfahrungsgemäß noch mal anderthalb mal soviel Jobs im Umfeld.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quelle: Infineon, Vor-Ort-Besuch, Reden von der Leyen, Kretschmer, Hanebeck, Scholz
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.