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Kanzler befeuert Gerüchte um TSMC-Chipfabrik in Dresden

Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Spatenstich für die vierte Infineon-Chipfabrik in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Spatenstich für die vierte Infineon-Chipfabrik in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Scholz: Neue Infineon-Fab ist wohl nicht letzte Investition im Silicon Saxony

Dresden, 2. Mai 2023. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) haben heute in Dresden die bereits seit längerem kursierenden Gerüchte befeuert, bald werde der taiwanesische Halbleiter-Konzern TSMC eine Chipfabrik in der sächsischen Landeshauptstadt bauen. „Bei meinen Gesprächen mit internationalen Investoren habe ich den Eindruck gewonnen, dass dies hier nicht die letzte Investition im Silicon Saxony war“, sagte der Kanzler, bevor er mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und weiteren Promis symbolisch einen Spaten für die nächste, fünf Milliarden Euro teure Infineon-Fabrik in Dresden präsentierte. Ähnlich äußerte sich kurz darauf Kretschmer. Beide nannten TSMC zwar nicht expressis verbis, für Insider war aber klar, wovon sie sprachen.

Lieferketten-Störungen, China-Spannungen und Beihilfe-Verlockungen haben Kursschwenk in Taiwan ausgelöst

Hintergrund: Mit Blick auf die schweren Lieferkettenstörungen während der Corona-Krise, die Spannungen zwischen China und Taiwan sowie lockende Subventionen hat der weltweit größte und modernste Chipauftragsfertiger seine jahrzehntelang gepflegte Heimatzentrierung aufgeben. Seit dem beginnt TSMC nun plötzlich, auch außerhalb Taiwans Halbleiter-Fabriken zu bauen. Ein großer Werkkomplex in den USA ist bereits gesetzt, ein weiterer in Dresden gilt mittlerweile als wahrscheinlich. TSMC will damit auch näher an seine Kunden heranrücken, insbesondere die deutschen Automobilkonzerne.

Blick in eine Fabrik von TSMC - das taiwanesische Unternehmen ist die weltweit größte Chip-Foundry. Abb.: TSMC

Blick in eine TSMC-Fabrik. Abb.: TSMC

Schwierige Gemengelage aus unterschiedlichen Interessen

Solch eine TSMC-Fabrik kommt zwar prinzipiell der EU und Sachsen sehr entgegen: Die Kommission sieht sich damit ihrem im Chipgesetz formulierten Ziel näher kommen, den europäischen Anteil an der globalen Mikroelektronik-Produktion auf 20 Prozent zu verdoppeln bis zu verdreifachen. Und für Sachsen wäre solch eine Ansiedlung ein wichtiges „Juwel“ in der „Krone“ als wichtigster Mikroelektronik-Standort in Deutschland und Europa: Neben bereits angesiedelten Größen wie Infineon, Globalfoundries, Bosch und X-Fab würde sich eine Fabrik des Primus aus Taiwan gut im „Silicon Saxony“ machen. Allerdings will TSMC Gerüchten zufolge nach in Dresden keine Chips der allerneuesten Generation fertigen – mangels Nachfrage europäischer Kunden. Das wiederum passt von der Leyen nicht in den Kram, die mit ihrem Chipgesetz auf allerneueste Spitzentechnologie zielt. Dies könnte im Hintergrund die Ansiedlungs-Verhandlungen belastet haben.

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

Michael Kretschmer. Foto: CDU-Landesverband Sachsen

Zudem sollen die Taiwanesen dem Vernehmen etwas mit dem deutschen Ökosystem, den hiesigen Gewerkschaften und Energiepreisen fremdeln. Anscheinend sind es aber gerade diese Punkte, über die Kretschmer in jüngster Zeit mit Zulieferern, Gewerkschaftlern und anderen Protagonisten verhandelt und wohl auch Zusagen eingeholt hat – dies lässt sich zumindest aus seiner Infineon-Spatenstich-Rede herausdeuten. Sollte sich dies bestätigen, gibt es wohl schon in einer paar Wochen weitere frohe Botschaften im Silicon Saxony zu verkünden.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Reden zur Baustart-Feier für die Infineon-Fab IV in Dresden, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt