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Sachsen begrüßen Einigung auf Chipgesetz

Die EU-Kommission plant ein europäisches Chip-Gesetz, um in der Mikroelektronik wieder etwas an Boden zu gewinnen. Foto: Christophe Licoppe für die EU-Kommission

Die EU-Kommission will durch ein europäisches Chip-Gesetz in der Mikroelektronik wieder etwas an Boden gewinnen. Foto: Christophe Licoppe für die EU-Kommission

Geldflüsse sind allerdings schon lange überfällig

Brüssel/Dresden, 19. April 2023. EU-Rat und Parlament haben sich auf das europäische Chip-Gesetz geeinigt, so dass die Abstimmung über diesen „EU Chips Act“ (ECA) nun nur noch eine Formalität ist. In Deutschland und vor allem in Sachsen haben zahlreiche Wirtschaftspolitiker und Vertreter aus Hochtechnologie-Branchen diesen längst überfälligen Schritt begrüßt – obwohl das Chipgesetz klar unterdotiert ist, um die angestrebten Ziele zu erreichen.

Regionalminister Thomas Schmidt. Foto: Foto-Atelier-Klemm für das SMR

Regionalminister Thomas Schmidt. Foto: Foto-Atelier-Klemm für das SMR

Sächsischer Unterhändler: Europa ist leider sehr abhängig von Zulieferern außerhalb Europas

Ganz Europa werde von diesem Gesetz profitieren, ist beispielsweise Regionalminister Thomas Schmidt (CDU) überzeugt, der die sächsische Mikroelektronik-Region in den Verhandlungen mit den EU-Instanzen vertreten hatte. „Die EU ist hervorragend aufgestellt, um Materialien und Maschinen in der Halbleiter-Wertschöpfungskette zu produzieren, verfügt über eine hervorragende Forschungslandschaft und kann Chips für unterschiedlichste Anwendungen sehr gut entwickeln“, meint der Minister. „Bei der Produktion von Chips ist die EU dagegen zurückgefallen und leider sehr abhängig von Zulieferern außerhalb Europas. Das haben insbesondere Lieferschwierigkeiten zur Zeit der Corona-Pandemie deutlich gemacht. Wir müssen deshalb die größten strategischen Abhängigkeiten in der Halbleiterproduktion, in den Zulieferketten und bei der Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten verringern.“

Bitkom-Präsident Achim Berg. Foto: Bitkom

Bitkom-Präsident Achim Berg. Foto: Bitkom

Bitkom: USA legen längst los und werfen mehr in die Waagschale

„Der EU Chips Act ist überfällig und muss jetzt schnellstmöglich Wirkung entfalten“, forderte derweil Präsident Achim Berg vom deutschen Hochtechnologie-Verband „Bitkom“ aus Berlin. „Die USA haben mit ihrem Chips and Science Act bereits im Sommer 2022 vorgelegt und Fördermittel von 52,7 Milliarden US $ frei gemacht. Europa ist vergleichsweise spät dran und wirft weniger in die Waagschale. Umso wichtiger ist, dass wir bei der Umsetzung des Chips Act keine Zeit verlieren.“

Jens Drews. Foto: Silicon Saxony

Jens Drews. Foto: Silicon Saxony

„Instrument beherzt einsetzen“

„Der European Chips Act ist ein zentraler Baustein in der Zukunftsstrategie der Europäischen Union“, kommentierte Jens Drews von Globalfoundries Dresden. „Eine resiliente und innovative Industrie braucht den krisenfesten Zugang zu leistungsfähiger, energieeffizienter und sicherer Mikroelektronik. Hier hat Europa nach den Versäumnissen der letzten Jahrzehnte viel Boden gutzumachen. Der Chips Act ist da ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt ist es an den Mitgliedstaaten, das Instrument beherzt einzusetzen, damit Europa seinen Rückstand zu den Chiphochburgen der Welt zumindest teilweise aufholen kann.“

Frank Bösenberg. Foto: Silicon Saxony/ PR

Frank Bösenberg. Foto: Silicon Saxony/ PR

Silsax: EU Chips Act schafft Investitions- und Planungssicherheit

„Der EU Chips Act schafft Investitions- und Planungssicherheit für Halbleiterunternehmen und deren Zulieferer“, betonte Frank Bösenberg, Geschäftsführer des sächsischen Hochtechnologie-Branchenverbandes „Silicon Saxony“. „Vor allem die europäische Zulieferindustrie in den Bereichen Chip-Design, Chemikalien, Wafer- und Maskenherstellung sowie Automatisierung wird gestärkt. Außerdem beweist Europa Handlungsfähigkeit. Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein für eine gemeinsame europäische Industriepolitik und eine gute Grundlage für weitere Gesetzesinitiativen zur Stärkung von Investitionen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Quantencomputing sowie Kommunikationstechnologien.“

Unterdotierter Anlauf zum Überholen

Die Idee zu einem Chipgesetz hat sich die EU-Kommission von den USA abgeguckt, die bereits seit geraumer Zeit Mikroelektronik-Ansiedlungen und -Fabrikneubauten damit subventionieren. Die EU will mit ihrem Chipgesetz den Weltmarktanteil der europäischen Halbleiterindustrie von derzeit sieben bis acht Prozent auf 20 Prozent erhöhen. Außerdem möchte sich die Kommission in Krisenfällen à la Corona die Produktion der Chipunternehmen dirigieren. Für das gesamte Paket hat die Kommission allerdings nur 43 Milliarden Euro eingeplant – von der zudem die Industrie den übergroßen Teil selbst bezahlen will. Allein die milliardenteuren Fabrikbauten von Intel in Magdeburg und Infineon in Dresden dürften einen großen Teil der Subventionen aufzehren – wenn sie denn überhaupt endlich zur Verfügung stehen.

Das Gesetz besteht im Übrigen nicht aus Subventionsversprechen, sondern hat drei „Säulen“:

  • Säule 1 soll den Transfer von Forschungsergebnissen in die Chipindustrie fördern.
  • Säule 2 enthält die Vorgaben für Chipfabrik-Subventionen.
  • Säule 3 umreißt einen Überwachungssystem und staatliche beziehungsweise überstaatliche Eingriffsmöglichkeiten in die Chipindustrie im Falle von Halbeleiterengpässen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: SMR, Bitkom, Silsax, GF, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt