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Elevait setzt auf wachsendes KI-Ökosystem in Sachsen

Künstliche Intelligenzen aus Europa sollen mit deutschen und anderen europäischen Sprachmodellen arbeiten. Visualisierung durch die KI Dall-E

Künstliche Intelligenzen aus Europa sollen mit deutschen und anderen europäischen Sprachmodellen arbeiten. Visualisierung durch die KI Dall-E

Deutscher Mittelstand ist gut beraten, auf „eigene“ Künstliche Intelligenzen zu setzen, plädiert die Software-Schmiede

Dresden, 18. April 2023. Hiesige Unternehmen, Behörden und Organisationen sind gut beraten, lieber auf quelloffene „Künstliche Intelligenzen“ aus Deutschland und Europa zu setzen statt auf deren amerikanische und chinesische „Brüder und Schwestern“. Das hat Manager Fabian Kretschmann vom schwarzwäldisch-sächsischen KI-Unternehmen „Elevait“ eingeschätzt, das auf die KI-gestützte Dokumentenverwaltung für Mittelständler spezialisiert ist. Vertraue beispielsweise ein deutscher Industriebetrieb bei „seiner“ Industrie4.0-Lösung zu sehr auf Übersee-Lösungen, dann drohe ein Abfluss von Wissen und Datenschätzen nach Übersee, in „Schwarze Boxen“, deren Entscheidungsfindung hierzulande niemand einsehen könne.

Fabian Kretschmann. Foto: Heiko Weckbrodt

Fabian Kretschmann. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine ganze regionale KI-Wertschöpfungskette wächst

Indes gebe es gerade in Sachsen bereits gute Ansätze, ein eigenes KI-Ökosystem entlang der ganzen Wertschöpfungskette vom Sprachmodell bis hin zur Anwendung aufzubauen, meint Kretschmann. Daher habe Elevait in Dresden einen Großteil seiner Entwicklungskapazitäten zusammengezogen und baue mit an regionalen Netzwerken. „Wir kooperieren hier beispielsweise mit der TU Dresden, dem Smart Systems Hub und anderen Akteuren aus der Gegend.“ Derzeit lote das Unternehmer unter anderem eine engere Zusammenarbeit mit dem „Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme“ (IAIS) aus, das in seiner Dresdner Außenstelle eigene KI-Sprachmodelle und -Wissensgraphen für Deutschland und Europa entwickelt. Mit „Cloud & Heat“ wiederum arbeitet Elevait zusammen, weil die Dresdner Uni-Ausgründung gegen Cyberangriffe besonders gehärtete Computerkapazitäten anbietet, die neue europäische Rechnerwolke GaiaX mitentwickelt und als besonders nachhaltig gilt: Die Dresdner versuchen, mit der Abwärme der von ihnen betreuten Computer gleich noch Bürohäuser und andere Gebäude zu beheizen.

Regionale Verankerung und Internationalisierung gleich wichtig

Diese regionale Verankerung ist aber nur eine Seite der Medaille für Elevait. Denn die Entwicklung moderner KIs ist auf der anderen Seite ohne internationale Vernetzung kaum vorstellbar. Und so greifen die Dresdner beispielsweise auf quelloffene Daten und Sprachmodelle („Open-Source“) zurück, die eine Entwicklergemeinde aus ganz Europa und darüber hinaus zusammengetragen hat. Und anderseits akquiriert Elevait die teils hochspezialisierten Experten für seine Projekte in der ganzen Welt. „Bei uns im Team sind 17 Nationen vertreten, darunter auch Indien, der Iran, Aserbaidschan, Frankreich und Belarus“, erzählt Kretschmann. „Die Iraner zum Beispiel sind über eine Ausschreibung per Linkedin zu uns gestoßen. Wir arbeiten aber auch viel mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zusammen, unterstützen Abschlussarbeiten und dergleichen mehr, um Fachkräfte auf uns aufmerksam zu machen.“

Das Simmel-Hochhaus am Albertplatz ist das ältestes Hochhaus von Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Simmel-Hochhaus am Albertplatz ist das ältestes Hochhaus von Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Belegschaft soll 2024 um ein weiteres Drittel wachsen

Denn auf diese Sogwirkung auf Talente aus dem In- und Ausland ist Elevait angewiesen, wenn das Unternehmen weiter wachsen will: Elevait ist aus mehreren Softwarefirmen gewachsen, die der Gründer Günther Möckesch in Triberg im Schwarzwald und in Dresden etablierte. Daraus entstand unter anderem die KI-Schmiede „AI4BD“, über die Oiger.de bereits berichtet hatte. Daraus ging im Sommer 2021 dann die heutige Elevait GmbH & Co. KG hervor. Die beschäftigt inzwischen insgesamt 87 Menschen aus 17 Ländern. Der Hauptsitz ist in Triberg im Schwarzwald. Der Großteil der Belegschaft – nämlich derzeit rund 60 Männer und Frauen – arbeitet aber im Elevait-Hauptentwicklungszentrum im Simmel-Hochhaus am Dresdner Albertplatz. Bis Ende 2024 soll die Belegschaft auf etwa 100 bis 120 Köpfe wachsen. Daher schaut sich das Elevait-Management auch so intensiv an Unis und im Ausland nach ambitionierten Physiker, Mathematikern, Wissensgraph-Entwicklern und anderen KI-Experten um.

Elevait-KI soll Zettelwirtschaft im Mittelstand ausmisten

Spezialisiert ist das Unternehmen auf KI-gestützte Computerprogramme, die in den Kundenunternehmen all das an Zettelwirtschaft digital zusammenführen, analysieren und verarbeiten, die in einem Betrieb eben so anfallen: handschriftliche Bestellzettel ebenso wie Rechnungen ganz unterschiedlicher Machart, Baupläne und dergleichen mehr. Im Einsatz sind die KIs von Elevait unter anderem in der Bauwirtschaft, im Maschinenbau, in Medizintechnik-Unternehmen, aber auch im Finanzsektor. Bei der Entwicklung eigener Sprachmodelle stützt sich das Team auf europäische Open-Source-Lösungen sowie freigegebene und synthetische Trainingsdaten. Und hier schlägt wieder ein Bogen zurück nach Dresden: Denn die kürzlich hier etablierte IAIS-Außenstelle von Fraunhofer ist eine der führenden Kräfte bei der Entwicklung eines neuen, transparenten europäischen KI-Sprachmodells „OpenGPT“, das dem vielgelobten und viel umstrittenen ChatGPT aus den USA mindestens ebenbürtig sein soll – aber auch „Deutsch“ als Muttersprache beherrschen und die ganzen europäischen Datenschutzregeln beherzigen soll.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Elevait, Interview Kretschmann, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt