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Cern plant noch größere Weltantwortmaschine

Der große Hadronenbeschleuniger LHC unter dem Cern-Komplex. Foto: Samuel Joseph Hertzog für das Cern

Der große Hadronenbeschleuniger LHC unter dem Cern-Komplex. Foto: Samuel Joseph Hertzog für das Cern

Milliardenteure Higgs-Fabrik soll drei bis vier Mal größer als der LHC sein

Genf, 15. März 2023. Seit der Entdeckung des Higgs-Bosons – unsinnigerwiese manchmal auch als „Gottesteilchen“ bezeichnet – vor reichlich zehn Jahren ist es etwas ruhig um das europäische Teilchenphysik-Zentrum „Cern“ bei Genf geworden. Deshalb wollen die Forscher mit Milliardeninvestitionen für einen neuen Paukenschlag sorgen: Zwar haben sie mit dem „Large Hadron Collider“ (LHC), oft auch als „Weltantwortmaschine“ gelobt, bereits den weltweit größten Teilchenbeschleuniger. Doch den wollen sie noch mal massiv ausbauen, hat Cern-Finanzchef Florian Sonnemann angekündigt. Die Forscher wollen mit der neuen, verbesserten Weltantwortmaschine um die Grenzen der heute bekannten Physik weiter hinauszuschieben – oder gar darüber hinausschauen.

Zunächst entsteht bis 2029 als „Aufrüstung“ der High-Luminosity LHC

In einer ersten Ausbaustufe ist ein „High-Luminosity LHC“, ein Riesenbeschleuniger mit großer Leuchtkraft geplant. An ihm wollen die Physiker ab 2029 ihre Erkenntnisse über das Higgs-Boson, das aller Materie im Universum erst Masse verleiht, vertiefen. Dabei geht es unter anderem um solche Fragen wie die, ob und wie das Higgs-Boson zwischen normaler Materie, aus der wir bestehen, und Antimaterie unterscheidet. Die Wissenschaftler hoffen laut Cern-Angaben aber auch, „seltene neue Phänomene zu beobachten, die sich offenbaren könnten. Beispielsweise wird der High-Luminosity LHC mindestens 15 Millionen Higgs-Bosonen pro Jahr produzieren, verglichen mit rund drei Millionen vom LHC im Jahr 2017.“

2040 folgt Higgs-Fabrik

Der HL LHC soll bis 2040 in Betrieb sein und danach durch eine gewaltigere Anlage, die sogenannte „Higgs Factory“ abgelöst werden. Sie soll drei bis vier Mal so groß wie der heutige LHC sein, der unterirdisch bereits heute einen fast 27 Kilometer langen und runden unterirdischen Tunnel einnimmt. Die Higgs-Fabrik würde damit wahrscheinlich bis in die Alpen hineinreichen. Ob sie wieder ein Ring wird oder diesmal ein Linearbeschleuniger ist wie viele andere Details noch nicht entschieden. Davon hängen auch die Kosten ab, die sich aber vermutlich um die zehn Milliarden Euro herum bewegen werden. Mit der Higgs-Fabrik wollen die Physiker vor allem Elektronen und Positronen, also Materie und Antimaterie, aufeinander schleudern.

Teilchenphysik statt Kernkraft in den Fokus gerückt

Das Cern wurde 1954 als europäisches Zentrum für Kernforschung nahe an der französisch-schweizerischen Grenze gegründet. Heute fokussiert sich das Cern aber auf die Grundlagenforschung und Experimente in der Teilchenphysik. Als Nebeneffekte dieser Forschung sind unter anderem Teile des Internets, allerlei Beschleunigertechnik für Krankenhäuser und andere „Abfallprodukte“ entstanden. Insgesamt beschäftigt das Cern rund 2700 Mitarbeiter, zirka 800 Nachwuchsforscher (Postdocs) und wird von etwa 11.000 Gastwissenschaftlern genutzt – darunter auch Physiker der TU Dresden. Deutschland ist einer der Gründerstaaten, Hauptnutzer und der größte Beitragszahler. Seit 2008 betreibt das Cern den unterirdischen LHC, der – ohne Detektoren und andere Zusatztechnik – umgerechnet rund drei Milliarden Euro gekostet hat.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Cern, Oiger-Archiv, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt