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Handelsexperte: Hartes Embargo würde Russland stärker treffen als Deutschland

Die Gas- und Ölindustrie spielt eine zentrale Rolle für die russische Wirtschaft. Hier das Gasverarbeitungswerk Amur vom Gazprom. Foto: Gazprom (Pressefoto)

Die Gas- und Ölindustrie spielt eine zentrale Rolle für die russische Wirtschaft. Hier das Gasverarbeitungswerk Amur vom Gazprom. Foto: Gazprom (Pressefoto)

Deutscher Außenhandel mit Russland war allerdings zuletzt wieder gestiegen

Kiel/Wiesbaden/Kamenz, 24. Februar 2022. Ein hartes Embargo gegen Russland nach dessen Angriff auf die Ukraine würde Russland stärker treffen als Deutschland und die EU – auch im Falle eines völligem Importstopps für russisches Gas und Öl. Darauf hat das „Kiel-Institut für Weltwirtschaft“ (IfW Kiel) hingewiesen. „Unsere Berechnungen sind exemplarischer Natur, aber sie zeigen klar, dass die mittelfristigen wirtschaftlichen Folgen von Handelsembargos Russland sehr viel härter treffen würden als die westlichen Verbündeten“, betonte IfW-Handelsforscher Hendrik Mahlkow.

Gas- und Öl-Stopp würde Russland weit mehr schmerzen als die EU

Demnach hätte ein Embargo mit Gas die wirtschaftlich gravierendsten Folgen, hieß es vom IfW Kiel. „Russlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde dabei um 2,9 Prozent einbrechen. Deutschlands BIP dagegen würde sogar leicht um 0,1 Prozent zunehmen, ebenso würde das BIP der EU minimal steigen.“ Grund für das Plus sei, „dass die westlichen Verbündeten die fehlenden Importe Russlands durch Produkte der Bündnispartner ersetzen würden und hier Deutschland besonders wettbewerbsfähig ist.“ Diese Rechnung gelte auch, wenn der russische Präsident Wladimir Putin seinerseits als Antwort auf westliche Sanktionen ein Gasembargo verhängt sollte. Ein Öl-Importstropp wiederum würde die russische Wirtschaftsleistung um 1,2 Prozent senken, in Deutschland und der EU um jeweils 0,1 Prozent.

Die Grafik basiert auf den IfW-Berechnungen. Sie zeigt im Vergleich, welche Auswirkungen Handelsverbote auf ausgewählte Warengruppen jeweils auf die Wirtschaftsleistung von Russland, Deutschland und der EU hätte. Grafik: IfW Kiel

Die Grafik basiert auf den IfW-Berechnungen. Sie zeigt im Vergleich, welche Auswirkungen Handelsverbote auf ausgewählte Warengruppen jeweils auf die Wirtschaftsleistung von Russland, Deutschland und der EU hätte. Grafik: IfW Kiel

Deutscher Außenhandel mit Russland zuletzt gewachsen

Insgesamt hatte der deutsch-russische Außenhandel zuletzt allerdings wieder etwas an Gewicht gewonnen – trotz bereits vor dem Angriff auf die Ukraine gewachsener politischer Spannungen. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden haben beide Staaten im Jahr 2021 Waren im Wert von rund 59,8 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Zuwachs um 34,1 Prozent, gegenüber dem Vor-Corona-Niveau entspricht dies einem Plus um 3,4 Prozent. Dabei machen Erdöl und Erdgas 59 Prozent aller Importe aus Russland aus. Dies dürfte auch einen Teil des Zuwachses erklären, da die Energieträgerpreise zuletzt wieder deutlich angezogen hatten.

Russische Unternehmen beschäftigen in Deutschland rund 8100 Menschen

Auswirkungen könnte ein Embargo aber nicht nur auf diese Außenhandelsvolumina haben, sondern auch auf die direkten unternehmerischen Verflechtungen: Russisch geführte Unternehmen beschäftigten im Jahr der jüngsten Erhebung (2019) in Deutschland rund 8100 Menschen und erwirtschafteten 31,6 Milliarden Euro Umsatz. „Umgekehrt wurden 2019 nach Angaben der Deutschen Bundesbank 472 Unternehmen in Russland von deutschen Investoren kontrolliert“, berichtet Destatis. „Diese beschäftigten knapp 129.000 Menschen und erwirtschafteten einen Jahresumsatz in Höhe von gut 38,1 Milliarden Euro.“

Autor: hw

Quellen: IfW Kiel, Destatis, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt