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Deutschland hat höchste Roboterdichte in Europa

Kuka-Roboter in den Autoproduktion. Foto: Kuka

Kuka-Roboter in den Autoproduktion. Foto: Kuka

Fachkräftemangel, Lohnkosten und Konkurrenzdruck aus Asien forcieren Automatisierungskurs

Frankfurt am Main, 14. Dezember 2021. Die Roboterdichte hat in Deutschland mit 371 Industrierobotern pro 10.000 Einwohnern einen neuen Rekordwert erreicht. Damit hat die Bundesrepublik die wohl am höchsten automatisierte Wirtschaft in Europa. Nur asiatische Industriestaaten wie Südkorea (932 Roboter pro 10.000 Einwohner), Singapur (605) oder Japan (390) erreichen noch höhere Werte. Das geht aus einer Statistik hervor, die die Internationale Förderation für Robotik (IFR) heute in Frankfurt am Main vorgestellt hat.

Massiver Robotereinsatz längst keine Domäne von Auto- und Elektronikindustrie mehr

Um im internationalen Wettbewerb nicht zu schnell zurückzufallen, hatten viele Industriezweige in Deutschland in den vergangenen Jahren einen forcierten Automatisierungskurs gefahren. Die älteren Chipfabriken in Sachsen beispielsweise sind nach Überzeugung vieler Protagonisten nur deshalb konkurrenzfähig geblieben, weil sie mit Hilfe regionaler Experten ihre Automatisierungslücken durch stationäre und mobile Roboter geschlossen haben. Auch die Überreste der sächsischen Solarindustrie setzten inzwischen noch mehr als früher auf Roboter (und Spezialisierung), um sich gegen die übermächtige chinesische Konkurrenz zu behaupten.

Selbst Teile des Handwerks und der Bauwirtschaft setzen inzwischen Roboter ein

Diese Trends erfassen nach den klassischen Industrieroboter-Anwendern in der Auto- und Elektronik-Industrie inzwischen immer mehr Branchen, in denen bisher noch viel manuelle Arbeit dominierte. Dies betrifft beispielsweise Teile der metallverarbeitenden Industrie, der Textilindustrie, ja selbst der Bauwirtschaft und des Handwerks. Angesichts fallender Kosten für Hardware, Software und Anlernprozesse setzten zudem eben nicht nur kapitalstarke Konzerne, sondern eben auch kleine und mittlere Betriebe.

Zudem erhöht auch der Fachkräftemangel hierzulande den Druck auf die Unternehmen, Tätigkeiten, für die sie keine Leute mehr finden, zu automatisieren. Die Corona-Krise hatte solche Überlegungen zuletzt noch einmal bestärkt.

Roboterdichte im internationalen Vergleich. Grafik: IFR

Roboterdichte im internationalen Vergleich. Grafik: IFR

Weltweit kommt Bundesrepublik auf Rang 4

Diese Argumente treffen freilich nicht allein auf Deutschland zu, sondern auch auf andere westliche Länder. Dort allerdings spielt die Industrie im Vergleich zur Finanzbranche oder generell dem Dienstleistungssektor bis hin zur Landwirtschaft eine geringere Rolle als Rückgrat der Gesamtwirtschaft. Dies könnte womöglich neben den relativ hohen Lohnkosten ein Grund dafür sein, dass in der Bundesrepublik besonders viele Industrieroboter installiert worden sind und Deutschland mit seiner Roboterdichte weltweit auf Platz 5 rangiert. In Großbritannien, Frankreich, Spanien und die Beneluxstaaten beispielsweise, aber auch in den USA, ist die Roboterdichte entsprechend deutlich niedriger als in Deutschland.

Aderlass nach Brexit und Invest-Förderung bringen wohl Großbritannien ebenfalls auf Roboterkurs

Womöglich werden andere europäische Staaten den forcierten Automatisierungspfad aber bald auch bald einschlagen, meinen die IFR-Analysten und schauen dabei besonders nach England: Mit 101 Robotern je 10.000 Einwohnern liegt das Vereinigte Königreich sogar unter dem Weltdurchschnitt (126), hat aber bekanntermaßen seit dem EU-Austritt (und schon vorher) wachsende Fachkräfteprobleme. „Die Abwanderung ausländischer Arbeitskräfte nach dem Brexit hat die Nachfrage nach Robotern im Jahr 2020 erhöht“, heißt es in der IFR-Analyse. „Diese Entwicklung dürfte sich in naher Zukunft fortsetzen. Die Modernisierung des verarbeitenden Gewerbes wird von der Regierung durch einen massiven Steueranreiz, die ,Super Deduction’, gefördert: Von April 2021 bis März 2023 können Unternehmen 130 % Kapitalfreibetrag als Steuererleichterung für Investitionen in Anlagen und Maschinen geltend machen.“

Auch USA holen Automatisierungs-Rückstände auf

Auch die USA holen ihre Automatisierungsrückstände langsam auf: „Die Roboterdichte in den USA stieg von 176 Einheiten im Jahr 2015 auf 255 Einheiten im Jahr 2020“, berichtet die Robotikförderation. „Das Land liegt damit weltweit an siebter Stelle – noch vor Taiwan (248 Einheiten) und China (246 Einheiten). Die Modernisierung der heimischen Produktionsanlagen hat den Roboterabsatz in den Vereinigten Staaten angekurbelt. Der Einsatz von Industrie-Robotern trägt wesentlich zur Erreichung von Dekarbonisierungszielen bei, beispielsweise in der kosteneffizienten Produktion von Solarzellen und beim weiteren Ãœbergang zu Elektrofahrzeugen. Mehrere Automobilhersteller kündigten bereits Investitionen an, um ihre Fabriken für neue Fahrzeugmodelle mit Elektroantrieb auszurüsten oder die Kapazitäten für die Batterieproduktion zu erhöhen. Diese Großprojekte werden in den kommenden Jahren die Nachfrage nach Industrie-Robotern steigern.“

In den Dresdner Chipfabriken von Infineon werden viele „Industrie 4.0“-Prinzipien schon heute erprobt – auch das Miteinander von Roboter und Mensch. Foto: Infineon

Das deckt sich auch mit Angaben von Fabmatics Dresden, die erst die sächsischen Infineon-Mikroelektronikfabriken nachautomatisiert hatten und gleiches nun in den 200-mm-Fabs in Nordamerika angehen: Dort sei noch auf viele Jahre enormes Auftragspotenzial für Automatisierer zu erwarten.

China sorgt für starke Nachfrage

Weltweit am steilsten nach oben geht die Roboter-Kurve aber weiter in China: „Aufgrund der sehr starken Installationszahlen stieg die Roboterdichte von 49 Einheiten im Jahr 2015 auf 246 im Jahr 2020. Damit rangiert China heute weltweit auf Platz 9 – ein großer Sprung im Vergleich zu Platz 25, den das Reich der Mitte noch vor fünf Jahren innehatte.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IFR, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt