Ältere US-Chipwerke hängen Europa bei Automatisierung um Jahre hinterher
Dresden, 22. Oktober 2021. Angesichts der globalen Mikroelektronik-Engpässe und der wachsenden Fachkräfte-Engpässe in vielen Branchen rechnet „Fabmatics“ aus Dresden mit einer steigenden Nachfrage für seine Automatisierungslösungen und wachsenden Umsätzen. Das haben die Fabmatics-Geschäftsführer Roland Giesen und Andreas Purath eingeschätzt.
„Versuchen Sie mal jemanden für die Nachtschicht zu finden“
Laut Purath wird der Umsatz, der zuletzt zwischen 25 und 30 Millionen Euro schwankte, in diesem Jahr voraussichtlich auf über 30 Millionen Euro steigen. Die Belegschaft hat sich in den vergangenen fünf Jahren auf nun rund 200 Mitarbeiter verdoppelt und stiegt weiter. „Die hohe Auslastung in der Halbleiterindustrie sorgt bei und für eine gute Auftragslage“, sagte er. Und der Personalmangel in der Hightech-Industrie tue sein Übriges, ergänzte Giesen. In den Zeiten hoher Arbeitslosigkeit in den 1990er Jahren hätten beispielsweise die damals neu angesiedelten Chipkonzerne wie AMD und Infineon noch eine große Auswahl flexibler Bewerber gehabt. „Doch versuchen Sie heute mal jemanden für die Nachtschicht zu finden.“
Video (hw): Kurzer Blick in die Robotikabteilung von Fabmatics Dresden:
Nachautomatisierung in Sachsen gilt als internationale Referenzlösung
Das ist einer der Gründe, warum viele Hightech-Unternehmen in Deutschland und Europa immer stärker auf Roboter und Automatisierung setzen. Hinzu kommt aber auch die in den vergangenen drei Dekaden erstarkte Konkurrenz in Asien. Um mit deren hochautomatisierten Fabriken mitzuhalten, die Chips meist auf 300 Millimeter (mm) großen Siliziumscheiben („Wafer“) herstellen, haben zunächst die 200-mm-Chipwerke in Sachsen und später auch anderswo in westlichen Industrieländern auf einen straffen Nachautomatisierungs-Kurs gesetzt.
Seit Fusion schlagkräftiger geworden
Und davon profitiert eben Fabmatics: Schon dessen Vorgänger-Unternehmen HAP und Roth & Rau hatten sich auf diese hochtechnologische Marktnische eingeschossen: Sie hielten durch eigenentwickelte Transport- und Robotersysteme selbst alte Fabriken auf einem wettbewerbsfähigen Fertigungsniveau.
Und seit der Fusion im Jahr 2016 zu „Fabmatics“ sind die Dresdner Automatisierungsexperten noch schlagkräftiger geworden und haben ihre Marktpositionen weiter verbessert. „Unser Kernmarkt ist zwar immer noch Europa“, berichtet Andreas Purath. „Doch die USA sind für uns inzwischen zum stärksten Wachstumsmarkt geworden.“ Der Grund dafür liegt für Roland Giesen auf der Hand: „Die 200-mm-Fabriken dort hängen den Europäern bei der Nachautomatisierung weit hinterher. Für uns gibt es dort bestimmt noch für mindestens ein bis zwei Jahrzehnte genug zu tun.“
Auch in 300-mm-Fabriken gibt es Automatisierungslücken
Die Dresdner beliefern aber auch führende Halbleiter-Unternehmen in Taiwan, Singapur, Japan und anderen asiatischen Ländern mit ihren Anlagen und Lösungen – und zwar auch für neuere 300-mm-Fabriken. Denn diese neuen Chipwerke sind zwar „von Geburt an“ bereits hochautomatisiert. Aber dennoch gibt es auch in solchen Fabriken Ecken und Speziallinien, zu denen es sich einfach finanziell nicht lohnt, die sonst üblichen Hochleistungs-Transportsysteme zu verlegen. Und dann kommen wieder die Dresdner mit ihren maßgeschneiderten Automatisierungslösungen, ihren mobilen und schienengebundenen Robotern zum Zuge. Daher ist den Dresdnern auch nicht bange, dass ihre Dienste nicht mehr gebraucht werden, wenn einmal alle alten 200-mm-Fabs weltweit nachautomatisiert sind: Einerseits sind ähnliche Automatisierungsschübe auch in der Optik-, Pharma- und in anderen Industrien absehbar. Zudem sind Purath und Giesen überzeugt: „Selbst in den neuen 300-mm-Fabriken steckt noch viel Potenzial für uns.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Vor-Ort-Besuch Fabmatics, Oiger-Archiv
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