Mobilität, News, Wirtschaftspolitik, zAufi

IHK: Abkopplung des Flughafens Dresden droht

Versetzt Corona dem Flughafen Dresden den Todesstoß? Wirtschaftsvertreter warnen vor einer Ankopplung vom innerdeutschen Flugverkehr. Foto: Mitteldeutsche Flughafen AG

Versetzt Corona dem Flughafen Dresden den Todesstoß? Wirtschaftsvertreter warnen vor einer Ankopplung vom innerdeutschen Flugverkehr. Foto: Mitteldeutsche Flughafen AG

Zahl der innerdeutschen Flüge seit 2019 halbiert

Dresden, 22. Oktober 2021. Vor einer „drohenden Abkopplung“ des Flughafens Dresden vom innerdeutschen Flugverkehr hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden heute gewarnt. „Sollten die wichtigen Linienverbindungen, insbesondere nach Frankfurt und München, wegfallen, bedroht das nicht nur die Attraktivität dieses herausragenden und im strukturschwachen Ostdeutschland einzigartigen Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes, sondern stellt dessen Zukunftsfähigkeit zur Disposition“, betonte IHK-Präsident Andreas Sperl. „So klar muss man das aussprechen.“

Andreas Sperl. Foto: IHK Dresden

Andreas Sperl. Foto: IHK Dresden

Nur noch 65 statt 127 Flüge pro Woche

Er verweist darauf, dass sich die Zahl der wöchentlichen Flüge von der sächsischen Landeshauptstadt nach Frankfurt, München, Zürich, Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart im Vergleich zum Stand vor der Corona-Pandemie halbiert habe: Waren im Winterflugplan 2019 noch 127 innerdeutsche Flüge pro Woche vorgesehen gewesen, seien es im kommenden Winter nur noch 65. Und ein weiterer Abbau sei abzusehen: „Mittlerweile verdichten sich die Hinweise, dass der innerdeutsche Flugverkehr von und nach Dresden, der neben Zubringer-Flügen auch zeitsparende innerdeutsche Geschäftsreisen ermöglicht, ganz eingestellt werden soll, und Dresden quasi vom Flugverkehr abgekoppelt würde.“

Diese Folgerung wies allerdings Sprecher Thomas Reinhold von der „Mitteldeutschen Flughafen AG“ (MDF), die die Airports in Dresden und Leipzig betreibt, zurück: „Derartige Informationen liegen mir nicht vor.“

Hoffnung auf Staubsaugereffekt, wenn Europäer wieder in die USA dürfen

Allerdings bestätigte der Sprecher im Grundsatz die aktuelle Halbierung der deutschen Flugverbindungen von und nach Dresden. Rückgänge durch Corona seien aber überall in Deutschland zu beobachten gewesen. Zudem sei die MDF zuversichtlich, dass die Wiedereröffnung des Reiseverkehrs zwischen den USA und Europa Anfang November wie ein „Staubsauger“ auf regionale Zubringerflughäfen wirken werde. Zudem würden wahrscheinlich nach Corona generell wieder mehr Fluggesellschaften Dresden anfliegen. „Diese Entscheidungen treffen die Airlines oft auch sehr kurzfristig, manchmal innerhalb von zwei Wochen.“

Sachsen sollen wieder mehr fliegen

Das politische Signal der IHK könne er aber nur unterstützen, ergänzte Thomas Reinhold: „Da sind aber auch die regionalen Akteure gefragt“ – zum Beispiel, indem sie den Flughafen Dresden möglichst intensiv nutzen. Zwar stelle die Klimaschutz-Debatte den innerdeutschen Flugverkehr ganz generell in Frage. Doch gerade im Falle Dresdens werde in dieser Diskussion oft verkannt, dass von hier aus 2/3 der innerdeutschen Flüge gar nicht deutsche Städte als Endziel haben, sondern Zubringerflüge zu den großen Hubs und zu transkontinentalen Flugverbindungen seien. Womöglich ist das auch einer der Gründe, warum der Flugverkehr von und nach Dresden während der gesamten Corona-Zeit nie ganz zum Erliegen kam – anders als in Leipzig.

AMTC-Chipmaske. Foto: Globalfoundries Dresden

Viele Hightech-Unternehmen haben sie nicht ganz zufällig im Dresdner Norden an der Ausfallstraße zum Flughafen angesiedelt. Hier im Bild ist eine AMTC-Chipmaske zu sehen. Foto: Globalfoundries Dresden

Nicht zuletzt ist ein funktionierender Flughafen für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Dresden eine ganz zentrales Frage: Wenn internationale Koryphäen Tage brauchen, um anzureisen, dann überlegen sie es sich zweimal, ob sie zu einem Forschungskongress nach Sachsen reisen. Und internationale agierende Chipkonzerne bewerten bei Ansiedlungsentscheidungen die Flughafen-Nähe eines Bewerber-Standorts auch immer als besonders wichtiges Kriterium. Wenn beispielsweise Schwergewichte wie Intel erwägen, im Silicon Saxony zu investieren, so Thomas Reinhold, dann könne man den Amerikanern wohl kaum vorschlagen, sich jedes Mal von den USA mit zusammengestückelten Verbindungen per Flugzeug, Zug und S-Bahn nach Dresden durchzuschlagen.

IHK fordert staatliche Intervention

Das sieht Andreas Sperl ganz ähnlich: „Mit dem Silicon Saxony verfügt die Region Dresden über Europas größten Mikroelektronik-Standort“, argumentierte der Kammerpräsident. „Weitere internationale Branchengrößen haben Dresden in der engeren Auswahl für Standortentscheidungen. Die Region ist außerdem wichtiger Standort der Luftfahrt- und auch der Automobilindustrie und verfügt über eine exzellente und international vernetzte Wissenschaftslandschaft.“ Doch Dresden könne wegen seiner geografischen Lage eben „eisenbahntechnisch nicht so erschlossen werden, wie etwa Frankfurt, Berlin oder München“. Direkte Flugverbindungen zu den großen Luftverkehrsknotenpunkten wie Frankfurt am Main und Amsterdam seien für den Standort essenziell. Er sehe daher „die sächsische Staatsregierung in der Pflicht, sich unverzüglich mit den relevanten Luftverkehrsanbietern zu deren Plänen zu verständigen, um nachhaltigen Schaden vom Freistaat insgesamt und vom Großraum Dresden im Besonderen abzuwenden“.

CDU: Oberbürgermeister muss Kontakt zu Fluggesellschaften suchen

„Der Flughafen Dresden stellt eine tragende Säule für den Wirtschaftsraum Dresden und Ostsachsen dar“, kommentierte der Dresdner CDU-Kreisvorsitzende Markus Reichel die Warnungen der IHK. „Sollten die wichtigen Luftverbindungen insbesondere nach München und Frankfurt stärker reduziert oder komplett entfallen, wäre dies eine deutliche Schwächung des Dresdner Wirtschaftsraumes und seines Umlandes.“ Reichel forderte von Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), sich gemeinsam mit der Landesregierung „unverzüglich mit den Fluggesellschaften zu deren Plänen zu verständigen und Klarheit zu schaffen“.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IHK Dresden, MDF AG

Zum Weiterlesen:

Forscher fordern Schnellkapsel nach Berlin

Projekt 152: Der gescheiterte DDR-Traum vom Fliegen 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt