Nutzer hat Anspruch darauf, über Löschung informiert zu werden und seinen Standpunkt darzulegen
Karlsruhe/Berlin, 29. Juli 2021. Facebook und andere Unterhaltungs-Netzwerke im Internet dürfen sogenannte „Hassreden“ und andere regelwidrige Beiträge ihrer Nutzer auch dann im Grundsatz unterbinden, wenn diese Meinungsäußerungen nicht in strafrechtliche Kategorien wie. Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung fallen. Allerdings muss Facebook den Nutzer wenigstens nachträglich darüber informieren, wenn der Betreiber solch einen Beitrag gelöscht hat. Und vor einer generellen Sperrung muss Facebook dem Nutzer die Chance geben, sich dazu zu äußern. Das hat heute der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe entschieden (Aktenzeichen BGH III ZR 179/20 und III ZR 192/20).
Bitkom begrüßt Grundsatzurteil
„Das ist ein klares Signal an alle, die in sozialen Medien Hassrede und menschenfeindliche Hetze verbreiten: Solche Äußerungen müssen die Betreiber großer Plattformen nicht dulden“, begrüßte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder vom deutschen Digitalwirtschafts-Verband „Bitkom“ in Berlin das Grundsatzurteil. Dies sei eine wichtige Klarstellung für die privaten Anbieter von Internetplattformen, wie mit beanstandbaren Beiträgen umzugehen sei: „Denn obwohl ein großer Teil der Hasskommentare strafrechtlich nicht relevant, also nicht illegal ist, ist der der Schaden für das Diskussionsklima und den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm“, argumentierte Rohleder. „Gleichzeitig müssen die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer gewahrt und ernstgenommen werden.“
Im konkreten Fall hat ein Nutzer erfolgreich gegen Facebook geklagt, weil der Konzern zwei seiner Kommentare gelöscht und sein Konto teilweise gesperrt hatte. Dabei hatte es sich um Kommentare gehandelt, die sich gegen Menschen aus Einwandererfamilien richten. Facebook stufte die Kritik als Hassrede ein und löschte die Beiträge. Der BGH verpflichtete Facebook nun, die Beiträge wieder freizuschalten. Die Güterabwägung zwischen der Meinungsfreiheit und der Freiheit von Facebook, sogenannte „Hassrede“ per Nutzungsbedingung zu verbieten, mache es notwendig, dem Nutzer die Chance auf eine eigene „Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen“.
Autor: hw
Quellen: BGH, Bitkom
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.