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Schub für Automatisierungstechnik „Made in Saxony“ erwartet

Das Maskottchen von Xenon ist eine Roboterin. Zwar arbeitet das Dresdner Unternehmen nicht wirklich mit humanoiden Robotern, rechnet aber damit, das solche künstlichen Arbeitskollegen in vielen Fabriken Einzug halten werden. Visualisierung: Xenon

Das Maskottchen von Xenon ist eine gelbe Roboterin.Visualisierung: Xenon

Xenon Dresden setzt auf Maschinen-Nachfrage für Maskenproduktion, Chip-Endmontage und Wasserstofftechnologien

Dresden, 21. Mai 2021. Xenon Dresden rechnet nach dem wirtschaftlich schwierigen Pandemie-Jahr 2020 nun mit einem Aufschwung für sächsische Automatisierungstechnik. Der Sondermaschinenbauer baut auch deshalb seinen Fabrikstandort im Dresdner Süden um und aus. Das haben Xenon-Chef Tobias Reissmann und Geschäftsbereich-Entwickler Hartmut Freitag im Oiger-Gespräch mitgeteilt. War die Xenon-Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um ein Viertel wegen ausbleibender Aufträge eingebrochen, kalkuliert die Geschäftsführung für 2021 wieder mit einem Plus von zehn bis 15 Prozent. „Womöglich erreichen wir in diesem Jahr sogar wieder das 2019er Niveau“, sagt Freitag.

Xenon zieht Betriebsteile in Neubaukomplex im Dresdner Süden zusammen

Bis Mitte 2022 will das Unternehmen daher auch die letzten Abschnitte seiner jüngsten, rund 18 Millionen Euro teuren Fabrik- und Büroneubauten in Dresden-Gittersee in Betrieb nehmen. Damit konzentriert das zeitweise auf sieben Betriebsteile im Gewerbegebiet verteilte Unternehmen sein Dresdner Hauptquartier nun auch ganz an der Pforzheimer Straße. Eine weitere neue Fabrik im mexikanischen Querétaro mit 1700 Quadratmetern Nutzfläche hatte Xenon bereits im März 2021 in Betrieb genommen. All dies soll die Fundamente für ambitionierte Zukunftsprojekte der Sachsen legen.

Ein Teil des Xenon-Neubaukomplexes an der Pforzheimer Straße in Dresden-Gittersee ist bereits in Betrieb, der nächste große Abschnitt soll bis Mitte 2022 fertig sein. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein Teil des Xenon-Neubaukomplexes an der Pforzheimer Straße in Dresden-Gittersee ist bereits in Betrieb, der nächste große Abschnitt soll bis Mitte 2022 fertig sein. Foto: Heiko Weckbrodt

Bidens Konjunkturprogramme beleben mexikanische Werkbanken der USA

Insbesondere in China und Amerika ziehe die Auftragslage für Xenon spürbar an, betont Reissmann. „Vor allem für unser neues Werk in Mexiko erwarten wir ein starkes Wachstum.“ Als „Werkbank“ der USA werde das Land an den Konjunkturprogrammen des neuen US-Präsidenten Joe Biden (Demokraten) partizipieren. Damit steige auch der Bedarf für Industrieautomatisierung.

5G, vernetztes Fahren und die Hoffnung auf eine Backend-Renaissance in Europa

Außerdem rechnen Reissmann und Freitag mit steigender Nachfrage aus dem Automobilsektor, der Medizintechnik und durch Elektronikfabriken. Derzeit assemblieren die Xenon-Spezialisten zum Beispiel Montageautomaten für Steckverbinder, die für 5G-Mobilfunktechnik gebraucht werden. Wachsendes Potenzial sieht Freitag auch im Elektronik-„Backend“: Bisher hatten die im Automatisierungs-Netzwerk Dresden (AND) verknüpften Unternehmen vor allem die Kernprozessschritte („Frondend“) in vielen deutschen Chipfabriken nachautomatisiert und damit deren internationale Konkurrenzfähigkeit gesichert. Nun zeichnet sich im Zuge der Diskussion um die „digitale Souveränität“ Europas der nächste Schritt ab: In der Mikroelektronik mehren sich die Plädoyers, auch die Chip-Endmontage („Backend“) aus Südostasien und Fernost nach Europa zurückzuholen – was freilich nur mit hochautomatisierten Fabriken möglich sein wird. Und davon könnte eben auch das AND-Mitglied Xenon profitieren.

Solche Keramik-Stapel (Stacks) sind die Herzstücke für Hochtemeperatur-Brennstoffzellen und -Elektrolyseure vom Fraunhofer-Keramikinstitut IKTS in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Solche Stapel (Stacks) sind die Herzstücke für Brennstoffzellen und -Elektrolyseure. Xenon Dresden will deren Montage automatisieren. Foto: Heiko Weckbrodt

Ein neues, wasserstoffgetriebenes Zugpferd naht

Ein weiterer starker Wachstumstreiber soll das neue Xenon-Geschäftsfeld „Wasserstoff“ werden: Die Dresdner entwickeln derzeit hochmoderne Fertigungsanlagen für Elektrolyseure und Brennstoffzellen. Die Ernte dieser Bemühungen wird der Mittelständler aber wohl erst ab etwa 2027 einfahren.

Eine Maske von Norafin aus sächischer Produktion. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine Maske von Norafin aus sächischer Produktion. Foto: Heiko Weckbrodt

Maskenprojekt: ein bisschen wie „bestellt und nicht abgeholt“

Aktuell sorgt vor allem ein Pandemie-Projekt für Auslastung – allerdings erst nach einem Umweg: „Wir sind dem Aufruf der Bundesregierung gefolgt und haben eine Pilotanlage für die hochautomatische Produktion von Schutzmasken hier in Sachsen entwickelt“, erzählt Reissmann. Das Dumme daran: Nachdem Xenon rund eine Million Euro in die Entwicklung gesteckt und gemeinsam mit dem erzgebirgischen Textil-Partner „Norafin“ eine funktionierende und zertifizierte Linie für die Fertigung von FFP2-Atemschutzmasken aufgebaut hatte, hielten sich Staat und Gesundheitssektor in der Bundesrepublik vornehm mit Aufträgen zurück. „Wir werden unsere Anlagen jetzt gemeinsam mit einem Schweizer Partner und Norafin weiterentwickeln, so dass eine Maskenproduktion in Europa doch möglich wird.“ Dabei soll die hochautomatische Xenon-Technik dafür sorgen, dass diese europäischen Masken auch in puncto Preis mit der chinesischen Konkurrenz mithalten können. Erreichbar seien Stückpreise um die 50 Cent, wenn erst Millionenserien erreicht sind. Als erste Produktionsstandorte haben die Partner die Schweiz, Spanien, Deutschland ins Auge gefasst. Anfragen gebe es aber auch aus der Türkei, Israel und Amerika. Die Herstellung dieser Maskenfertigungslinien lastet derzeit die Dresdner Xenon-Hallen auch bereits gut aus.

Xenon-Praktikantin Kristin Hofestädt justiert den Lasersensor einer Anlage in der Endmontage. Foto: Heiko Weckbrodt

Das Xenon-Team (hier eine Archivaufnahme) ist auf technologisch anspruchsvolle Automatisierungszellen spezialisiert. Foto: Heiko Weckbrodt

Über Xenon

Bei all diesen Aufträgen stützt sich die Xenon-Mannschaft auf jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Bau von Sondermaschinen und Automatisierungslösungen: Elf Ingenieure aus den Rationalisierungsmittelbau des DDR-Computerkombinats Robotron hatten Xenon im Jahr 1990 gegründet, darunter die langjährigen Geschäftsführer Eberhard Reißmann und Hartmut Freitag. Seitdem hat das Unternehmen über 1500 Maschinen ausgeliefert. Heute beschäftigt Xenon 410 Mitarbeiter in Deutschland, China und Mexiko. 2019 kam der Mittelständler auf 62,6 Millionen Euro „Gesamtleistung“ – darunter versteht Xenon die Summe aus Umsätzen und Maschinenwerten, die noch in Arbeit sind. 2020 sank diese Wirtschaftsleistung pandemiebedingt um ein Viertel, zeitweise kürzte der Betrieb in dieser Phase die Wochenarbeitszeit um ein Zehntel. „Immerhin haben wir es aber geschafft, das Krisenjahr ohne Verluste abzuschließen“, berichtet Freitag. Und Xenon-Chef Reißmann ist optimistisch: „Aktuell haben wir ein gutes Gefühl.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Xenon, Oiger-Archiv

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt