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Bosch will Milliarden-Chipfabrik in Dresden rasch durchstarten

Große Spatenstecherei für die Bosch-Chipfabrik in Dresden-Hellerau. Mit dabei: Dresdens OB Dirk Hilbert( 2.v.l.), Bosch-Bereichsvorstand Jens Fabrowsky (Mitte) und Werkleiter Otoo Graf (rechts). Foto: Heiko Weckbrodt

Große Spatenstecherei für die Bosch-Chipfabrik „RB300“ in Dresden-Hellerau. Mit dabei: Dresdens OB Dirk Hilbert( 2.v.l.), Bosch-Bereichsvorstand Jens Fabrowsky (Mitte) und Werkleiter Otoo Graf (rechts). Foto: Heiko Weckbrodt

Heute war 1. Spatenstich – bis Weihnachten soll der Rohbau fertig sein

Dresden, 24. April 2018. Mit fünf symbolischen Spatenstichen hat Bosch heute im Dresdner Norden die bisher größte Einzelinvestition in der Geschichte des Elektronikkonzerns offiziell begonnen: Bis zu eine Milliarde Euro will das Unternehmen in seine erste Chipfabrik stecken, die Chips für Autoelektronik auf 300 Millimeter großen Siliziumscheiben (Wafer) produzieren kann. Bis Weihnachten will Werkleiter Otto Graf etwa 125 Mitarbeiter anheuern – im Endausbau sollen es bis zu 700 Beschäftigte sein.

Bosch-Manager: Ist unser Bekenntnis zum Standort Deutschland

Als „klares Bekenntnis zum Hightech-Standort Deutschland und Dresden“ bezeichnete der Bosch-Bereichsvorstand Jens Fabrowsky den Fabrikbau in der sächsischen Landeshauptstadt. Dresden habe sich dabei gegen zahlreiche andere internationale Standorte durchgesetzt. „Wir wollen eng mit den lokal ansässigen Halbleiterfirmen und Universitäten kooperieren, um unser Unternehmen nach vorne zu bringen“, kündigte er an.

Subventionen bisher nicht beziffert

„Bosch hat sich bewusst für Dresden entschieden“, ergänzte Otto Graf. „Wir haben hier ein hervorragendes Umfeld für die Halbleiter-Industrie vorgefunden.“ Dazu gehören die akademischen Ingenieurschmieden in der Stadt, die zahlreichen Mikroelektronik-Firmen und –Zulieferer, aber auch zukunftsweisende wissenschaftliche Schwerpunkte wie die 5G-Mobilfunkforschung an der TU. Nicht zuletzt hat die öffentliche Hand dem Konzern die Ansiedlung in Sachsen auch mit Subventionen versüßt. Wieviel Beihilfen abgesprochen sind, wollten die Bosch-Manager aber nicht verraten.

OB Hilbert: Cluster wird durch Bosch an Fahrt aufnehmen

Für Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) ist die Investition Zuspruch und Versprechen gleichermaßen für den Standort: „Durch einen starken Player wie Bosch wird das Cluster weiter an Fahrt aufnehmen“, sagte er, bevor er mit Graf und Fabrowsky die Spaten in einen eigens vorbereiteten Sandhaufen rammte.

Visualisierung der Boschfabrik in Dresden. Visualisierung: Bosch

Visualisierung der Boschfabrik in Dresden. Visualisierung: Bosch

Die Anti-Erschütterungs-Pfähle sind bereits im Boden

Tatsächlich hat Bosch längst mit dem Bau der „RB300“ (steht für Robert Bosch und 300-mm-Fabrik) begonnen und auch schon die ersten 32 Mitarbeiter eingestellt. In Sichtweite zum Chipmaskenzentrum AMTC und zur neuen Philip-Morris-Fabrik haben die Arbeiter an der Knappsdorfer Straße derweil schon tiefe Betonpfähle in die Hellerauer Erde getrieben. Diese Pfähle sollen vor allem die empfindlichen Belichtungsanlagen in der Chipfabrik erschütterungsfrei fundieren. Darüber gießen die Betonbauer als nächstes die Bodenplatte. Um andererseits zu verhindern, dass die Fabrik-Bauarbeiten beim Nachbarn AMTC die Ausschussquoten nach oben treiben, hat Bosch eine Sensor-Phalanx installiert, die bei zu starken Vibrationen Alarm schlägt. Zu Weihnachten 2018 soll dann bereits der Rohbau stehen, im Herbst will Graf parallel dazu mit der Inneninstallation beginnen.

„Wir wollen schnell durchstarten“

Ende 2019 soll die Fabrik konstruktiv fertig sein, danach beginnt die lange Einlaufphase für die Anlagen in dem 10.000 Quadratmeter großen Reinraum. Der Produktionsstart ist für Ende 2021 geplant. Ein durchaus ehrgeiziger Zeitplan. „Wir wollen schnell durchstarten und produzieren“, gab Vorstand Fabrowsky als Devise aus.

Hoffnung auf weiteren Boom der Autoelektronik

Massenhaft auswerfen wird Boschs neue Top-Fabrik dann vor allem anwenderspezifische Schaltkreise (ASICs) für Autos – perspektivisch für Strukturbreiten bis zu 65 Nanometer. Und weil die großen Trendthemen Elektroauto und autonomes Fahren immer mehr Bordelektronik erfordern wird, ist dem Marktführer in diesem Sektor anscheinend auch nicht bange, eine 300-mm-Fabrik damit auslasten zu können. Später steht dem Vernehmen nach auch die Produktion von Schaltkreisen für andere Anwendungszwecke als den Automobilbau sowie die Fertigung Mikroelektromechanischer Systeme (MEMS) in Dresden zur Debatte.

Hochautomatisierte und lernende Fabrik

Die neue Fabrik soll hochautomatisiert und mit selbstlernenden Computersystemen ausgestattet sein. Entsprechend hoch sind auch die Anforderungen an die Bewerber: „Wir suchen ab Techniker und Ingenieur aufwärts“, sagt Graf. Sorgen macht er sich nicht, genug Leute zu finden: Schon jetzt habe das Unternehmen rund 500 Bewerbungen vorliegen – die Top-Fachkräfte für die sächsische Fabrik will sich Bosch weltweit zusammensammeln. Und für den Standort Dresden sind einige Mitnahme-Effekte zu erwarten: Erfahrungsgemäß schafft und sichert eine Arbeitsstelle in einem Chipwerk etwa anderthalb Jobs im Umfeld. Sprich: Wenn Bosch einmal die 700 versprochen Stellen geschaffen hat, dürften daran weitere 1000 ringsum entstehen – bei Zulieferern, Kunden und Dienstleistern im Umfeld.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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