Forschung

Supercomputer als Turbo für neue Hightech-Werkstoffe

Eben noch Science-Fiction, vielleicht aber schon bald gängige Praxis: So wie hier der Comic-Turboforscher "Iron Man" setzen immer mehr Wissenschaftler Supercomputer und Simulationen ein, um neue erstaunliche Materialien zu entwickeln. Abb.: Paramount

Eben noch Science-Fiction, vielleicht aber schon bald gängige Praxis: So wie hier der Comic-Turboforscher „Iron Man“ setzen immer mehr Wissenschaftler Supercomputer und Simulationen ein, um neue erstaunliche Materialien zu entwickeln. Abb.: Paramount

TU-Forscher Cuniberti: Simulationen werden Innovationszyklen spürbar verkürzen

Dresden, 15. Mai 2015: Supercomputer werden die Entwicklung neuer Hightech-Werkstoffe in den nächsten Jahren deutlich beschleunigen. Das hat der Dresdner Nanotechnologe Prof. Gianaurelio Cuniberti zum Start des neuen Superrechnern „HRSK II“ an der TU Dresden prognostiziert. Habe es im Laufe des 20. Jahrhundert oft 20 Jahre und mehr gedauert, um bahnbrechende neue Werkstoffe wie Teflon, Lithium-Elektroden für Akkus oder Gallium-Arsenid-Halbleiter in die praktische Anwendung zu überführen, werde es durch Computersimulationen künftig möglich sein, diese Innovationszyklen drastisch zu verkürzen. Die dabei entwickelten Hightech-Materialien sollen der Medizin, den Automobilbau, die Energietechnik und viele weitere Wissenschafts- und Wirtschaftssektoren in Deutschland und Europa einen deutlichen Vorsprung verschaffen.

Über 70 % der Rechenzeit für Werkstoffforscher

Gianaurelio Cuniberti. Abb.: TUD

Gianaurelio Cuniberti. Abb.: TUD

Schon an den älteren Supercomputern der TU Dresden habe die Materialforschung über 70 Prozent der Rechnerkapazitäten ausgelastet, schätzte Prof. Cuniberti ein. Durch den neuen Petaflop-Supercomputer, der im Endausbau über 1,5 Billiarden Fließkomma-Rechnungen pro Sekunde (Petaflops) schaffen soll, sollen nun noch aufwändigere und schnellere Werkstoff-Entwicklungen möglich werden, für die man früher teils Jahrzehnte in den Laboren brauchte.

Graphen-Chips sollen Gen-Analyse drastisch verkürzen

So setzten die Forscher von Cunibertis TU-Lehrstuhl für Materialwissenschaft und Nanotechnologie Superrechner beispielsweise ein, um neuartige Erbgut-Analysegeräte zu auf Graphen-Basis zu entwickeln. Mit klassischen DNS-Sequenzern, die teils mit mechanischen und optischen Verfahren arbeiten, dauert es heute noch Wochen, um die in einer Doppelhelix organisierte Desoxyribonukleinsäure (DNS) enthaltenen Erbgut-Informationen von Organismen vollständig auszulesen.

Der Graphen-Chip der Dresdner Nanoechnologen: Zwei Elektroden (Source und Drain) prüfen die Leitfähigkeit der DNS-Basen, während das Erbgut-Molekül durch das Graphen-Tor gleitet. Abb.: TU Dresden, Lehrstuhl für Materialwissenschaft und Nanotechnologie

Der Graphen-Chip der Dresdner Nanotechnologen: Zwei Elektroden (Source und Drain) prüfen die Leitfähigkeit der DNS-Basen, während das Erbgut-Molekül durch das Graphen-Tor gleitet. Diese neue Technik soll genetische Analysen gegenüber bisherigen Sequenzier-Methoden drastisch beschleunigen. Abb.: TU Dresden, Lehrstuhl für Materialwissenschaft und Nanotechnologie

Die TU-Forscher haben nun aber – in einem vorerst experimentellen Design – eine Art Nanoschalter entworfen, der diese Analyse auf einen Tag verkürzen soll. Dabei wird zwischen zwei Nano-Elektroden ein Netz aus zweidimensional vernetztem Kohlenstoff („Graphen“) gespannt. Durch ein Tor in diesem Wunderwerkstoff wird dann das DNA-Molekül geschleust. Das wiederum besteht aus verschieden leitfähigen organischen Basen. Je nachdem, welche Base gerade das Graphen-Tor passiert, wird der Strom zwischen den Nano-Elektroden unterschiedlich gut geleitet – aus diesen Messwerten kann dann ein Computer sehr schnell den DNS-Aufbau schlussfolgern. Allerdings werde es noch einige Zeit dauern, bis diese neue Analyse-Technik produktionsreif sei, schätzte der Physiker Florian Pump von der TU Dresden ein.

Der neue Supercomputer der TU Dresden. Im hochabgesicherten Server-Raum ist noch viel Platz für Erweiterungen. Foto: Heiko Weckbrodt

Der neue Supercomputer der TU Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Neue AG an TU Dresden spannt Supercomputer für bessere Brennstoffzellen und gegen Augen-Krankheiten ein

Auch plant der Lehrstuhl derzeit den Aufbau einer neuen Forschergruppe aus zehn Doktoranten, die die TU-Supercomputer einsetzen wollen, um zum Beispiel neue Diagnosemöglichkeiten für degenerative Augen-Krankheiten zu entwickeln oder auch bessere Membranen für Brennstoffzellen, die diesen umweltfreundlichen Klein-Kraftwerken zu mehr Energiedichte verhelfen sollen. Autor: Heiko Weckbrodt

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt