Wirtschaft

eZelleron Dresden arbeitet an Brennstoffzellen-Antrieb für Automobile

Das ist erst der Anfang: eZelleron-Chef Sascha Kühn zeigt eines der Mini-Kraftwerke auf Brennstoffzellen-Basis, durch das man mit einer Feuerzeuggas-Kartusche ein smartphone 22 Mal aufladen kann. Entwickeln will er nun aber auch 100-Kilowatt-Brennstoffzellen für Autoantriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Das ist erst der Anfang: eZelleron-Chef Sascha Kühn zeigt eines der Mini-Kraftwerke auf Brennstoffzellen-Basis, durch das man mit einer Feuerzeuggas-Kartusche ein smartphone 22 Mal aufladen kann. Entwickeln will er nun aber auch 100-Kilowatt-Brennstoffzellen für Autoantriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Nach Mini-Kraftwerken für die Jackentasche will Nanotech-Firma nun in nächste Energie-Liga einsteigen

Dresden, 24. April 2015. Lautlose und abgasfreie Brennstoffzellen statt klassische Verbrennungsmotoren werden in wenigen Jahren deutsche Automobile antreiben, wenn es nach dem Nano-Ingenieur Sascha Kühn geht: Gemeinsam mit einem namhaften deutschen Autohersteller arbeitete er daran, seine Mini-Kraftwerke für die Jackentasche zu Hauptantrieben für Kraftfahrzeuge weiterzuentwickeln, sagte der 41-jährige Chef des Dresdner Brennstoffzellen-Unternehmens „eZelleron“, der bisher vor allem mit innovativen Energiequellen für Smartphones bekannt geworden war.

Erste 100-kW-Prototypen ab 2021 zu erwarten

Gemeinsam mit dem Industriepartner wolle er eine mobile Brennstoffzelle mit hoher Energiedichte konstruieren, die einen Otto- oder Dieselmotor im Auto gut und gerne als Hauptantrieb ersetzen könne, sagte Kühn. „Wir denken da an die Leistungsklasse 100 Kilowatt“, sagte er. „Mit ersten Protoptypen ist um das Jahr 2021 herum zu rechnen.“ Betankt werden soll der Primärantrieb mit Autogas.

Brennstoffzelle als Minikraftwerk fürs Auto. Abb.: Dailmer

Bisher erst ein Konzept: Brennstoffzelle als Minikraftwerk fürs Auto. Abb.: Daimler

Analysten rechnen mit Nischenmarkt

Um welchen Autohersteller es sich bei dem Entwicklungspartner handelt, wollte der Ingenieur und Firmenchef nicht verraten. Laut einer Studie von IDTechEx zeigen unter den deutschen Autobauern derzeit aber nur Daimler und BMW ernsthafte Interesse an der Brennstoffzellen-Technologie. Die US-Analytiker hatten zudem eingeschätzt, dass diese Antriebstechnik wohl auf Dauer nur Nischen-Chancen in der Fahrzeugtechnik haben werde, bis 2030 aber „ein paar Prozent“ Marktanteil erringen könne. Zum Hintergrund: Brennstoffzellen erzeugen aus Sauerstoff und Wasserstoff beziehungsweise Kohlenwasserstoff-Verbindungen Strom, dabei entsteht im besten Falle nur Wasser als Endprodukt.

Derzeit ist die eZelleron-Fabrik in Dresden noch im Manufaktur-Stadium. Hier bereitet Mechatroniker Werner Kind gerade einen Brennstoffzellen-Stapel fürs Löten vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Derzeit ist die eZelleron-Fabrik in Dresden noch im Manufaktur-Stadium. Hier bereitet Mechatroniker Werner Kind gerade einen Brennstoffzellen-Stapel fürs Löten vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Eine Gaskartusche lädt Smartphone 22 Mal auf

Derzeit konzentriert sich eZelleron freilich erst mal darauf, die Serien-Produktion seiner Mini-„Kraftwerke“ anzukurbeln: Das im Jahr 2008 gegründete Unternehmen ist inzwischen vom Fraunhofer-Campus Dresden-Gruna in die ehemalige Wafer-Fabrik der pleite gegangenen Mikroelektronik-Firma „Azzurro“ eingezogen. Derzeit fertigen dort 25 Leute noch im Manufaktur-Modus eine kleine Serie von Miniatur-„Kraftwerken“. Dabei handelt es sich um etwa zigarettenschachtel-große Brennstoffzellen, die mit Camping- oder Feuerzeuggas betankt werden und bis zu 10 Watt elektrische Leistung erzeugen. Mit einer Gaskartusche zum Ladenpreis von 1,50 Euro könne das „Kraftwerk“ ein Smartphone (Computertelefon) etwa 22 Mal aufladen – je nach Modell, betonte Kühn.

Eines der nächsten Produkte von eZelleron sollen Brennstoffzellen im Thermoskannen-Format sein. Foto: Heiko Weckbrodt

Eines der nächsten Produkte von eZelleron sollen Brennstoffzellen im Thermoskannen-Format sein. Foto: Heiko Weckbrodt

eZelleron-Chef sieht große Marktchancen auch in Japan und Indien

„Viele Leute brauchen einfach eine mobile Stromversorgung, die länger und zuverlässiger funktioniert als ein paar Akku-Packs“, ist der eZelleron-Chef überzeugt. Großes Marktpotenzial sieht er nicht nur in Deutschland und den USA, sondern auch in Japan, Indien und anderen asiatischen Staaten, wo die Stromversorgung oft instabil ist (in Japan vor allem, seit der Fukushima-Kernreaktor abgeschaltet wurde), andererseits aber sehr viele Menschen Smartphones benutzen.

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Große Resonanz auf „Kickstarter“

149 Dollar (139 Euro) sollen die Mini-Kraftwerke aus Dresden im internationalen Vertrieb kosten, also etwa zehnmal soviel wie handelsübliche externe Akkus für Smartphones. Dennoch ist dem Erfinder nicht bange: Als eZelleron jüngst auf der Schwarmfinanzierungs-Plattform „Kickstarter“ Geld für die Weiterentwicklung des Konzepts einsammelte, übertraf die Resonanz alle Erwartungen und das noch junge Unternehmen konnte so über 1,5 Millionen Dollar einwerben. „Seitdem fragt uns auch kein potenzieller Investor mehr, wozu das Ganze gut sein soll“, berichtete Kühn.

Die kleinen Keramikstäbe sind mit Nanopulvern behandelt und haben dadurch eine extrem große Reaktionsoberfläche. Sie sorgen für die hohe Energiedichte der Brennstoffzellen. Foto: Heiko Weckbrodt

Die kleinen Keramikstäbe sind mit Nanopulvern behandelt und haben dadurch eine extrem große Reaktionsoberfläche. Sie sorgen für die hohe Energiedichte der Brennstoffzellen. Foto: Heiko Weckbrodt

Serienproduktion startet Ende 2015 in Dresdner Fabrik – knapp 300 neue Jobs winken

Mit diesem Kapital im Rücken, fährt eZelleron in der früheren Spinnerei und Chipfabrik an der Breitscheidstraße nun die Fertigung hoch, Ende Dezember 2015 sollen die ersten „Kraftwerke“ aus der Serienproduktion das neue Werk verlassen. In den nächsten fünf Jahren will Kühn die Belegschaft von derzeit 25 auf dann etwa 300 Mitarbeiter ausbauen. Bereits im Jahr 2016 möchte er auf rund zehn Millionen Euro Umsatz kommen (2014: eine halbe Million Euro).

Brennstoffzellen sollen auch laute Diesel ersetzen

Und neben dem erwähnten Auto-Antrieb tüfteln Kühn und sein Team bereits an den nächsten Produkten: Als nächstes sollen leistungsstärkere Mini-Kraftwerke mit 25 Watt und etwa schuhkarton-große Brennstoffzellen mit etwa 200 Watt Leistung folgen. Letztere sollen nach seinen Vorstellungen als geräuschlose Alternative Diesel-Notstromaggregate ersetzen können und auch als Energiespeicher für Eigenheime mit Solardächern dienen.

„Mobile Welt braucht unsere Technologie“

Letztlich möglich machen sollen all diese Geräte ein paar kleine Stäbchen, deren Basistechnologie Kühn bereits in seiner Zeit an der Uni Saarbrücken entwickelt hatte. Diese auf eine spezielle Weise nanostrukturierten Keramikelemente ermöglichen eine besonders effektive Wandlung der chemischen Energie von Wasserstoff und Sauerstoff in elektrische Energie bei hohen Temperaturen um die 600 Grad Celsius. Die mit diesen Werkstoffen erreichte Energiedichte ist laut Kühn weltweit einzigartig im Brennstoffzellen-Sektor und die kleinen Keramik-Wunder können auch zu immer größeren Stapeln kombiniert werden. Er ist jedenfalls überzeugt vom Potenzial seiner Entwicklung: „Wir leben in einer mobilen Welt und die braucht solche leistungsfähigen Energieerzeuger einfach.“ Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt