Innovatives Recycling-Verfahren recycelt Molkerei-Abfälle zu Wasser, Dünger und Bio-Brennstoff
Dresden, 8. Mai 2017. Dresdner Keramikforscher und Anlagen-Ingenieure haben ein neues Recycling-Verfahren entwickelt, um Molkerei-Abfälle in Wasser, Bio-Dünger und erneuerbare Brennstoffe zu zerlegen. „Das ist eine Win-Win-Technologie“, ist Projektleiter André Wufka vom Dresdner Fraunhofer Keramikinstitut IKTS überzeugt. „Die Molkerei hat dadurch extreme Kostenersparnisse und leistet gleichzeitig wichtige Beiträge zum Umweltschutz.“ Die Entwickler haben dafür nun auf der Landwirtschaftsausstellung „agra 2017“ einen „agra-Preis der Innovation“ erhalten. Eine Pilotanlage entsteht demnächst bei Sachsenmilch in Leppersdorf bei Dresden.
Gemeinschaftsprojekt von Müllermilch, Fraunhofer und wks
An der Entwicklung waren und sind mehrere Partner aus dem Raum Dresden und aus Bayern beteiligt: Das IKTS steuerte unter anderem innovative Keramik-Filtermembranen bei. Das Dresdner Umweltanlagen-Unternehmen „wks Technik GmbH“ brachte sein ingenieurtechnisches Know-how ein. Und praktisch umgesetzt wird die neue Technologie in der Molkerei von Sachsenmilch in Leppersdorf.
Schlempe musste bisher teuer entsorgt werden
Sachsenmilch ist Teil der Müllermilch-Gruppe und erzeugt neben H-Milch und Joghurt auch Käseprodukte. In diesem Prozess entsteht als Nebenprodukt Molke, die die Molkerei zu Babynahrung und Bio-Ethanol weiterveredelt. Als Abfall bleibt eine gelbliche Gärflüssigkeit zurück, die sogenannte „Schlempe“. Die ließ Sachsenmilch bisher teuer entsorgen – letztlich landeten die Bioabfälle als eher minderwertiger Dünger in der Landwirtschaft.
Schärfere Umweltgesetze absehbar
Allerdings gehört Sachsenmilch dem schwäbischen Milch-Mogul Theo Müller. Und der ist dafür bekannt, genau auf jeden Euro und Cent zu schauen. Zudem muss die Müllermilch-Gruppe auch damit rechnen, dass neue Umweltschutz-Gesetze in Zukunft die Möglichkeiten einschränken wird. Schlempe auf Felder zu verteilen. Wohl auch deshalb zeigte das Unternehmen großes Interesse an der neuen Recycling-Technologie aus Dresden.
Wasser und Energie für Produktion zurückgewinnen
Die verwertet in einem mehrstufigen Prozess die Schlempe: Aus organischen Bestandteilen gewinnt Sachsenmilch unter Luftabschluss in einem Reaktor Biogas. Pflanzen-Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor spalten nasschemische Anlagen ab und erzeugen daraus einen hochwertigen Dünger – ohne Schwermetalle, wie André Wufka betont. Die trübe Brühe, die übrig bleibt, schickt die Anlage dann durch sehr feine keramische Nano-Membranfilter. Nach einer Entsalzung bleibt klares Trinkwasser übrig, das die Molkerei dann wieder in der Produktion einsetzen kann. Sprich: Statt die Schlempe wie bisher teuer zu entsorgen, kann Sachsenmilch in Zukunft daraus verkaufbaren Dünger, Trinkwasser und Energie gewinnen.
Pilotanlage entsteht in Leppersdorf
Im Labormaßstab funktioniere das Verfahren bereits, sagte Wufka auf Oiger-Anfrage. „Als nächstes wollen wir in Leppersdorf eine Pilotanlage errichten, die etwa ein Drittel der Schlempe verarbeiten kann“, kündigte er an. Voraussichtlich in etwa vier bis fünf Jahren werde die gesamte Prozesskette im industriellen Maßstab betriebsbereit sein. „Wir gehen davon aus, dass sich die Investitionen für Sachsenmilch nach fünf bis sechs amortisieren“, erklärte der IKTS-Experte. Derweil bereits das Institut bereits ein Nachfolgeprojekt vor: Die Ingenieure wollen beweisen, dass ihre innovative Recycling-Technologie auch in klassischen Käsereien, in der Fischverarbeitung und anderen Lebensmittel-Betrieben funktioniert.
Theo Müller investiert seit Jahren in Leppersdorf
Zum Hintergrund: In den 1990er Jahren stieg Theo Müller schrittweise in die Milchveredelung in Sachsen ein. Er investierte erhebliche Beträge in den Ausbau des Molkerei-Standortes Leppersdorf. Derzeit stehen dort weitere Milliarden-Investitionen zur Debatte: Theo Müller erwägt, in Sachsen eine große Feinkost-Fabrik zu bauen und dort große Teile der Produktion des Müllermilch-Tochter-Unternehmens Homann zu konzentrieren.
Autor: Heiko Weckbrodt
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