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Heliatek Dresden will Fabrik für organische Solarfolien ausbauen

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger macht sich ein Bild von der Produktion organischer Solaryellen bei Heliatek Dresden. Foto> Heiko Weckbrodt

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger macht sich ein Bild von der Produktion organischer Solarzellen bei Heliatek Dresden. Foto Heiko Weckbrodt

Unternehmen verhandelt mit Finanziers über eine dritte, bis zu 500 Millionen Euro teure Ausbaustufe seiner Fabrik für biegsame Energiesammler

Dresden, 9. Mai 2017. Heliatek hat gerade die Maschinen für die zweite Fabrik-Ausbaustufe in Dresden-Mickten bestellt, da verhandeln die Chefs der Organikelektronik-Firma nun bereits mit Finanziers über die nächste Erweiterung. Zur Debatte steht, noch zwischen 200 Millionen und einer halben Milliarde Euro zu investieren, um dann pro Jahr bis zu zehn Millionen Quadratmeter organische Solarzellen herstellen zu können. Dies dürfte Hunderte neue Hightech-Jobs nach sich ziehen.

Werbevideo (Heliatek):

„Kunden reißen uns die Solarfolien aus den Händen“

Denn die Nachfrage der Bau-Branche für organische Solarzellen aus Sachsen wächst jetzt stark. „Unsere Kunden reißen uns die Solarfolien aus den Händen“, sagte Heliatek-Technikchef Martin Pfeiffer auf Oiger-Anfrage. Die Dresdner gelten weltweit als Technologieführer in diesem Marktsegment.

Dr. Martin Pfeiffer, CTO Heliatek. Foto: André Wirsig für die Heliatek GmbH

Dr. Martin Pfeiffer, CTO Heliatek.
Foto: André Wirsig für die Heliatek GmbH

EU-Kommissar Oettinger: Könnte echter Erfolg auf Weltmarkt werden

Auch EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger und Landtagspräsident Matthias Rößler (beide CDU) zeigten sich bei einer Stippvisite beeindruckt von den biegsamen, durchsichtigen und superleichten Energiesammlern aus Dresden. „Ein tolles Beispiel, wie hier viele Partner zusammenarbeiten“, sagte Oettinger, nachdem er die Pilotanlage in der früheren Computer-Fabrik besichtigt hatte. „Das könnte zu einem echten Erfolg auf dem Weltmarkt werden.“

Bei der Heliatek Produktionsanlage handelt es sich um die weltweit erste Fertigung, die organische Solarfolie im Rolle-zu-Rolle Verfahren mittels Vakuumdeposition bei niedrigsten Temperaturen fertigt. Fotograf: Tim Deussen, Berlin

Bei der Heliatek-Produktionsanlage handelt es sich um die weltweit erste Fertigung, die organische Solarfolie im Rolle-zu-Rolle Verfahren mittels Vakuumdeposition bei niedrigsten Temperaturen fertigt. Fotograf: Tim Deussen, Berlin

Vision: Ganze Wolkenkratzer werden zu Energiesammlern

Denn möglich werden durch die Heliatek-Innovation energieautarke Wolkenkratzer, beschichtet von oben bis unten mit Solarzellen. Das wäre mit klassischen Solarmodulen aus Silizium kaum denkbar, da sie zu schwer sind, die Innenräume verdunkeln und in engen Straßenschluchten kaum Strom liefern. Die Heliatek-Solarfolien dagegen sind leicht, transparent, lassen sich als aktive Deckschicht direkt auf Betonplatten und Fassaden-Scheiben aufbringen. Und sie kommen selbst bei schwachem Tageslicht noch auf eine gute Energieausbeute.

Konzeptstudie: Mit organischen Solarzellen beschichtetes Auto. Abb.: Heliatek

Konzeptstudie: Mit organischen Solarzellen beschichtetes Auto. Abb.: Heliatek

Solarbeschichte Autodächer denkbar

EU-Kommissar Günther H. Oettinger orakelt nun bereits von Elektroautos, die ganz mit sächsischen Solarfolien bedeckt sind. „Das könnte zusammen mit weiteren Komponenten helfen, Elektromotoren anzutreiben“, hofft er. „Das könnte ein wichtiger Beitrag zur Elektromobilität sein.“ Zwar gibt es auch heute schon gelegentlich Wohnwagen oder Autos, die mit Solarpaneelen bestückt sind. Die sind aber meist sperrig und schwer – während sich die hauchdünnen organische Module an jede Bau-Form anschmiegen können.

Das organische Material wird in Verdampferquellen gefüllt, um Testzellen zu produzieren. Durch die Wärme verdampfen die Materialien und lagern sich am Trägermaterial Schicht für Schicht ab. Fotograf: Tom Baerwald, Berlin

Das organische Material wird in Verdampferquellen gefüllt, um Testzellen zu produzieren. Durch die Wärme verdampfen die Materialien und lagern sich am Trägermaterial Schicht für Schicht ab. Fotograf: Tom Baerwald, Berlin

TU Dresden forschte bereits seit den 1980ern an organischen Leuchtdioden

Organische Elektronik aus Dresden beflügelt eben inzwischen nicht mehr nur die Phantasien von Ingenieuren, sondern auch von Wirtschaftspolitikern und Konzernchefs. Seit den 1980er Jahren forschten Physiker, Chemiker und Ingenieure an der TU Dresden an Alternativen zu herkömmlicher siliziumbasierter Elektronik und fanden sie in speziellen kurzen organischen Molekülen. Auf dieser Basis entwickelten Forscher wie Karl Leo und Martin Pfeiffer ab den 1990ern einzigartige Rezepte für organische Leuchtdioden (OLED), Solarzellen (OPV) und Schaltkreise.

Erfolgsbeispiel Novaled

Daraus entstand einerseits die Dresdner OLED-Technologieschmiede Novaled, die inzwischen zum koreanischen Konzern Samsung gehört. Daher steckt schon heute in unzähligen Smartphone weltweit Technologie aus Dresden.

Ein Heliatek-Mitarbeiter rollt fertige Solarfolien auf. Foto. Heiko Weckbrodt

Ein Heliatek-Mitarbeiter rollt fertige Solarfolien auf. Foto. Heiko Weckbrodt

Pilotlinie entstand in ehemalige PC-Fabrik

Pfeiffer und seine Kollegen von der TU Dresden und der Uni Ulm gingen den umgekehrten Weg, als sie 2006 Heliatek gründeten: Statt die organischen Moleküle elektrisch anzuregen und leuchten zu lassen, nutzen sie diese Materialien, um aus Tageslicht Strom zu erzeugen. Die erste Pilotlinie für biegsame und durchsichtige organische Solarfolien starteten sie 2012 in der ehemaligen PC-Fabrik von Schäfer IT, die heute dem Spezialgehäuse-Bauer Coool Case gehört.

Erweiterung auf 1 Mio. qm bis 2019

2016 hatte das Heliatek-Management endlich rund 80 Millionen beisammen, um mit der zweiten Ausbaustufe zu beginnen. Etwa die Hälfte waren Fördergelder von EU, Bund und Land, die andere Hälfte Risikokapital privater Investoren wie der RWE-Tochter Innogy. Erst kürzlich ist noch ein – bisher ungenannter – Investor aus Taiwan eingestiegen. Die Spezial-Maschinen für die Fabrikerweiterung sind nun bestellt, werden ab Januar 2018 geliefert und hochgefahren. Ab 2019 soll die Fabrik bis zu eine Million Quadratmeter organische Solarfolie pro Jahr herstellen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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