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Tack-tack-tack: E-Mail nach DDR-Art

Vereinssprecher Jürgen Haubold demonstriert das Stöpseln einer Gesprächsverbindung anno 1920. Foto. Peter Weckbrodt

Vereinssprecher Jürgen Haubold demonstriert das Stöpseln einer Gesprächsverbindung anno 1920. Foto: Peter Weckbrodt

Drehwähler, Fernschreiber und Stöpselschränke: Das Fernmeldemuseum Dresden zeigt die Nervennetze untergegangener Volkswirtschaften

Dresden, 8. Januar 2016. Es ist eine eigene, nur wenigen bekannte Welt, die das Dresdner Fernmeldemuseum nahe am Postplatz seinen Besuchern präsentiert. Da schnurren elektro-mechanischen Dinger, sie hängen zu Hunderten in langen Gestellreihen. Da sichtet der Besucher Telefone, mit denen bestimmt schon Karl der Große seine Vasallen zur Raison gebracht hat. Daneben Schränke mit Dutzenden kleiner Glühbirnchen als Schmuck.

Endloser Lärm in den Drehwähler-Sälen

Doch da erwarten uns Neugierigen bereits dienstbare Geister: die Mitglieder der „Interessengemeinschaft Historische Fernmeldetechnik“. Sie klären uns darüber auf, dass die „schnurrenden Dinger“ Drehwähler sind, mit deren Hilfe bis noch in das Jahr 1996 hinein in Dresden eine jede Fernsprechverbindung zu Stande kam. Jeder Teilnehmer hatte „seinen“ Wähler. Über weitere drei oder vier Wähler konnte in den Dresdner Fernmeldeämtern jede gewünschte Verbindung hergestellt werden. Bei schon rund 70.000 Fernsprechteilnehmern im Jahr 1939 arbeiteten folglich schon seinerzeit mehrere Hunderttausend elektro-mechanische Drehwähler in den Wählersälen. Das war ein schöner Krach rund um die Uhr!

Uralte Fernsprechtechnik. Foto: Peter Weckbrodt

Uralte Fernsprechtechnik im Museum an der Annenstraße. Foto: Peter Weckbrodt

Durch die Bombenangriffe und auch durch Reparationsleistungen an die mit dem roten Stern geschmückte Besatzungsmacht gingen nach Kriegsende viele Fernsprecheinrichtungen verloren. Erst um 1970 wurde in Dresden die Vorkriegszahl wieder erreicht.

Besucher können alte Technik selbst ausprobieren

Natürlich können wir als Besucher mit unserem Partner gleich mal praktisch ausprobieren, wie die Wähler sich ins Zeug legen, wenn wir uns wechselseitig anrufen. Überhaupt ist interaktives Ausprobieren Trumpf, bloßes Gucken und Staunen ist nicht angesagt.

Vereinsmitglied Wolfgang Ludwig weckt einen Fernschreiber - Made in GDR- zu neuem Leben. Foto: Peter Weckbrodt

Wolfgang Ludwig von der IG Historische Fernmeldetechnik weckt einen Fernschreiber – Made in GDR – zu neuem Leben. Foto: Peter Weckbrodt

Fernschreiber steuerten das DDR-„Nervennetz“

Auch die guten alten Fernschreiber können wir in Aktion bestaunen und natürlich selbst erproben. Sie wurden erst in jüngster Zeit zu neuem Leben erweckt. Zuvor mussten sie erst mal neue hölzerne Gehäuse erhalten. Die alten Holzverkleidungen, Made in GDR, hatten die Zeiten nicht überstanden. Mit den Fernschreibern wurde erledigt, was 2016 mit per E-Mail oder SMS ruckzuck erledigt wird. Es wurden Nachrichten verschickt oder auch Zeitungen zusammengebastelt. Ohne Fernschreiber ging in der DDR nichts!

Besucher können im Fernmelde-Museum sehen und selbst ausprobieren, wie durch das gezielte Stöpseln von Anschlussleitungen im Glühbirnenschrank vor 100 Jahren Verbindungen in einem Ortsnetz oder auch im Hotel von der Rezeption zum Gästezimmer hergestellt wurden. Mal kurz mithören, was da so an richtig Gepfefferten durch die Leitung geht? Damals absolut kein Problem. Und heute? Wer weiß… Autor: Peter Weckbrodt

Besucher-Infos

(Stand 2/2017):

Fernmeldemuseum Dresden, Annenstraße 5, 01067 Dresden; Tel.: 0351-482 06 80

Öffnungszeiten:

jeder 1. Samstag im Monat von 10-15 Uhr (letzter Einlass 14.30 Uhr)

Führungen in den „Technischen Betriebsraum“ jeweils 10.30, 11.30, 13 und 14.30 Uhr (Achtung: jeweils nur 10 Personen).

Eintrittspreise:

Erwachsene 2,50 €, für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist der Eintritt frei.

Mehr Infos im Netz: www.fernmeldemuseum-dresden.de

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Hardware, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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