Medizin & Biotech

Uni Leipzig testet Internet-Therapie für Suizid-Trauernde

Der trauerende Engel in der Kathedrale von Amiens wurde im I. Weltkrieg zum Sinnbild von Verlust. Stirbt ein naher Mensch durch Suizid, ist diese für viele Hinterbliebene besonders schwer zu verarbeiten: Schock, Einsamkeit und Wurt mischen sich mit eigenen Schuldzuweisungen. Eine neue Internettherapie aus Leipzig soll da helfen. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Der trauerende Engel in der Kathedrale von Amiens wurde im I. Weltkrieg zum Sinnbild von Verlust. Stirbt ein naher Mensch durch Suizid, ist dies für viele Hinterbliebene besonders schwer zu verarbeiten: Schock, Einsamkeit und Wurt mischen sich mit eigenen Schuldzuweisungen. Eine neue Internettherapie aus Leipzig helfen, aus schweren Trauerspiralen zu entkommen. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Anonyme Betreuung soll helfen, aus Trauerfallen zu entkommen

Leipzig, 1. August 2015. Mediziner der Universität Leipzig wollen in den kommenden zwei Jahren neue, internetgestützte Therapieformen für Menschen testen, die nach dem Suizid eines nahen Angehörigen in gefährlichen Trauerspiralen feststecken. „Überlebende eines Suizids haben ein besonders hohes Risiko, eine anhaltende komplexe Trauerreaktion zu entwickeln und in der Folge an psychischen Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen zu erkranken bis hin zu eigenen Suizidgedanken“, betonte Prof. Dr. Anette Kersting, die Direktorin der Uniklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Leipzig. „Die anhaltende komplexe Trauerreaktion, die bis zu 20 Prozent der Hinterbliebenen entwickeln, weicht in Dauer und Intensität deutlich von einem normalen Trauerverlauf ab.“

Hinterbliebene sollen sich Schmerz von der Seele schreiben

Bei ihrer Studie wollen die Psychotherapeuten nun testen, ob mit einer individuellen, aber anonymen psychologischen Online-Betreuung diesen Menschen geholfen werden kann. Während dieser fünfwöchigen Internettherapie bekommen die Betroffenen zehn Schreibaufgaben, in denen sie sich belastende Lebensereignisse und schwierige Emotionen von der Seele schreiben können – diese schriftliche Auseinandersetzung mit dem Verlusterlebnis hilft vielen Patienten erfahrungsgemäß. „Nach jeweils zwei Schreibeinheiten erhalten die Teilnehmer eine individualisierte Rückmeldung ihres Bezugstherapeuten. Sie erhalten außerdem regelmäßig Fragen zu ihrem körperlichen und psychischen Befinden“, so die Uniklinik.

Rund 10.000 Suizide pro Jahr in Deutschland

In Deutschland töten sich etwa 10.000 Menschen pro Jahr selbst, wie aus Angaben des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden hervorgeht. Traurige Spitzenreiter waren die bevölkerungsreichen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern mit jeweils über 1700 Selbsttötungen. In Sachsen registrierte man 2013 insgesamt 661 Suizide, darunter waren über zwei Drittel Männer. Laut den Leipziger Schätzungen entwickelt etwa jeder fünfte Hinterbliebene danach besonders tiefe Trauerkomplexe.

-> Wer mehr über die Therapie erfahren oder an ihr teilnehmen will, erfährt hier im Internet mehr dazu.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt