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Dresden startet 2016 elektronisches Archiv

Das Stadtarchiv Dresden geht ab 2016 zur elektronischen Archivierung über. Fotos (2) und Montage: Heiko Weckbrodt

Das Stadtarchiv Dresden geht ab 2016 zur elektronischen Archivierung über. Fotos (2) und Montage: Heiko Weckbrodt

Verwaltung übermittelt Akten gleich digital

Dresden, 15. April 2015: Das Stadtarchiv und die Stadtverwaltung Dresden werden ab 2016 zu einer durchgängig digitalen Archivierung von Behördenakten übergehen. Das hat Stadtarchiv-Direktor Thomas Kübler auf Oiger-Anfrage mitgeteilt. „Ausnahmen wird es nur dort geben, wo die Papierform rechtlich notwendig ist“, sagte Kübler.

Dresden, Stuttgart und Mannheim führend

Thomas Kübler. Foto: hw

Thomas Kübler. Foto: hw

Dresden stelle sich so mit an die Spitze im Trend hin zum vollständig digital arbeitenden Behördenapparat. „Die Stadtarchive Stuttgart, Mannheim und Dresden sind führend auf diesem Gebiet“, schätzte Kübler ein. Freilich muss man auch betonen: Die wissenschaftlichen Bibliotheken sowie viele Landes- und Bundesarchive sind da teils schon einige Schritte weiter. Die sächsischen Behörden und das Hauptstaatsarchiv in Dresden hatten beispielsweise schon vor über zwei Jahren begonnen, wichtige Behörden-Akten, E-Mails. Baupläne, Karten und andere Unterlagen bürokratischer Tagesproduktion des Landes elektronisch für die Nachwelt zu archivieren.

Nur Teil fließt letztlich ins „Ewigkeits-Archiv“

In den Kommunen hingegen dominieren bisher meist noch Papier oder digitale Insellösungen für die Archivierung – obgleich auch hier schon das eine oder andere digital eingepflegt wurde. In Dresden soll daher ab kommendem Jahr etwa ein Fünftel der Akten- und Nachrichtenflut, die die Stadtverwaltung und die ihr nachgeordneten Behörden jährlich produzieren, in einem automatisierten Verfahren digital an das Zwischenarchiv transferiert werden. Von dort auch werden diese Unterlagen dann – je nach Relevanz und gesetzlichen Aufbewahrungsfristen – nach einigen Jahren entweder gelöscht oder in das „Historische Archiv“ eingespeist und damit (zumindest theoretisch) für die Ewigkeit elektronisch aufbewahrt werden.

Dresden-IT hat sich digitale Archivierungslösungen für Akten auf die Fahnen geschrieben. Abb.: Dresden-IT

Abb.: Dresden-IT

Laut Küblers Schätzung sind etwa vier bis sieben Prozent der zwischenarchivierten Verwaltungsakten so wichtig, dass sie im Jahrestakt an das historische Archiv weitergeleitet werden müssen. Hinzu kommen historisch wertvolle Sonderbestände, die immer wieder mal zum Beispiel von Unternehmen, Vereinen oder Einzelpersonen an das Stadtarchiv übergeben werden. Beispiele dafür sind etwa die Dokumente zur Dresdner Industrie in DDR-Zeiten, die von einer forschenden Interessengemeinschaft ehemaliger Betriebsdirektoren – teils schon digital – an das Archiv übergeben worden, oder jüngst eine Sammlung von Zeitzeugenberichten über die Zerstörung Dresdens 1945. Solche Sonderschenkungen werden nachdigitalisiert, wenn dafür Geld zur Verfügung steht.

40 Terabyte Speicher vorgesehen

Der informationstechnologische Eigenbetrieb der Stadt hat Kübler für das neue elektronische Archiv zunächst 40 Terabyte (TB) Speicherplatz zugesagt, das entspricht umgerechnet etwa zehn Millionen A4-Seiten voller Text. Da aber auch Baupläne, Fotos, teils sogar Videos archiviert werden sollen, die viel mehr Speicher fressen, bleibt natürlich abzuwarten, wie lange die 40 TB wohl reichen werden. Zudem rechnet der Archivdirektor auch damit, dass im Laufe der Zeit der Anteil elektronisch und automatisiert zu transferierender Unterlagen aus dem Rathaus immer mehr steigen wird.

Akten müssen auch in Jahrzehnten lesbar sein

Nicht zuletzt müsse auch abgesichert werden, dass diese digitalen Unterlagen verlustfrei abgespeichert werden können, dass zum Beispiel ein Blitzeinschlag in einem Rechenzentrum nicht das digitale Vermächtnis auf einen Schlag zerstört – und dass die digitalen Akten auch in Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten noch lesbar sind, wenn die heute verwendeten Programme und Computersysteme längst nicht mehr existieren.

Negativbeispiel Stasi-Digitalakten

Wie schnell das zu einem ernsten Problem werden kann, hatten beispielsweise wenige Jahre nach der politischen Wende Stasi- und SED-Unterlagen offenbart, die in den 1970ern und 80ern mit der damaligen DDR-Rechentechnik abgespeichert worden waren: Diese Computer verwendeten teils ganz andere (Nicht-)Standards, für die heute kaum noch lauffähige Rechner existieren.

Kübler: Papier stirbt dennoch nicht aus

„Auf jeden Fall werden wir in absehbarer Zukunft auch weiter Papierakten haben“, betonte Kübler. „Für einige Unterlagen, zum Beispiel im Sozial- und Bauwesen, ist diese Aufbewahrungsform nun mal gesetzlich vorgeschrieben.“

Autor: Heiko Weckbrodt

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt