Fraunhofer will beweisen, dass bergige Stadt wie Dresden mit Strom-Schnellladern vollständig erschließbar ist
Dresden, 17. Februar 2015: Erstmals seit 40 Jahren fährt voraussichtlich ab Montag wieder ein Elektrobus im Linienbetrieb über das „Blaue Wunder“ in Dresden. Das hat Professor Matthias Klingner, der Leiter des „Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme“ (IVI) Dresden, angekündigt. Seine Verkehrsforscher wollen mit ihrem Schnelllade-Testbus beweisen, dass auch eine Talkessel-Stadt wie Dresden vollständig durch Elektrobusse erschlossen werden kann. Denn das mit Passagieren vollbeladene Mobil muss auf seiner Pendelfahrt zwischen den Stadtteilen Gruna und Bühlau mit seinem Akku und Elektroantrieb auch die recht steile Grundstraße schaffen – und das nur mit einer Zehn-Minuten-Schnellladung.
Letzter O-Bus fuhr 1975 über Loschwitzer Brücke
Bis Mitte der 1980er Jahre verkehrte noch eine Straßenbahn über die Loschwitzer Brücke („Blaues Wunder“), insofern ist die letzte elektrische Fahrt erst 30 Jahre her. Der letzte Elektrobus fuhr allerdings im Jahr 1975 dort entlang, also vor 40 Jahren. Dabei handelte es sich damals jedoch um einen O-Bus, der seinen Strom aus der Oberleitung zog.
10 Minuten Schnellladung sollen bis Bühlau reichen
Der von der inzwischen insolventen ostdeutschen Busfirma „Göppel“ eigens für das IVI konstruierte heutige Fraunhofer-Bus wird dagegen von einer Kombination aus Elektromotoren und einem Lithium-Akku angetrieben, „tankt“ insofern unterwegs keinen Strom nach. Seinen Energiespeicher füllt er über einen ausfahrbaren Schnellladebügel am Endpunkt in Gruna. Der speist binnen zehn Minuten den Lithium-Akku im Bus. Solche eine Schnellladung muss reichen, um den Testbus hoch nach Bühlau und wieder zurückzubringen – insgesamt rund 20 Kilometer.
Feuertaufe auf der Uni-Linie 61
Seine Feuerprobe im Passagierbetrieb hatte der Pilotbus zuvor auf der Linie 61 – die vor allem auch von TU-Studenten genutzt wird – im Dresdner Stadtnetz bestanden. „Fahrer wie Fahrgäste waren begeistert“, berichtet Prof. Klingner. Auf der kürzeren und nicht ganz so bergigen Strecke habe sogar eine fünfminütige Schnellladung gereicht, um die gesamte Tour rein elektrisch zu schaffen.
E-Bus verstärkt Dieselflotte
Der neue Bus soll voraussichtlich ab Montagmorgen zwischen Gruna und Bühlau pendeln. Wer ihn ausprobieren will: Zu erkennen ist der Elektro-Bus an seinem türkisfarbenem Dach. Wenn der Fördergeldgeber sein Okay gibt, soll der „Elektrische“ zwischen dem 23. Februar und dem 27. März 2015 eingesetzt werden – zusätzlich zu den normalen Diesel-Linienbussen, wie Falk Lösch, der Sprecher der „Dresdner Verkehrsbetriebe“ (DVB) auf Oiger-Anfrage sagte.
Auch Polen liefern demnächst Elektrobus
Unterdessen bereiten Fraunhofer und DVB bereits die nächsten Elektrobus-Projekte vor: So will der polnische Busbauer „Solaris“ Ende März einen größeren Elektrobus nach Dresden liefern, den DVB und TU Dresden ab Ende März oder Anfang April gemeinsam auf der Linie 79 testen möchten, kündigte Falk Lösch an. Das IVI wartet derweil auf die End-Montage einer größeren Ausgabe des eigenentwickelten Schnelllade-Busses. Der wird aber wahrscheinlich nicht in Dresden, sondern in einer anderen Stadt getestet.
Archivvideo: Auch der längste Bus der Welt, die Dresdner "Autotram Extra Grande", wurde durch Göppel montiert:
Traum von Elektrobus-Fabrik in Sachsen erst mal ausgeträumt
Einige besonders ambitionierte Pläne der IVI-Forscher haben sich allerdings inzwischen zerschlagen: Die Fraunhofer-Pilotbusse wurden nämlich – genauso wie die Dresdner „Autotram Extra Grand“ – von der „Göppel Bus GmbH“ gebaut. Das thüringische Unternehmen ist jedoch pleite gegangen. Alle Versuche des IVI, einen Göppel-Kern als neuen Hightech-Busbauer in Sachsen anzusiedeln, seien mittlerweile jedoch gescheitert, räumte Matthias Klingner ein. „Damit ist der Traum einer Elektrobus-Produktion hier im Freistaat erst mal ausgeträumt.“ Autor: Heiko Weckbrodt
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