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Internetzensur befürchtet: morgen Urteil im GEMA-Youtube-Streit erwartet

Youtube und GEMA erwarten ein Grundsatzurteil. Abb.: GEMA, Youtube; Montage: hw

Youtube und GEMA erwarten ein Grundsatzurteil. Abb.: GEMA, Youtube; Montage: hw

Hamburg, 19.4.2012: Im Streit um GEMA-geschützte Videos auf Youtube wird für morgen ein Urteil des Landgerichtes Hamburg erwartet. Die Rechtegesellschaft GEMA will letztlich von dem Videoportal eine Vergütung für urheberrechtgeschützte Werke und den Einsatz von Sperrfiltern erstreiten. Auf der einen Seite geht es um wirtschaftliche Interessen beider Streitparteien – strittig ist im Hintergrund vor allem die Höhe der GEMA-Abgabe. Andererseits befürchten nicht nur Medienrechtler, dass durch die von der GEMA gewünschten Stichwort-Filter auch rechtefreie Videos ausgesperrt würden.

Verdacht: Beide Seiten spannen Nutzer vor ihren Karren

Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass beide Streitparteien die Internetgemeinde vor ihren Karren zu spannen versuchen. Der Hintergrund: Laut GEMA-Angaben hatte Youtube bis zum 1. April 2009 einen Nutzungsvertrag mit der Verwertungsgesellschaft. Weil sich beide Seiten jedoch nicht über die künftige Höhe der Abgaben einigen konnten, endete der Vertrag. Daraufhin begann Youtube, zahlreiche Videos mit dem Verweis auf die GEMA in Deutschland zu sperren. Man kann indes die Mutmaßung anstellen, dass Youtube damit bewusst Unmut in der Internet-Gemeinde aufbauen wollte, um Geschütze im finanziellen Streit mit der GEMA in die Hand zu bekommen.

GEMA: Youtube scheffelt ordentlich Kohle mit unbezahlten Videos

Im konkreten Prozess geht es jedenfalls äußerlich nur um zwölf Werke, deren Nutzung durch Youtube die GEMA gerichtlich verhindern will. Daher argumentiert die Rechtegesellschaft, die Sperrung zahlreicher anderer Videos durch Youtube sei eine Entscheidung des Videoportals, das immerhin „erhebliche Werbeeinnahmen“ durch die unbezahlte Nutzung dieser Werke erziele. Die Google-Tochter Youtube selbst verweigert jede öffentliche Angabe über die Höhe ihrer Werbeeinnahmen. Anzunehmen ist, dass es sich um hohe Millionen-, wenn nicht sogar Milliardenbeträge handelt.

Allerdings ist auch die Argumentation der GEMA, sie sei nicht schuld an den Videosperrungen, da sie ja nur wegen zwölf Werken streite, wohl nur die halbe Wahrheit. Denn in Zivilprozessen wie diesen ist es eine gängige Methode, Präzedenzurteile herbei zu führen und im Erfolgsfall dann – auch rückwirkend – Schadensersatz für entgangene Einnahmen in ähnlich gelagerten Fällen zu fordern. Insofern dürften die Videosperrungen durch die Google-Tochter auch eine prophylaktische Maßnahme gewesen sein.

Wortfilter könnten auch rechtmäßige Videos sperren

Christian Solmecke

Christian Solmecke. Abb.: WBS/Typemania

Ungeachtet dieser letztlich finanziellen Schlammschlacht weist der auf Internetrecht spezialisierte Kölner Anwalt Christian Solmecke auch auf die Gefahr einer Internetzensur für den Fall hin, dass sich die GEMA durchsetzt. „Nach Auffassung von Youtube ist das derzeit verwendete System Content-ID durchaus geeignet, Rechtsverletzungen vorzubeugen“, referiert Solmecke. „Dieses System gleicht hochgeladene Videos mit Referenzdateien ab, die Rechteinhaber zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen zur Verfügung gestellt haben. Der GEMA geht dieses System jedoch nicht weit genug. Sie verlangt stattdessen den Einsatz eines Wortfilters, der hochgeladene Videos anhand ihrer Beschreibung blockiert. Youtube ist dagegen der Ansicht, dieser Filter sei zu fehleranfällig und führe dazu, dass auch nicht urheberrechtsverletzende Videos blockiert werden.“

Nutzen von Filtern umstritten

Der Anwalt hält Stichwort-Filter allerdings ohnehin für nutzlos: Die Erfahrungen in Torrent-Netzwerken und auf anderen Netzportalen hätten gezeigt, dass gerade diejenigen Uploader, die sich sehr wohl bewusst seien, dass sie Piraterie betreiben, ihre hochgeladenen Dateien mit leicht modifizierten Stichworten versehen, um Filter auszutricksen. Heiko Weckbrodt

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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