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Dresdner Syrer spinnt in Finnland Leichtbau-Fasern aus Holz

Das BMW-Werk in Leipzig baut ab Juli 2016 diese "Protonic Red Edition" des Hybrid-Sportwagens i8. Foto: BMW

BMW verwendet für seinen Hybrid-Sportwagen i8 Karbon-Bauteile, damit er nicht zu schwer wird. Entsprechend hoch ist allerdings der Preis. Billige und halbwegs umwelt freundliche Verfahren für eine Massenproduktion der Kohlefasern sind gefragt. Foto: BMW

Forscher Al Aiti will aus Lignin-Abfallbergen Karbon-Bauteile für Autos und Windräder machen, statt dafür Erdöl zu zerfasern

Dresden/Tampere, 1. August 2018. Der aus Syrien eingewanderte Nachwuchs-Werkstoffwissenschaftler Muhannad Al Aiti hat in Dresden einen Weg gefunden, letztlich leichte Autos aus Holzresten zu spinnen. Genauer gesagt: Seine Doktorarbeit beschreibt,  wie sich Kohlefasern für Karbon-Bauteile statt aus Erdöl künftig aus Lignin-Abfällen der Papierindustrie herstellen lassen. Die TU Dresden und das Leibniz-Institut für Polymerforschung (IPF) Dresden stufen dieses Forschungsergebnis ihres gemeinsamen Mitarbeiters als Durchbruch für den Karbon-Leichtbau in der Auto- und Windkraftmaschinen-Industrie ein. Die Eckpunkte seiner Promotion haben Al Aiti, sein Doktorvater Prof. Gert Heinrich und weitere Kollegen nun in der Fachzeitschrift „Progress in Materials Science“ publiziert.

Industrie synthetisiert Kohlefasern meist aus Öl oder Pech

Hintergrund: Karbon gilt derzeit als ein Lieblings-Material für Ingenieure, die Flugzeuge, Elektroautos oder Windkraftrotoren leichter konstruieren wollen. Allerdings ist dieser Werkstoff aus speziell angeordneten und verklebten Kohlenstofffasern noch relativ teuer. Zudem stellt die Chemieindustrie die meisten Kohlefasern aus Erdöl oder Pech her. Daher suchen Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten nach umweltfreundlicheren Rohstoffquellen, die auch billig und massenhaft verfügbar sind.

Lignin lässt Pflanzen verholzen. Und ist ein Abfallprodukt der Papierindustrie. Ingenieure wollen daraus massenhaft Kohlefasern für Karbon-Leichtbauteile herstellen. Foto: Muhannad Al AitiLignin lässt Pflanzen verholzen. Und ist ein Abfallprodukt der Papierindustrie. Ingenieure wollen daraus massenhaft Kohlefasern für Karbon-Leichtbauteile herstellen. Foto: Muhannad Al Aiti

Lignin lässt Pflanzen verholzen. Und ist ein Abfallprodukt der Papierindustrie. Ingenieure wollen daraus massenhaft Kohlefasern für Karbon-Leichtbauteile herstellen. Foto: Muhannad Al Aiti

Lignin gibt Bäumen Standkraft

Als ein Kandidat dafür gilt ein natürliches Polymer-Molekül, das Bäumen Stabilität gibt und Pflanzen verholzen lässt: Lignin, das nach dem lateinischen Wort für „Holz“ benannt ist. „Jedes Jahr fallen etwa 50 Millionen Tonnen Lignin in der Papierindustrie an, die bisher fast vollständig wieder verbrannt werden“, berichtete Al Aiti. „Mich hat interessiert, wie Lignin kostengünstig aufbereitet und zu Fasern verarbeitet werden kann, um dem Massenmarkt zu genügen. Die hohen Herstellungskosten der etablierten Kohlenstofffasern blockieren den Durchbruch am Markt bisher.“

Praxistest in Finnland

Indem er die Herstellungsschritte vom Lignin-Abfall zur Kohlefaser nicht nur chemisch, sondern auch mit physikalischen Methoden analysierte, fand der Nachwuchs-Forscher einen vielversprechenden Produktions-Ansatz. Praktisch erproben will er dieses Konzept nun an der Technischen Universität Tampere in Finnland, mit der IPF Dresden bereits in der Vergangenheit kooperiert hat. Al Aiti möchte dort seine Lignin-basierten Kohlenstofffasern mit einem speziellen Spinnverfahren herstellen. Sein Ziel ist es, daraus einen industriereifen, billigen und umweltfreundlicheren Produktionsprozess zu entwickeln.

Als Stipendiat von Syrien nach Deutschland gekommen

Muhannad Al Aiti kam 2009 als Stipendiat von Syrien nach Deutschland. Seit 2016 ist er deutscher Staatsbürger, teilte die TU Dresden mit.

Dieser Pavillon in Kahla in Thüringen demonstriert, welch interessante und leichte Bauformen durch Dresdner Carbonbeton möglich sind. Foto: Ulrich van Stipriaan, TUD

Dieser Pavillon in Kahla in Thüringen demonstriert, welch interessante und leichte Bauformen durch Dresdner Carbonbeton möglich sind. Foto: Ulrich van Stipriaan, TUD

Sowohl am IPF wie auch an der Uni arbeiten Forscher bereits seit Jahren erfolgreich an innovativen Verarbeitungsverfahren für Kohlefasern. Dresdner Ingenieure gelten unter anderem als Pioniere für besonders leichten Karbonbeton, effektive Karbon-Wickelverfahren und Karbon-Tests.

Autor: hw

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt