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Wirbelströme toben im Karbon

Suragus-Chef Marcus Klein legt eine Siliziumscheibe ("Wafer") in ein Messgerät ein, das Wiebelströme die dünnen Schichten sendet, um Defekte und Zuverlässigkeit der Schicht zu erkennen. Foto: Heiko Weckbrodt

Suragus-Chef Marcus Klein legt eine Siliziumscheibe („Wafer“) in ein Messgerät ein, das Wiebelströme die dünnen Schichten sendet, um Defekte und Zuverlässigkeit der Schicht zu erkennen. Foto: Heiko Weckbrodt

Weil Messgeräte aus Sachsen weltweit gefragt sind, wächst auch Suragus in Dresden.

Dresden, 7. Februar 2018. Die Dresdner Spezialmesstechnik-Firma Suragus wächst: Die Fraunhofer-Ausgründung sucht derzeit neue Software- und Elektronik-Entwickler, um die steigende weltweite Nachfrage für Wirbelstrom-Messgeräte aus Sachsen zu befriedigen. „Wir bewegen uns in dynamischen Märkten. Unsere Kunden sind international führende Innovatoren“, erklärte Suragus-Chef Marcus Klein. „Daher ich rechne damit, dass unser Unternehmen in den nächsten Jahren weiter zulegen wird.“

Von Fraunhofer-Ingenieuren gegründet

Die Ursprünge von Suragus liegen bei Fraunhofer: Ingenieure des Dresdner Instituts für Zerstörungsfreie Prüfverfahren hatten die Firma im Jahr 2010 an der Maria-Reiche-Straße gegründet. Seither entwickelt und produziert Suragus im städtischen Nanozentrum besonders schnelle und präzise Messgeräte für kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff (Karbon) und für dünne Schichten, wie sie beispielsweise in Smartphone-Bildschirmen stecken.

Wirbelströme ermitteln Defekte und Haltbarkeit von Hightech-Werkstoffen

Diese Messgeräte induzieren Wirbelströme in die Werkstoffe beziehungsweise Schichten. Dann analysieren sie mit speziellen Sensoren, wie gut oder schlecht das Material diese Ströme leitet. Computerprogramme ziehen daraus Rückschlüsse auf die innere Struktur, Dicke, Festigkeit, Defekte und andere Werkstoffeigenschaften. Mit solchen Geräten lässt sich beispielsweise prognostizieren, wie haltbar später im Auto ein Karbonbauteil sein wird oder wie zuverlässig ein Handy-Bildschirm auch nach Jahren noch auf Fingergesten reagiert.

50.000 Messungen pro Sekunde

Zwar gibt es auch andere Möglichkeiten, Materialien zu analysieren, zum Beispiel mit Röntgenstrahlen, Ultraschall oder mechanische Zugtests. Diese Verfahren sind aber oft zu langsam, zu teuer, zu unpräzise – oder zerstören gar das getestete Bauteil. Die Suragus-Technik ist da zackiger: Sie erlaubt bis zu 50.000 Messungen pro Sekunde und liefert präzise zerstörungsfreie Analysen. Zu den Kunden der Dresdner gehören daher führende Smartphone- und Flugzeughersteller sowie deren Schlüsselzulieferer. „Aktuell sichert unsere Technologie, dass nur einwandfreies Karbon in den Rumpf von Großraumflugzeugen eingebaut wird“, sagt Klein. Mittlerweile realisiere die Firma 85 Prozent ihres Umsatzes im Ausland – von Australien bis Peru, von den USA, über China und Vietnam bis Neuseeland.

Weiteres Wachstum absehbar

In den vergangenen drei Jahren habe sich der Umsatz verdoppelt, die Belegschaft von 20 auf 30 Mitarbeiter vergrößert, sagt Klein. Bis 2022 wolle er weitere 15 Spezialisten einstellen. Dann stehen womöglich auch ein Auszug aus dem Nanozentrum in Dresden-Klotzsche und der Bau einer eigenen Messgeräte-Fabrik zur Debatte.

Die Brücke Naila wird mit Karbonbeton saniert. Foto: C³ - Jörg Singer.

Nicht nur für Autos und Flugzeuge, sondern auch für Brücken-Sanierungen und Neubauten wird inzwischen Karbon eingesetzt. Foto: C³ – Jörg Singer.

Weltweiter Trend hin yum Karbon

Beflügelt wird das Wachstum durch internationale Trends, die gerade richtig Fahrt aufnehmen und eines gemeinsam haben: Ohne exzellente Messtechnik funktionieren sie nicht. So setzen beispielsweise immer mehr Unternehmen Karbon ein, um leichtere Autos, Flugzeuge und andere Vehikel zu bauen. „Karbon wird durch den zunehmenden Einsatz im Transportwesen immer günstiger und dadurch attraktiv auch für andere Anwendungen, wo durch der Preis weiter sinkt.“, berichtet der Suragus-Chef. „Und je mehr Firmen dieses Material einsetzen, umso billiger wird es – und umso mehr nutzen dann wieder Karbon.“ Und das generiert wiederum mehr Aufträge für die Dresdner.

Keine Industrie 4.0 ohne Messtechnik

Auch holen mehr und mehr Industriezweige eine Entwicklung nach, die die Chipindustrie bereits vor etwa fünf bis zehn Jahren durchgemacht hat: Unter dem Etikett „Industrie 4.0“ entstehen hochproduktive, stark automatisierte und vernetzte Fabriken, die ihre Produktion selbstständig regeln. „Und wer regeln will, muss erstmal messen“, erklärt Klein, warum dieser Trend für Aufträge bei Suragus sorgt.

In der hochautomatisierten, vernetzten Fabrik der Zukunft (Industrie 4.0) handeln Maschinen, Roboter und Werkstücke die Fertigungsabläufe selbstständnig untereinander aus. Abb.: Silicon Germany AG

Ohne Messgeräte keine Industrie 4.0. Abb.: Silicon Germany AG

Tetrapaks berechnen ihr Verfallsdatum künftig selbst

Nicht zuletzt wächst bereits das vielbeschworene „Internet der Dinge“ (englisch: IoT), in dem alles mit allem vernetzt ist : „Jacken, Milchpackungen. Cola-Flaschen – immer mehr wird in nächster Zeit funktionalisiert“, prophezeit Klein und stützt sich dabei auf die Einblicke, die ein führender Messtechnik-Hersteller eben in die verschiedenen Branchen gewinnt. In naher Zukunft werden Sensoren auf Flaschen und Tetrapaks die Temperatur überwachen und kleine Bildschirme Verfallsdaten oder gar Animation einspielen. Auch kommen mehr Jacken, Sportsachen und andere Kleidung in den Handel, in denen serienmäßig gedruckte Batterien und Sensoren eingenäht sind, ist der Suragus-Chef überzeugt. Diese „intelligenten“ Textilien werden uns die neuesten WhatsApp-Nachrichten anzeigen, uns vor Herzrasen warnen und uns vollnörgeln, wenn wir heute noch nicht genügend Schritte gelaufen sind. Klein: „Und dahinter stecken meist dünne Schichten, die mit unseren Messgeräten charakterisiert werden.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Mehr Infos im Netz: suragus.com

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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