Neue Datenschutz-Grundverordnung animiert Abmahnanwälte
Köln, 3. Juni 2018. Die ersten Abmahnungen wegen der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), die am 25. Mai 2018 in Kraft getreten ist, haben nun deutsche Unternehmen getroffen. Das berichtet der auf Internetrecht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke aus Köln.
Internetrechtler: Abmahn-Anwälte kennen sich mit neuer Grundverordnung auch noch nicht richtig aus
Zu einer breiten Abmahnwelle sei es bisher allerdings noch nicht gekommen, schätzte er ein. Das liege womöglich auch daran, dass die neue Verordnung schwer zu durchschauen sei. „Selbst Abmahner wissen im Moment augenscheinlich noch nicht, was hinter vielen Regelungen der DSGVO steckt“, ist Solmecke überzeugt.
Schriftdienst „Google-Fonts“ als Angriffspunkt
In einem Fall hatte – laut Solmecke – Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei „SP Wiediger & Partner“ einen Betroffenen abgemahnt, weil dieser er über seine Webseite durch die Nutzung des Dienstes „Google-Fonts“ Nutzerdaten an Google weiterleite, ohne dass ein Einverständnis der Nutzer in die Datenweitergabe vorgelegen habe. Die Nutzer hätten vor der Weiterleitung der Daten weder die Möglichkeit gehabt, dem zu widersprechen noch vorher die Datenschutzerklärung zu lesen. Die Abmahnabwälte forderten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und rund 300 Euro Rechtsanwaltskosten vom Abgemahnten. Sie sahen darin einen Wettbewerbsverstoß und beriefen sich auf den Paragraphen 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Wer gar keine Datenschutz-Erklärung hat, macht es den Advokaten leicht
In einem zweiten Fall hatte der Augsburger Anwalt Orhan Aykac einen Seitenbetreiber abgemahnt, weil dieser keine Datenschutz-Erklärung auf der Website hatte. Er forderte eine Unterlassungserklärung und rund 730 Euro vom Abgemahnten.
Selbst mutmaßlich ungerechtfertigte Abmahnungen keinesfalls ignorieren
Solmecke bezweifelte, dass hier Wettbewerbsverstöße vorliegen, die eine DS-GVO-Abmahnung rechtfertigen. Denn die Grundverordnung sei von der EU als Abwehrrecht des Endverbrauchers gegen Internet-Unternehmen gedacht, nicht als Marktregulierung zwischen den Unternehmen. Es bleibe aber abzuwarten, wie die deutschen Gerichte dies sehen. In jedem Fall müssten die Betroffenen die Abmahnung ernst nehmen: Wer sie ignoriert, riskiert eine noch teurere einstweilige Verfügung. „In jedem Falle sollten Betroffene die oft nachteilig vorformulierten Unterlassungserklärungen prüfen lassen“, rät die Kanzlei. „Auch die geforderten Rechtsanwaltskosten sollten überprüft werden, ob diese nicht Angriffspunkte bieten, um sie zu verringern.“
Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig hatte sich erst kürzlich skeptisch geäußert, dass es zu einer größeren Abmahnwelle durch Anwälte komme – eben weil die Abmahnanwälte zunächst einen Wettbewerbsverstoß darlegen müssten.
Autor: Heiko Weckbrodt
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