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Charmante Mörder: Doku über Pol Pot auf DVD

Pol Pot nach seiner Gefangennahme (links) und als "Bruder Nummer 1" (links auf dem rechten Bild). Abb.: Absolut Medien

Pol Pot nach seiner Gefangennahme (links) und als „Bruder Nummer 1“ (links auf dem rechten Bild). Abb.: Absolut Medien

Wie die Roten Khmer Kambodscha in eine idealisierte Steinzeit zurückzuwerfen versuchten

Zwischen 1975 und 1979 errichteten die „Roten Khmer“ ein steinzeit-kommunistisches Terrorregime in Kambodscha: Sie entvölkerten die großen Städte, erschlugen Lehrer und andere Intellektuelle, löschten ganze Familien aus, schafften das Geld ab, sie schlossen Schulen, Krankenhäuser und Banken. Aus Pagoden machten sie KZs. Die volle Bilanz des Schreckens wurde erst offenbar, als die Vietnamesen einmarschierten und die Führungsclique um den „ersten Bruder“ Pol Pot vertrieben: Die roten Khmer hatten bis dahin schätzungsweise 1,7 Millionen von einst sieben Millionen Kambodschanern ermordet oder verhungern lassen. Der Filmemacher Adrian Maben hat den Aufstieg, den Fall und die Nachwehen des Pol-Pot-Regimes in einer dreiteiligen Dokumentation „Pol Pot und die Roten Khmer“ festgehalten, die nun auf DVD erschienen sind.

„Mit sanften Worten in den Tod

„Man trifft nie die Monster, die man erwartet“, sagt dort beispielsweise der Konflikt-Forscher Dr. Craig Etcheson über Pol Pot, der nach seinem Sturz noch jahrelang im Dschungel überlebte. Auf den ersten Blick sei dieser Gewaltherrscher fast allen seinen Gesprächspartnern als ein ausgesprochen freundlicher, ruhiger und durchweg vernünftiger Mann erschienen, der mit seinem Charme Bauern wie Prinzen einwickelt – „und mit sanften Worten in den Tod schickte“, wie es ein enger Mitarbeiter des Diktators formulierte.

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Pol Pot: Radioelektroniker, Bruder Nr. 1, Massenmörder

Kein Wunder: Anders als das bäuerlich-harte Leben, das er seinen Untertanen zu diktieren suchte, führte Pol Pot lange ein ganz und gar weltliches, städtisches Leben, wusste sich in allen gesellschaftlichen Schichten geschmeidig zu bewegen: Vermutlich 1925 unter dem Namen Saloth Sar als Sohn wohlhabender Eltern geboren, genoss er zunächst eine Ausbildung in einer französischen Kolonialschule, studierte später – mit mittelmäßigen Erfolgen – Radioelektronik in Paris. Dort geriet er erstmals in engeren Kontakt zu kommunistischen Kreisen. Nach seiner Rückkehr nach Asien engagierte er sich zunächst in der vietnamesisch dominierten Kommunistischen Partei Indochinas. Später wandte er sich stärker nationalistischen und agrar-kommunistischen Bewegungen zu, gründete die „Roten Khmer“ mit.

Verbrechen im Namen einer „besseren Welt“

Als deren „Bruder Nummer Eins“ setzte er nach dem Einmarsch in Phnom Penh alles daran, in Kambodscha seine Utopie einer naturnahen, bäuerlichen Einheitsgesellschaft zu realisieren – was in einen der schlimmsten Völkermorde des 20. Jahrhunderts mündete. Pol Pot hatte insofern einiges gemein mit anderen grausamen Diktatoren der Neuzeit: „Solche Männer begehen furchtbare Verbrechen, weil sie sie für notwendig halten, um eine bessere Welt zu erschaffen“, formuliert es Craig Etcheson.

Seltene Aufnahmen und Original-Interview mit Pol Pot

Der französische Regisseur Adrian Maben hat diese kambodschanische Tragödie in drei Dokus filmisch aufgearbeitet: „Bilanz des Schreckens“ stellt die Verbrechen der Roten Khmer in den Mittelpunkt, „Das System Pol Pot“ den Aufstieg, Machterhalt und Fall des Diktators und „Schuld ohne Sühne“ schließlich beleuchtet das spätere Kambodscha, das sich mit der Aufarbeitung der Pol-Pot-Zeit ungemein schwer tat und tut. Zu Wort kommen Opfer und Täter, Forscher und Dokumentaristen, Prinz Sihanouk ebenso wie Pol Pot höchstselbst.

Fazit: Filmische Anklage eines „wohlmeinenden“ Terrorregimes

Entstanden sind die drei Dokus Ende der 1990er Jahre bis zum Jahr 2001. Erschienen sind sie nun auch in Deutschland bei Absolut Medien in der „arte Edition“ auf DVD. Hart, ungeschminkt und anklagend breiten sie eines der finstersten Kapitel Indochinas aus. Wer sich für neuere Geschichte, ihre totalitären Auswüchse und deren Aufarbeitung interessiert, sollte sich diese filmische Dokumentation nicht entgehen lassen.

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

  • Titel der DVD-Box: „Pol Pot und die Roten Khmer“
  • Genre: Dokumentation
  • Regie: Adrian Maben
  • Länge (insgesamt): 156 Minuten
  • Produktion: Frankreich 2001
  • DVD-Veröffentlichung in Deutschland: Absolut Medien, 2018
  • Preis: 14 Euro

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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