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Der Lackauftrag kommt per iPad

Blick in die Karosserie-Halle bei den Bertholdts. Foto: Heiko Weckbrodt

Blick in die Karosserie-Halle bei den Bertholdts. Foto: Heiko Weckbrodt

Lackier- und Karosseriewerkstatt Bertholdt Dresden setzt auf Digitalisierung

Dresden, 25. September 2024. Digitalisierung kann Meistern helfen, Antworten auf Fachkräftemangel, für die Mitarbeiter-Bindung und auf verändertes Kundenverhalten zu finden – darauf weisen Präsident Jörg Dittrich und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski von der Handwerkskammmer (Hwk) Dresden gern und oft hin. Und das sieht auch Unternehmer Jens Bertholdt ganz ähnlich, dessen Familie seit über 50 Jahren in Dresden Reick eine Autowerkstatt betreibt: „Wir kümmern uns um 50 bis 60 Autos pro Woche“, erklärte er bei einem Besuch der Kammerspitze in seiner Firma. Da komme man mit Zettelwirtschaft wie früher nicht mehr weit.

Jens Bertholdt (Mitte) führt Präsident Jörg Dittrich (links) und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski von der Handwerkskammmer Dresden durch den Familienbetrieb Bertholdt Karosserie & Lack in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

Jens Bertholdt (Mitte) führt Präsident Jörg Dittrich (links) und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski von der Handwerkskammmer Dresden durch den Familienbetrieb Bertholdt Karosserie & Lack in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

Bertholdts gelten als ein Vorreiter für computergestütztes Handwerk

Er hat deshalb die Arbeitsplanung im Familienbetrieb konsequent digitalisiert: Von seinem Büro aus ordnet er am Rechner die Aufträge nach Reihenfolge, Dringlichkeit beziehungsweise Ressourcen – und sendet sie dann den seinen Lackierern, Karosseriebauern und anderen Mitarbeitern aufs iPad oder auf das Android-Tablett. „Dabei kann ich auch immer gleich berücksichtigen, wer da ist, wer krank ist, wie weit die Arbeiten schon fortgeschritten sind und anderes mehr“, erzählt er, während er den Gästen mit Mausklicks und Gesten die schöne neue digitale Handwerkswelt vorführt. Bei den Bertholdt sei moderne Technik eben „die Hauptsache“, lobt die Hwk-Spitze. „Von der Schadensmeldung über den Reparaturstand bis hin zur Fertigstellung des Auftrages läuft alles digital ab.“

Jens Bertholdt (Mitte) führt Präsident Jörg Dittrich (links) und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski von der Handwerkskammmer Dresden durch den Familienbetrieb Bertholdt Karosserie & Lack in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

Jens Bertholdt (Mitte) führt Präsident Jörg Dittrich (links) und Hauptgeschäftsführer Andreas Brzezinski von der Handwerkskammmer Dresden durch den Familienbetrieb Bertholdt Karosserie & Lack in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

Bescheidene Anfänge zu DDR-Zeiten: Neue Farbe für Wartburg, Trabbi & Co. in einer Mini-Lackiererei

An solche Raffinessen war 1972, als sein Vater eine alte Lackiererei an der Tornaer Straße übernahm, gar nicht zu denken: Mit zwei Kollegen lackierte Bertholdt damals in eine kleinen Garage verunfallte Wartburgs und Trabis in dem bescheidenen Umfang, den die sozialistischen Planwirtschaftler kleinen Privatunternehmen damals eben zugestanden. 1983 hatte dann auch der Junior ausgelernt und stieß zum Kollektiv dazu.

Familienbetrieb nach der Wende für über 1,5 Millionen ausgebaut

Der eigentliche Schub kam dann mit der Wende: Die Familie richtete eine Karosserie-Abteilung ein, baute eine zweite Lackier-Halle und erweiterte den Betrieb peu à peu. „Insgesamt haben wir seit der Übernahme so um die 1,5 bis zwei Millionen in das Unternehmen investiert“, schätzt der inzwischen 59 Jahre junge Jens Bertholdt. Die letzte größere Erweiterung sei erst 2019 gewesen, als die Familie eine größere Karosserie-Halle anbaute. Auch im Stromer-Markt mischen die Bertholdts inzwischen mit: Sie qualifizierten die mittlerweile 37-köpfige Belegschaft so weiter, dass der Betrieb danach Vertragspartner für Tesla und für den chinesische Elektroauto-Pionier „Nio“ wurde.

Nachbarschaftspflege gehört auch zum Handwerk

Und neben der fortwährenden Weiterbildung und Digitalisierung hat der Betrieb auch ganz besondere Standort-Herausforderungen zu meistern: Wie zu DDR-Zeiten gar nicht so selten, war die ursprüngliche Lackiererei inmitten einer Wohngegend entstanden. „Das ist auf der anderen Seite gut für die Kunden, die dadurch kurze Anfahrtswege haben“, schätzt Jens Bertholdt ein. „Auf der anderen Seite haben wir hier in der Nähe Wohnhäuser und gleich nebenan eine Kleingartenanlage – und das macht es nicht immer einfach.“ Denn wann immer ein seltsamer Geruch durchs Viertel wabert – und sei es nur eine angebrannte Kaffeebohnen-Anröstung – oder ein seltsamer Film in einer Regentonne auftaucht, kann der Werkstatt-Chef damit rechnen, dass manch Anwohner die Schuld zu aller erst in der nahen Autowerkstatt suchen wird. Insofern seien permanente Nachbarschaftspflege und Informationsaustausch mit den Gärtnern ein wichtiger Schlüssel, um in einem Wohn-Gewerbe-Mischgebiet miteinander auszukommen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch, Auskünfte Jens Bertholdt, Handwerkskammer

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt