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Bei Redwood Dresden verschmelzen Tischler-Handwerk und virtuelle Welten

Patrick und Thorsten Henseler in der Werkstatt ihrer "Redwood"-Möbelmanufaktur in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Patrick und Thorsten Henseler in der Werkstatt ihrer „Redwood“-Möbelmanufaktur in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Bei den Brüdern Henseler werden aus digitalen Prototypen handgemachte Unikate aus Holz – ihre Kunden angeln sie per Internet

Dresden, 24. September 2024. Wie kann eine kleine Tischlerei auch Kunden weit über ihre Heimatregion hinaus angeln? Digital natürlich. Indem sich Meister und Ingenieur zusammentun, die, wie im Falle der „Redwood Möbelmanufaktur Dresden“, gar noch Brüder sind. „Wir sprechen unsere Kunden vor allem online an“, verrät Thorsten Henseler, der Informatiker und Ingenieur im Bunde. Durch offensive Möbelpräsentationen im Internet, aber auch durch stete Werbung über Google, Tiktok und Co. – „die wissen, wann ein Kunde kaufbereit ist“, sagt Henseler, wenn er über die großen Datensammler im Netz spricht.

Kammerpräsident: Handwerker setzen auf Digitalisierung

Und das hybride Konzept geht auf: Die Tische, Stühle, Anrichten und anderen Möbel, die sein meisterlicher Bruder Patrick mit fünf weiteren Tischlern baut, finden deutschlandweit Anklang und darüber hinaus. Die Umsätze der vor drei Jahren gegründeten Manufaktur wachsen, das Geschäft läuft. „Redwood ist ein gutes Beispiel dafür, wie gut Digitalisierung im Handwerk funktionieren kann“, schätzt der Dresdner Handwerkskammer-Präsident Jörg Dittrich bei einem Besuch in der Manufaktur ein. So setzen laut Dittrich inzwischen auch viele kleine Meisterbetriebe in Sachsen digitale Werkzeuge ein, um ihre Arbeitsabläufe, die Fertigung und die Planung effizienter zu machen, andere, wie eben die Henselers, vermarkten damit ihre Produkte landesweit oder international.

In Namibia geboren, in Deutschland gegründet

Und es sind eben nicht nur die virtuellen Schaufenster, mit denen die Brüder überregional glänzen, sondern eben auch mit ihrer Symbiose aus informationstechnologischer und handwerklicher Expertise: Als Söhne deutscher Auswanderer wurden beide in Namibia geboren. In Afrika,aber auch in Australien, Asien und Europa absolvierte Patrick seine Lehr- und Wanderjahre als Tischler. In die fremde „Heimat“ Deutschland übergesiedelt, studierte sein Bruder Thorsten an der Bergakademie Freiberg, arbeitete dann bei VW Chemnitz und forschte an seiner Alma Mater.

Die Möbelmanufaktur Redwood Dresden hat sich in einer ehemaligen MLK-Gießerei angesiedelt. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Möbelmanufaktur Redwood Dresden hat sich in einer ehemaligen MLK-Gießerei angesiedelt. Foto: Heiko Weckbrodt

Möbelmanufaktur wächst in alter Gießerei-Halle

„2020 waren wir soweit, dass wir beide einen neuen Schritt machen“, erinnert sich Thorsten Henseler. Ihm schwebte etwas mit Online-Handel vor, sein Bruder war in Holz verliebt – und so kombinierten sie diese Ambitionen. In einer ehemaligen Gießerei-Halle des einstigen VEB Metalleichtbaukombinats an der Niedersedlitzer Straße gründeten sie ihre „Redwood“-Manufaktur. Die beschäftigt inzwischen sieben Menschen. Sie haben sich auf Schreibtische aus Edelholz, Tische mit eingebauten Felgen für Autonarren, Designer-Hocker, Schallplatten-Schränke im japanisch-schwedischen Fusionsstil „Japandi“ und andere Möbel vor allem aus Massivholz spezialisiert.

Hyperrealistische Schauräume im Netz

Ganz billig sind diese Einzelanfertigungen nicht – aber gefragt sind die sehenswerten Handwerksstücke dennoch. Um diese Möbel im Netz in ein noch besseres Licht zu rücken und die Umsätze weiter anzukurbeln, feilt Thorsten Henseler an seinem jüngsten Digitalprojekt: Er formt ein virtuelles Haus, dass er ins Internet stellen und dort den Kunden in spe in einer hyperrealistisch nachgebildeten Wohnumgebung zeigen will, wie die Meisterstücke seines Bruders im Raum wirken. Die „Urstücke“ für neue Möbel entstehen in der Manufaktur ohnehin schon im virtuellen Raum: als digitale Modelle, die dem Tischler zeigen, wie der Tisch oder Schrank beschaffen, wie er farblich wirken und welche Oberflächenbeschaffenheit er haben soll. „Virtuelles Prototyping“ nennt Thorsten Henseler das Konzept, das längst eben nicht nur eine Domäne großer Autokonzerne oder anderer Industrieriesen ist, sondern auch im Handwerk eine wachsende Rolle spielt. Insofern setze das Handwerk eben auch Trends und nehme „eine Vorreiterrolle in der Nutzung neuer Technologien und Möglichkeiten ein“, wie Kammerpräsident Dittrich betont.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch, Auskünfte Henseler, Hwk, Military Airfield Directory, Wikipedia, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt