Dresden-Lokales, Energietechnik, News, zAufi

Großwärmepumpen für die Fernwärme, bidirektionale E-Autos als Groß-Akku

Strombetriebene Wärmepumpen - hier ein Vaillant-Modell - könnten die Heizungs-Umwelt-Bilanz von Eigenheimen verbessern. Sie sind aber auch nicht ganz billig. Foto: Vaillant

Wärmepumpen – hier ein Vaillant-Modell – gelten auch der Bundesampel als ein favorisierter Energielieferant.  Foto: Vaillant

Dresden plant mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung in einzelnen Quartieren Modellprojekte für die Energiewende

Dresden, 25. Februar 2022. Forscher und Wirtschaftspolitiker in Dresden wollen in Modell-Wohnquartieren neue komplexe Konzepte für die Energiewende erproben. Das hat im Oiger-Gespräch Robert Franke angekündigt, der in Dresden die kommunale Wirtschaftsförderung leitet. Geplant sind unter anderem Pilotprojekte mit gepufferten Schnelllade-Säulen, die Nutzung von Elektroauto-Akkus als Großspeicher und neue Fernwärmekonzepten. Dabei setzten die Initiatoren erst mal nicht auf große stadtweite Lösungen, betont Franke. „Wir planen vor allem Modellprojekte in ausgewählten Quartieren.“ Unterstützen will er solche Pilotvorhaben auch mit Geld aus seinem Innovationsfonds.

ILK forscht bereits an Heizalternativen für die Lausitz

Als ein Partner ist dabei das private Forschungsinstitut für Luft- und Kältetechnik (ILK) in Dresden. Das arbeitet bereits an innovativen Lösungen, um die Fernwärmenetze in der Lausitz nach dem Braunkohleausstieg weiter heizen zu können. Die Forscher haben dafür unter anderem ein Konzept entwickelt, um mittels Flüssigeis thermische Energie aus der Lausitzer Seen zu gewinnen.

ILK-Chef Prof. Uwe Franzke und Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke (links) an einem Großthermometer am Institutseingang. Foto: Heiko Weckbrodt

ILK-Chef Prof. Uwe Franzke und Wirtschaftsförderungs-Chef Robert Franke (links) an einem Großthermometer am Institutseingang. Foto: Heiko Weckbrodt

Wärmepumpen sollen ganze Wohnquartiere und Unternehmen heizen

Um die Fernwärme in Dresden umweltfreundlicher als bisher zu erzeugen, schlägt ILK-Leiter Prof. Uwe Franzke den Einsatz von Großwärmepumpen vor. „Natürlich könnte man auch auf elektrische Heizungen setzen“, sagt er. Doch dies könne sich zu einer teuren Lösungen auswachsen. Wärmepumpen wiederum sind in der Anschaffung teuer, dafür aber vergleichsweise preiswert im Betrieb und können Energie vergleichsweise umweltfreundlich und nahezu unerschöpflich bereitstellen. Mit Anlagen bis hinauf in die Megawatt-Klasse lassen sich laut Franzke durchaus ganze Wohnquartiere oder Fabriken heizen. Geplant seien gemeinsame Modellprojekte von Stadt, ILK, Technischer Universität Dresden und Wohnungsgesellschaften.

Die Anlage ist auf zwei Container verteilt. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsenenergie bzw. Drewag betreiben bereits Strom-Großpuffer in Dresden-Reick. Foto: Heiko Weckbrodt

Stromspeicher für Schnelllader am Fetscherplatz

Als weiteren „Piloten“ für die Energiewende in der Stadt hat Robert Franke neue Energiespeicherlösungen avisiert. Die sollen das bereits im Städtevergleich recht dichte Netz von Schnelllade-Punkten in Dresden unterstützen. Denn Schnelllader, die Elektroautos mit mindestens 50 Kilowatt Leistung mit elektrischer Energie versorgen, ziehen in der Spitze auch recht viel Strom aus den Netzen. Um diese Spitzen auszugleichen, können zum Beispiel stationäre lokale Akkumulatoren helfen. Ein solches Speicherkonzept wollen die Projektpartner zum Beispiel am Fetscherplatz realisieren.

Elektroautos können nicht nur Strom laden - wie hier vor der VW-manufaktur Dresden -, sondern auch als Zwischenspeicher für Solar- und Windstrom dienen. Foto: Heiko Weckbrodt

Elektroautos können nicht nur Strom laden – wie hier vor der VW-Manufaktur Dresden -, sondern auch als Zwischenspeicher für Solar- und Windstrom dienen. Foto: Heiko Weckbrodt

Wirtschaftsförderer reanimieren Idee vom bidirektionalen Laden

Noch eine Nummer größer müssten solche Speicher dimensioniert sein, wenn sie Spitzen und Nachfragetäler im gesamten Stadtnetz ausgleichen sollen. Angesichts der steigenden Elektroauto-Zulassungen in Dresden greifen Robert Franke und sein Projektteam nun das bereits lange diskutierte Konzept des „bidirektionalen Ladens“ wieder auf: Wenn die Fahrzeuge und die Ladesäulen entsprechend ausgerüstet sind, können die Elektroautos nämlich nicht nur Strom „tanken“, sondern auch automatisiert wieder ans öffentliche Netz zurückverkaufen, wenn der eigene Akku voll und die Abnahmepreise gerade hoch sind. Sprich: Sie könnten zusammen wie ein temporär immer wieder neu zusammengefügter großer Strompuffer für die ganze Stadt wirken. Ein derartiges Pilotvorhaben will Franke mit Partnern aus der Dresdner Autoindustrie und Sachsenenergie starten.

Inzwischen genug Stromer für ein Modellprojekt auf der Straße

Rein quantitativ betrachtet, würde die Dresdner Stromerflotte solch ein Experiment inzwischen zulassen: Unter den reichlich 230.000 zugelassenen Pkws in der Stadt sind laut Franke mittlerweile 1800 batterie-elektrische Fahrzeuge und 8500 Hybride. Damit haben etwa 4,5 Prozent der Pkws kleine oder größere Antriebsbatterien an Bord. In der Flotte der Stadtverwaltung liege der E-Auto-Anteil inzwischen sogar bei 13 Prozent, so der Wirtschaftsförderungschef. Hinzu kommen noch die knapp 23.000 zugelassenen Nutzfahrzeuge in Dresden – in diesem Segment ist der Stromeranteil allerdings weit geringer.

Skepsis der Autofahrer könnte zum Problem werden

Auf einem ganz anderen Blatt steht allerdings, ob auch die Dresdner Elektroauto-Fahrer selbst bei solch einem Modellprojekt mitmachen wollen: Seit die Idee vom bidirektionalen Laden, also vom Laden in zwei Richtungen aufgekommen ist, gibt es auch warnende Stimmen. Denn jeder Lade- und Entladevorgang mindert auch die Lebensdauer des Auto-Akkus: Sprich: Wer seinen Akkustrom dauernd hin- und herschiebt, könnte die teuerste Komponente in seinem Elektroauto frühzeitig verschleißen. Ob und in welchem Maße solche Warnungen in der Praxis berechtigt sind, sollen die wissenschaftlichen Begleiter des Pilotvorhabens klären.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Wifö/LHD, ILK, Oiger-Archiv, Kommunale Statistikstelle, Interview Franke und Franzke

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt