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Dresdner Forscher entwickeln Schwefel-Festakkus für Elektroflugzeuge

Eine Batteriezelle und daneben ein Schälchen Schwefel - die Dresdner Forscher und ihre Partner setzen große Hoffnungen in ihre Schwefel-Feststoffakkus. Foto: Fraunhofer IWS

Eine Batteriezelle und daneben ein Schälchen Schwefel – die Dresdner Forscher und ihre Partner setzen große Hoffnungen in ihre Schwefel-Feststoffakkus. Foto: Fraunhofer IWS

Konsortium arbeitet an besondere sicheren und billigen Speichern mit hoher Energiedichte

Dresden, 5. August 2021. Um eine elektrische Luftfahrt zu ermöglichen, arbeitet derzeit ein Konsortium unter Dresdner Führung an einer neuartigen, weitgehend brandsicheren und besonders billigen Schwefel-Feststoffbatterie. Die soll solch eine hohe Energiedichte haben, dass damit nicht nur Drohnen und Luftschiffe, sondern auch Lufttaxis und ganze Flugzeuge abheben können. Das geht aus einer Mitteilung des federführenden Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) in Dresden hervor. Das Bundesforschungsministerium fördert die „Entwicklung von Lithium-Schwefel Feststoffbatterien in mehrlagigen Pouchzellen“ (Solis) mit 1,8 Millionen Euro.

Feste statt flüssige Elektrolyte

Sowohl an Feststoff- wie auch an Schwefel-Batterien forschen Wissenschaftler weltweit schon seit Jahren – der große Durchbruch blieb allerdings bislang aus. Die heute üblichen Lithium-Akkus in Elektroautos, Smartphones und anderen Geräten enthalten meist eine Elektrode aus Lithium mit Kobalt, Phosphor oder Nickel sowie eine kohlenbeschichtete Elektrode. Zwischen diesen beiden Elektroden sorgen flüssige Elektrolyte aus Kohlenwasserstoff-Verbindungen für den Austausch aufgeladener Rumpfatome (Ionen). Diese Flüssig-Elektrolyte sind allerdings leicht entzündlich.

Die Kombination aus Schwefel und Kohlenstoff soll in den neuen Akkus für hohe Energiedichte sorgen. Wie das Speichermaterial Schwefel am besten mit dem elektrisch leifähigem Kohlenstoff zusammenzubringen ist, bleibt eines der "Solis"-Forschungsthemen. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Kombination aus Schwefel und Kohlenstoff soll in den neuen Akkus für hohe Energiedichte sorgen. Wie das Speichermaterial Schwefel am besten mit dem elektrisch leifähigem Kohlenstoff zusammenzubringen ist, bleibt eines der „Solis“-Forschungsthemen. Foto: Heiko Weckbrodt

Schwefelakkus können mehr als doppelt so viel Energie speichern wie Lithium-Klassiker

Diese Brandgefahren möchten die Solis-Forscher umgehen, indem sie feste statt flüssige Elektrolyte in ihre Energiespeicher einbauen. Zudem wollen sie eine der Elektroden mit einem Gemisch aus Schwefel und Kohlenstoff beschichten. Dies soll die Energiespeicherfähigkeit des Akkumulators auf etwa 500 Wattstunden (Wh) pro Kilogramm erhöhen und damit gegenüber klassischen Lithium-Ionen-Akkus mehr als verdoppeln. Bezogen auf ihr Volumen ist die Energiedichte der „Schwefler“ dagegen eher ungünstig.

Für E-Autos wenig geeignet, aber ein Hoffnungsträger für eine elektrische Luftfahrt

Daher sehen die meisten Ingenieure nur wenig Perspektiven für Schwefel-Akkus in Autos, wo es auf jeden Kubikdezimeter Bauraum ankommt, rechnen ihnen aber gute Chance in der Luftfahrt aus, wo vor allem ultraleichte Akkus gefragt sind. Bisher gibt es nur Protoptypen und Kleinstserien von elektrischen Flugzeugen und Flugtaxis, die bisher zudem nur wenig Reichweite und Traglast schaffen. Der Engpass ist hier vor allem die zu niedrige Energiedichte klassicher Lithium-Akkus. Als Alternative stehen zum Beispiel wasserstoffgetriebene Brennstoffzellen zur Debatte, die dann wiederum den Strom für elektrische Flugzeugantriebe liefern sollen.

"Wir arbeiten hier an der Batterie der Zukunft", sagt Dr. Holger Althues vom Fraunhofer-Strahltechnikinstitut IWS in Dresden und zeigt eine der neuen Schwefel-Zellen. Foto: Heiko Weckbrodt

„Wir arbeiten hier an der Batterie der Zukunft“, sagt Dr. Holger Althues vom Fraunhofer-Strahltechnikinstitut IWS in Dresden und zeigt eine der neuen Schwefel-Zellen. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Schwefel-Akkus könnten viele dieser Probleme auf dem Weg zu elektrischen Linienflugzeugen entschärfen. Auch für weltraumnahe Zeppeline, die sogenannten „Stratobusse“, würden sich die schwefligen Energiespeicher anbieten. In jedem Fall sollen sie den Kerosin-Verbrauch und die Umweltbelastung durch die Luftfahrt deutlich verringern. „Für Langstreckenflugzeuge wird das vielleicht nicht reichen“, räumt Dr. Holger Althues ein, der im IWS die Batterietechnik-Abteilung leitet. „Aber für Lufttaxis und Paketdrohnen wird Lithium-Schwefel interessant sein.“

So stellt sich der Thales-Konzern die Fusion aus Luft- und Raumfahrt vor: Pseudosatelliten wie dieser "Stratobus" sollen in der Stratosphäre kreuzen - und brauchen dafür weit bessere Energiespeicher als heute verfügbar. Visualisierung: Thales Alenia Space / E. Briot

So stellt sich der Thales-Konzern die Fusion aus Luft- und Raumfahrt vor: Pseudosatelliten wie dieser „Stratobus“ sollen in der Stratosphäre kreuzen – und brauchen dafür weit bessere Energiespeicher als heute verfügbar. Visualisierung: Thales Alenia Space / E. Briot

5 Partner bei „Solis“ an Bord

Im Solis-Projekt wollen die Projektpartner nun das, was im Labor bereits funktioniert, praxisnah weiterentwickeln: Sie arbeiten an serientauglichen Produktionsverfahren, neuartigen Nanostrukturen, Qualitätssicherung, Messverfahren sowie dem Batteriezellen-Aufbau.

Fraunhofer-Testproduktion von neuartigen Batterien - darunter auch Lithium-Schwefel-Speicher - in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Fraunhofer-Testproduktion von neuartigen Batterien – darunter auch Lithium-Schwefel-Speicher – in Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Beteiligt sind folgende Partner (Quelle: IWS):

  • Das Fraunhofer IWS übernimmt die Projektkoordination und bringt Know-how zu innovativen Verfahren zur Herstellung von Elektroden und Prototypzellen in das Projekt ein
  • Die Technische Universität Dresden arbeitet an den Kathoden-Kompositmaterialien und einem geeigneten Elektrodendesign
  • Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erforschen maßgeschneiderte Festelektrolyte und deren Transporteigenschaften für den neuen Batterietyp
  • Die Justus-Liebig-Universität Gießen bringt ihre Erfahrung und Kompetenz zur Charakterisierung von Grenzflächenphänomenen in Feststoffbatterien ein
  • Die Schunk Kohlenstofftechnik GmbH übernimmt die Herstellung von Kohlenstoffadditiven und industriell relevanten Kompositmaterialien

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: IWS, Oiger-Archiv, batterie2020, Forschungsinformationssystem Mobilität und Verkehr

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt