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Schweflige Superbatterien für stolze Stratobusse

So stellt sich der Thales-Konzern die Fusion aus Luft- und Raumfahrt vor: Pseudosatelliten wie dieser "Stratobus" sollen in der Stratosphäre kreuzen - und brauchen dafür weit bessere Energiespeicher als heute verfügbar. Visualisierung: Thales Alenia Space / E. Briot

So stellt sich der Thales-Konzern die Fusion aus Luft- und Raumfahrt vor: Pseudosatelliten wie dieser „Stratobus“ sollen in der Stratosphäre kreuzen – und brauchen dafür weit bessere Energiespeicher als heute verfügbar. Visualisierung: Thales Alenia Space / E. Briot

Forscher aus Dresden und Australien entwickeln Schwefel-Batterien mit enormer Energiedichte.

Clayton/Dresden, 8. Januar 2020. Wenn es nach den Vordenkern von Google, Thales, Esa und anderen Visionären geht, kreuzen bald wieder stolze Luftschiffe weit oben über unseren Köpfen. Nur werden die wohl nicht Zeppeline heißen und Passagiere über den Atlantik bringen: Der französische Technologiekonzern Thales und die europäische Raumfahrt-Agentur Esa beispielsweise planen „Stratobus“-Luftschiffe, die von der Stratosphäre aus jeden Winkel der Welt mit dem Internet verbinden. Diese Luftschiffe sollen von Helium in der äußeren Schicht der Erdatmosphäre gehalten und elektrisch angetrieben werden. Den Strom dafür sollen die Pseudo-Zeppeline mit Solarzellen sammeln – und die Energie für die sonnenlosen Nachtreisen in neuartigen Lithium-Schwefel-Batterien speichern. Ingenieure aus Dresden und dem australischen Clayton haben nun gemeinsam frühe Prototypen solcher Hochleistungs-Akkus entwickelt.

Noch einige Jahre Entwicklungsarbeit bis zur Marktreife nötig

Bis zurSerienproduktion derartiger Schwefel-Batterien werden zwar wahrscheinlich noch fünf bis zehn Jahre vergehen, da noch viele technologische Probleme zu lösen sind. Das hat zumindest Dr. Holger Althues vom Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) eingeschätzt, das an der Entwicklung beteiligt war. „Aber wir sehen großes Potenzial in dieser Technologie“, betonte der Chemieingenieur. „Im Vergleich zu den heutigen Lithium-Ionen-Batterien sind Lithium-Schwefel-Lösungen bei gleichem Energiegehalt nur halb so schwer. Anders ausgedrückt: Ihre Energiedichte pro Kilogramm ist doppelt so hoch wie in heutigen Batterien.“ Dies empfiehlt die Schwefel-Akkus insbesondere für elektrische Flugzeuge, für „High-Altitude Pseudo-Satellite“ (HAPS) wie den Stratobus von Thales, aber auch für Elektroautos mit doppelter Reichweite oder Smartphones, die ganze Wochen ohne nachzuladen durchhalten.

Schwefelberg in den USA. Foto: US Environmental Protection Agency, Wikipedia, gemeinfrei

Schwefelberg in den USA. Foto: US Environmental Protection Agency, Wikipedia, gemeinfrei

Abfallmaterial Schwefel statt des umstrittenen Kobalts verwendbar

Auch unter ethischen und wirtschaftsstrategischen Gesichtspunkten eröffnen die Schwefel-Akkus neue Perspektiven: „Für die Kathoden klassischer Lithium-Ionen-Batterien braucht man Kobalt und Nickel, die teils unter zweifelhaften Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern abgebaut werden“, betonte Holger Althues. Schwefel dagegen sei ein preiswertes Abfallprodukt vieler chemischer Prozesse. Deutschland könne sich dadurch auch weniger abhängig von Importen machen.

Freuen sich sehr über ihre neue Schwefel-Superbatterie: Professor Matthew Hill, Dr Mahdokht Shaibani und Professor Mainak Majumder von der Monash University in Australien. Foto: Monash University

Freuen sich sehr über ihre neue Schwefel-Superbatterie: Professor Matthew Hill, Dr Mahdokht Shaibani und Professor Mainak Majumder von der Monash University in Australien. Foto: Monash University

„Durchbruch für die australische Industrie“

Auch die australischen Partner sehen eine große Zukunft für die neue Energiespeicher: Diese Entwicklung sei „ein Durchbruch für die australische Industrie“ und könne die Smartphone-, die Auto-Branche und weitere Industrien völlig umkrempeln, schätzte Professor Mainak Majumder von der Monash University ein. Wenn es gelinge, die Schwefel-Akkus in die Massenproduktion zu überführen, werde dies „den australischen Fahrzeugmarkt revolutionieren und allen Australiern einen saubereren und zuverlässigeren Energiemarkt bieten“.

Lithium-Schwefel-Energiespeicher und andere Batterien mit hoher Energiedichte sind ein Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden, an dem Kaskel auch tätig ist. Foto: Fraunhofer IWS

Lithium-Schwefel-Energiespeicher und andere Batterien mit hoher Energiedichte sind ein Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden. Foto: Fraunhofer IWS

IWS forscht bereits seit Jahren an Schwefel-Akkus

Die australischen Partner hatten die neue Schwefel-Kathode entwickelt. Das IWS hatte für das gemeinsame Projekt daraus komplette Batteriezellen konstruiert und sie analysiert. Das Dresdner Institut arbeitet bereits seit Jahren an Schwefel-Akkus und hat ein technologisch führendes Batterietechnikum in Dresden mit aufgebaut. Parallel dazu forschen die Sachsen auch an eigenen Kathoden, Anoden, Elektolytika und anderen Komponenten für künftige Schwefel-Batterien.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Thales, Esa, IWS,

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt