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Herone baut in Dresden Flugtaxi-Teile

So etwa sollen die Lufttaxis von Lilium aussehen. Foto: Lilium

So etwa sollen die Lufttaxis von Lilium aussehen. Leichtbauteile dafür hat Herone Dresden entwickelt. Foto: Lilium

Uni-Ausgründung richtet für rund 5 Millionen Euro neue Fabrik ein

Dresden, 8. Dezember 2020. Das Unternehmen „Herone“ will ab Frühjahr 2021 im Dresdner Norden besonders strapazierfähige Leichtbauteile aus faserverstärkten Thermoplasten für elektrische Flugtaxis, Baseball-Schläger, Flugzeuge, Raumschiffe und Autos herstellen. Das hat Herone-Geschäftsführer Daniel Barfuß angekündigt.

Daniel Barfuß. Foto: Herone

Daniel Barfuß. Foto: Herone

Ingenieure wollen Hochtechnologie-Standort stärken

„Mit einem eigenen Produktionsstandort ist es uns ab 2021 möglich, unsere Hightech-Produkte zum Beispiel für Flugtaxis, in Großserie und Made in Germany zu fertigen“, betonte Barfuß. „Mit unserer Technologie können in hohen Stückzahlen komplexe Hohlprofile mit speziellen Funktionalitäten herstellen, die sich dann ähnlich wie Metallbauteile weiterverarbeiten lassen.“

Erster Spatenstich für die Fabrik von Herone Dresden mit Wirtschaftsförderer Robert Franke, Geschäftsführe Uwe Laule von "Family Vaule" und Herone-Mitgründer Alexander Rohkamm. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Erster Spatenstich für die Fabrik von Herone Dresden mit Wirtschaftsförderer Robert Franke, Geschäftsführe Uwe Laule von „Family Vaule“ und Herone-Mitgründer Alexander Rohkamm. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Baugenehmigung binnen zwei Monaten

Die Ausgründung der TU Dresden investiert dafür rund fünf Millionen Euro in eine neue Fabrik an der Meschwitzstraße 21. Das Geld speist sich aus bisherigen Unternehmens-Gewinnen, einem EU-finanzierten Schlüsseltechnologie-Pilotlinienprogramm und Kapitaleinlagen der „Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft“ (MBG) Sachsen sowie Krediten der Sparkassen Dresden und Nürnberg. „Die Herstellung von wirtschaftlich optimierten und auch physikalisch/chemisch funktionaleren Bauteilen besitzt Leuchtturmcharakter für zukunftsweisende Leichtbaustrukturprojekte in Sachsen“, begründete Beteiligungsmanager Martin Liebsch das Engagement der MBG. „Das kompetente und unternehmerisch bereits mit ersten Erfahrungen ausgestattete Gründerteam, die strategischen Kooperationen mit Boeing und der bereits erbrachte Proof of Concept haben uns zu einem positiven Urteil kommen lassen, was die Erfolgsaussichten der prozessoptimierten Pilotanlage und ihre wirtschaftliche Verwertung anbelangt.“

Mietfabrik-Modell gewählt

Den Bau der rund 700 Quadratmeter großen Fabrikhalle übernimmt das Leipziger Immobilien-Unternehmen „Family Value“. Beeindruckt zeigte sich „Family Value“-Chef Uwe Laule vom Immobilienservice der Dresdner Wirtschaftsförderer, die binnen zwei Monaten eine Baugenehmigung organisierten. „Hut ab, das hatten wir noch nie!“

Belegschaft verdoppelt sich

Herone will das Fabrikgebäude ab März 2021 anmieten und mit Spezialanlagen ausrüsten, die regionale Maschinenbauer eigens dafür konstruieren. Spätestens 2022 wollen die Dresdner auch die Großserienproduktion mit bis zu 50.000 Leichtbauteilen pro Jahr aufnehmen. Bis dahin soll sich die Belegschaft auf etwa zwei Dutzend Mitarbeiter verdoppeln.

Turbinenhülle und andere Bauteile aus faserverstärkten Thermplasten von Herone Dresden. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Turbinenhülle und andere Bauteile aus faserverstärkten Thermplasten von Herone Dresden. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Langlebige Flugzeugteile, Wasserstofftanks und Baseball-Schläger

„Den größten Teil unserer Produktion liefern wir an Boeing und andere Partner im Luftfahrtsektor“, informierte Barfuß. Doch auch MT Aerospace, die an der „Ariane 6“-Rakete mitarbeiten, und andere Raumfahrtbetriebe gehören zu den Partnern und Kunden. Mit BMW arbeitet Herone an einem Wasserstoff-Tank für Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Mit einem US-Unternehmen haben die Dresdner Ingenieure eine schwer zerbrechliche und sehr langlebige Baseball-Keule entwickelt.

Ein geflochtenes Karbonbauteil von Herone. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Ein geflochtenes Karbonbauteil von Herone. Foto: Bernhard Albrecht für die Wifö Dresden

Elektrische Lufttaxis von Lilium sollen mit Herone-Komponenten fliegen

Zukunftsweisend ist die Kooperation mit dem Lufttaxi-Hersteller „Lilium“: Für die Münchner hat Herone die Turbinen-Schutzhüllen konstruiert. „Und wir wollen weitere Bauteile für elektrischen Lufttaxis entwickeln“, kündigte Barfuß an.

Robert Franke leitet die städtische Wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Frank Grätz für die LHD

Robert Franke leitet die städtische Wirtschaftsförderung in Dresden. Foto: Frank Grätz für die LHD

90.000 Euro Zuschuss aus kommunalen Innovationsfonds kurbelten die Kooperation an

Auf das Lilium-Projekt ist der Dresdner Wirtschaftsförderungschef Robert Franke besonders stolz – nicht zuletzt, weil sein Amt diese Kooperation durch einen 90.000-Euro-Zuschuss aus dem Dresdner Innovationsfonds unterstützt hat. Er hofft auf Kaskadeneffekte: „Ein Hersteller von elektrischen Lufttaxis würde prächtig in unsere Stadt passen – sowohl mit Blick auf unsere Verkehrskonzepte wie auch die Leichtbaustärken am Standort“, sagte er. „Wenn sich hier einmal ein Schlüsselzulieferer wie Herone hier etabliert hat, sind die Chancen gar nicht so schlecht, dass sich in der Folge auch Finalproduzenten in Dresden ansiedeln, auch aus der Medizintechnik oder Freizeitindustrie.“

Mit speziellen Flechtmaschinen stellt Herone Dresden besonders langlebige und leichte Bauteile her. Foto: Herone

Mit speziellen Flechtmaschinen stellt Herone Dresden besonders langlebige und leichte Bauteile her. Foto: Herone

Über Herone

Herone (Eigenschreibweise: „herone“) entstand 2018 als Ausgründung aus dem „Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik“ (ILK) der TU Dresden. Dort hatten Dr. Christian Garthaus, Daniel Barfuß, Alexander Rohkamm und weitere Nachwuchswissenschafter gemeinsam mit Boeing und anderen Industriepartnern daran geforscht, wie sich leichte Bauteile schnell herstellen lassen, die sich wie normales Blech verarbeiten lassen. Statt auf die bis dahin üblichen starren Duroplasten setzte das Team auf Themoplasten, die unter Wärme auch nachträglich verformbar sind und sich sogar verschweißen lassen. Diese Kunststoffe verstärken sie mit wahlweise mit Kohlenstoff-, Glas- oder Aramid-Fasern. Um sie in die gewünschte Form zu bringen, flechtet Herone die Materialbänder hochautomatisiert zusammen und verpresst sie samt Andichtschichten, Druckleitern und anderen Funktionselementen bei hohem Druck und Hitze zu stabilen Bauteilen. „Wo andere drei Stunden für den Backprozess brauchen, sind wir in 15 Minuten fertig“, nennt Barfuß ein Technologiedetail, das erklären mag, warum sich auch internationale Unternehmen für Herone interessieren.

Video über Herone (Futuresax):

Der Firmenname: ein Reiher und ein antiker Automatisierungstechniker

Der Firmenname hat übrigens zwei Bedeutung: „Herone“ ist im Englischen und Französischen der Reiher mit seinen feingliedrigen Beinen, mit denen die Dresdner ihre Leichtbauteile vergleichen. „Außerdem wollen wir damit an den ersten Automatisierungstechniker der Menschheitsgeschichte erinnern: Heron von Alexandria“, verrät Barfuß.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Herone, Wifö LHD, MBG, Oiger-Archiv

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt