Forschung, News, zAufi

Wasserstoffernte in der Schwerelosigkeit

Aleksandr Bashkatov vom Institut für Fluiddynamik des HZDR forscht an der Frage, warum in heutigen Elektrolyseuren die Wasserstoffbläschen so lange an den Elektroden kleben bleiben. Foto: HZDR/ Stephan Floss

Aleksandr Bashkatov vom Institut für Fluiddynamik des HZDR forscht an der Frage, warum in heutigen Elektrolyseuren die Wasserstoffbläschen so lange an den Elektroden kleben bleiben. Foto: HZDR/ Stephan Floss

Sächsische Forscher arbeiten an neuen Designs für Wasser-Spalter

Dresden, 9. November 2020. Mit Wasser-Spaltversuchen in der Schwerelosigkeit wollen Forscherinnen und Forscher aus Sachsen neue Designs für Elektrolyseure finden, die Wasserstoff billiger und effektiver erzeugen als bisher übliche Anlagen. Für ihre Experimente haben sie nun den „Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2020“ in der Kategorie „Forschung und Entwicklung“ gewonnen. Das haben die TU Dresden und das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) mitgeteilt, die diese Versuche koordiniert hatte.

Elektrolyse soll ergiebiger werden

Hintergrund: Zwar sind die Methoden, um Wasser mit Strom in seine Basiselemente Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen, schon seit über 100 Jahren gut bekannt. Aber diese „Elektrolyse“-Prozess ist wenig effektiv – viele Anlagen wandeln nur 50 bis 60 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie in chemische Energie um. Und wenn man den Prozess später umdreht, um den Energieträger Wasserstoff zurück zu verstromen, sinkt der Wirkungsgrad weiter.

Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger - zudem braucht die Chemieindustrie das Gas für viele Prozesse. Grafik: Heiko Weckbrodt

Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger – zudem braucht die Chemieindustrie das Gas für viele Prozesse. Grafik: Heiko Weckbrodt

Gasbläschen klammern sich zu sehr an Elektroden

Ein Grund für die Schwächen klassischer Elektrolyse-Anlagen ist die Neigung der entstehenden Wasserstoff-Gasbläschen, nicht nach oben zu steigen, sondern sich rasch wieder an die Elektroden anzuheften. Würde es gelingen, die Gasbläschen schneller abzulösen, würde der gesamte Prozess effektiver ablaufen, so die Überlegung der Sachsen. Um zu ermitteln, welche Kräfte die Bläschen zu den Elektroden zurückziehen, haben sie sich einen Airbus geborgt und an Bord ein Elektrolyse-Labor installiert. Dann steuerten die Piloten das Flugzeug weit hinauf und ließen es rasch fallen. Bei diesen Parabelflügen entstand jeweils für kurze Zeit Schwerelosigkeit im Airbus, ähnlich wie in einem Raumschiff. Dadurch konnten die Forscher genauer messen, welche Kräfte auch noch auf die Wasserstoff-Bläschen wirken, wenn die übermächtige Schwerkraft kurz ausgeschaltet ist. Dazu gehören laut den Befunden bisher unbeachtete elektrische Kräfte aber auch sogenannte „Marangoni-Strömungen“ durch Temperaturunterschiede und Grenzflächen-Spannungen.

S

Dr. Xuegeng Yang, Aleksandr Bashkatov und Ingenieurin Barbara Fritzsche (v. l.) stehen vor dem Airbus für die Schwerelosigkeits-Experimente mit Wasserstoff. Foto. HZDR

Dr. Xuegeng Yang, Aleksandr Bashkatov
und Ingenieurin Barbara Fritzsche (v. l.) stehen vor dem Airbus für die Schwerelosigkeits-Experimente mit Wasserstoff. Foto. HZDR

achsen wollen nun bessere Elektrolyseure konstruieren

Zwar ist eine Wasserstoff-Großproduktion in der Schwerelosigkeit nicht wirklich eine sinnvolle Option. Aber Wissenschaftlerinnen und Ingenieure der TU Dresden, des Helmholtz-Zentrums Dresden Rossendorf (HZDR), des Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung Dresden (IFAM), der Hochschule Zittau-Görlitz sowie von lokalen Industriepartnern wollen nun – basierend auf den gewonnen Messwerten – im nächsten Schritt neuartige Alkali-Elektrolyseure konstruieren. Die sollen ohne Trenn-Membranen auskommen und Wasserstoff effektiver als ältere Modelle erzeugen, weil sich die Gas-Bläschen schneller von den neuen Elektroden lösen.

Elektrolyse-Wasserstoff ist zwar „sauberer“, aber auch teurer als Erdgas-Wasserstoff

„Zum heutigen Zeitpunkt ist der durch Elektrolyse erzeugte Wasserstoff teurer als Wasserstoff, der aus Erdgas produziert wird“, erklärte Dr. Gerd Mutschke, der die Experimente gemeinsam mit Prof. Kerstin Eckert koordiniert hatte.. „Mit unserer Forschung wollen wir einen Beitrag leisten, um Elektrolysewasserstoff preiswerter erzeugen zu können.“

Ein Brennstoffzellen-Toyoto tankt an der neuen Wasserstoff-Tankstelle von Total an der Wiener Strasse in Dresden. Foto: Oliver Killig

Ein Brennstoffzellen-Toyoto der Dresdner Stadtwerke tankt an einer Wasserstoff-Tankstelle von Total an der Wiener Straße in Dresden. Foto: Oliver Killig

Mitteldeutschland hofft auf Wasserstoffwirtschaft als Job-Motor

Gerade in Mitteldeutschland versprechen sich viele Politiker und Ingenieure und deren weibliche Pendants viele neue Jobs und wesentliche Beiträge zu einer umweltfreundlichen Energiewende, wenn es gelingt, hier eine moderne Wasserstoff-Wirtschaft aufzubauen. Einerseits braucht die Chemieindustrie Wasserstoff als Rohstoff. Anderseits gelten Brennstoffzellen-Antriebe, die mit Wasserstoff betankt werden, als Alternative zu batterieelektrischen Fahrzeugen – zumindest im Segment der Laster und anderer Nutzfahrzeuge.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: TUD

Zum Weiterlesen:

Stichwort Wasserstoff-Technologien

Roßlauer bauen abgasfreien Wasserstoffmotor

Bosch entwickelt Brennstoffzellen-Antrieb für Lkws

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt