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Millionenspritze für KI-Forschung in Sachsen

Dresden will sich als Standort für Künstliche Intelligenz (KI) profilieren. Da darf ein elektronisches Stadtarchiv nicht fehlen. Fotos und Montage: Heiko Weckbrodt

Dresden will sich als Standort für Künstliche Intelligenz (KI) profilieren. Fotos und Montage: Heiko Weckbrodt

Scads-Verbund Dresden-Leipzig wird zu „Zentrum für Big Data und Maschinelles Lernen“ ausgebaut

Dresden, 4. Oktober 2019. Computerexperten aus Dresden und Leipzig können ihre Forschungen an „Künstlicher Intelligenz“ (KI, englisch: AI) deutlich ausweiten. Das hat die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) nun mitgeteilt. Bund und Land wollen dafür in den nächsten Jahren rund 20 Millionen Euro in den Ausbau des sächsischen „Competence Center for Scalable Data Services and Solutions“ (Scads) investieren. Letztlich soll daraus eine dauerhafte Finanzierung erwachsen.

Die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange hat in der HTW Dresden eine Datenbrille aufgesetzt, um die erweiterte Realität in einem von den HTW-Ingenieuren aufgerüsteten BMW i3 zu genießen. Zusätzlich zur realen Umgebung sieht man mit solchen "Augmented Reality"-Lösungen (AR) Gefahrenstellen voraus - selbst Unfallgefahren, die noch unsichtbar hinter der nächsten Ecke lauern. Foto: Heiko Weckbrodt

Die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange gilt als aufgeschlossen für moderne Technologien. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen will internationale KI-Spitzenforscher anlocken

„Eine stabile Institution, die erhebliches Know-how in den Zukunftsfeldern Big Data und Künstliche Intelligenz konzentriert, hat alle Voraussetzungen, um Spitzenforscher weltweit anzuziehen und in Kooperation mit der Industrie und anderen Forschungseinrichtungen wichtige technologische Entwicklungen voran zu treiben“, betonte Ministerin Stange.

Von „Big Data“ hin zum Maschinellen Lernen und KI

Der Scads-Verbund war im Oktober 2014 entstanden und bisher vor allem auf die Analyse großer Datenmengen („Big Data“) spezialisiert. Die jetzt avisierten Zuschüsse sollen helfen, die Forschungseinrichtung zu einem „Zentrum für Big Data und Maschinelles Lernen“ (Scads-AI) auszubauen. Dessen KI-Expertise soll dann unter anderem Medizinern, „Industrie 4.0“-Ingenieuren, Biologen, Umwelt- und Energiespezialisten und anderen Experten im Freistaat helfen, mit ihren Forschungen und Produktentwicklungen voran zu kommen.

Prof. Gerhard Rödel ist Prorektor der TU Dresden. Foto: Robert Lohse für die TUD

Prof. Gerhard Rödel ist Prorektor der TU Dresden. Foto: Robert Lohse für die TUD

Acht neue Professoren an den Unis Dresden und Leipzig

Unter anderem möchten die beteiligten Unis und außeruniversitären Institute je vier zusätzliche Software-Professoren in Dresden und Leipzig auf diese Themen sowie auf KI-Projekte ansetzen, informierte Forschungs-Projektor Prof. Gerhard Rödel von der TU Dresden auf Oiger-Anfrage. Konzentrieren will er den Dresdner Teil des Scads im künftigen Lehmann-Zentrum II an der Nöthnitzer Straße. Auch eine KI-Graduiertenschule und ein Demonstrationslabor für Lehrzwecke sind geplant. „Untersucht werden sollen beispielsweise die Anwendung sehr großer Lernmodelle unter Zuhilfenahme moderner Hochleistungsrechner, zur Erklärbarkeit von Entscheidungen von KI-Modellen sowie der Einsatz von KI-Modellen für sicherheitsrelevante Daten unter Einhaltung des Datenschutzes“, teilte das Wissenschaftsministerium in Dresden mit.

Freistaat und Bund geben je zehn Millionen Euro

Für den Ausbau zum KI-Zentrum wird der Freistaat in den Jahren 2020 bis 2022 zunächst 10,5 Millionen Euro beisteuern. Etwa ebensoviel haben Vertreter des Bundes nun zugesagt – bisher allerdings nur mündlich. Offiziell hieß es dazu vom Bundesforschungsministerium in Berlin nur, dass die Anträge aus Sachsen momentan „geprüft und die Dokumente zur Bewilligung vorbereitet“ würden.

Sachsen will Vorreiter für KI werden

Der neue KI-Schwerpunkt für das Scads ist Teil einer größeren Strategie, Sachsen zu einem Vorreiter für den Einsatz „Künstlicher Intelligenz“ in der Wirtschaft und in der Forschung zu machen. Beispielsweise hat die Landesregierung die Fraunhofer-Gesellschaft überredet, in Dresden ein „Zentrum für Kognitive Produktionssysteme“ (CPS) einzurichten. Dort sollen Ingenieure diverse KI-Technologien einsetzen, um den Maschinenbau, die Mikroelektronik und andere Industriezweige vor allem in Dresden und Chemnitz wettbewerbsfähiger zu machen. Und TU-Forscher wollen sich gleich nebenan in einem neuen „Center for Explainable and Efficient AI Technologies“ (CEE AI) darum kümmern, dass der Mensch die Entscheidungen der immer komplexeren KI-Systeme stets verstehen kann – und Herr über die Maschinen bleibt. Auch die Scads-Partner im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und viele andere Forschungseinrichtungen arbeiten an solchen Themen. Zudem siedeln sich in Dresden mehr und mehr junge und kleine KI-Firmen an.

Ministerin hofft auch auf wirtschaftliche Effekte

„In den letzten Jahren haben sich in Sachsen starke Forschungsstrukturen im Bereich Datenanalyse und Maschinelles Lernen entwickelt“, schätzte Wissenschaftsministerin Stange ein. „Die Anwendungsbreite Künstlicher Intelligenz ist enorm und wird die wirtschaftliche Wertschöpfung in völlig neue Dimensionen bringen.“

Autonom fahrende Autos sollen Unfälle mit Fußgängern mit KI-Hilfe vermeiden. Grafik: Nvidia

Autonom fahrende Autos sollen Unfälle mit Fußgängern mit KI-Hilfe vermeiden. Grafik: Nvidia

Internationale KI-Marktführer sitzen in den USA und in China

Das sieht der Bund ganz ähnlich und hat deshalb das Scads Dresden-Leipzig – als eines von nur sechs Kompetenzzentren deutschlandweit – für einen Ausbau vorgesehen. Insgesamt will die Bundesregierung bis 2025 rund drei Milliarden Euro in die KI-Forschung pumpen. Denn die Wirtschaftspolitiker fürchten, dass deutsche Unternehmen in dieser Schlüsseltechnologie den Anschluss verlieren könnte. Der Vorsprung solcher KI-Marktführer wie Google, Facebook, Nvidia, Amazon und Tesla in den USA oder Alibaba & Co. in China scheint schon jetzt kaum noch einholbar. Allerdings gibt es auch Kritiker, die von einem KI-Hype sprechen, den die Regierung entfessele – und darüber andere wichtige Förderschwerpunkte vernachlässige.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Recherche, SMWK, BMBF, TUD, HZDR, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt