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USA verhängen Boykott gegen Huawei

Huawei. Foto: Heiko Weckbrodt

Huawei. Foto: Heiko Weckbrodt

Trump schlägt wieder zu: Bald keine Android-Smartphones von Huawei mehr?

Washington/Bejing/Dresden, 20. Mai 2019. Der Streit um Huawei ist zum Wochenstart weiter eskaliert: Die US-Regierung hat das chinesische Elektronikunternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt und jede Kooperation verboten. Daraufhin haben Google, Intel, Qualcomm und weitere Technologiekonzerne angekündigt, die Zusammenarbeit mit Huawei einzustellen. Das geht aus Berichten der Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg hervor. Eine Folge ist demnach wohl auch, dass künftige Huawei-Smartphones nur noch begrenzt „Android“ und andere Google-nahe Software verwenden können.

ZTE kaufte sich seinerzeit frei

Ein ähnliches Boykott hatten die US-Amerikaner kürzlich gegen ZTE verhängt: Das chinesische Unternehmen habe entgegen den von den USA gegen den Iran verhängten Sanktionen mit dem Mullah-Regime Geschäfte gemacht, hieß es damals zur Begründung. ZTE stand daraufhin nach eigenem Bekunden kurz vor dem Aus. Die Chinesen konnten sich dann aber mit Milliardenzahlungen wieder von dem Boykott freikaufen.

Spionage-Vorwürfe stehen im Raum

Die neueste Runde im Handels- und Technologiestreit zwischen den USA und China trifft nun einen stärkeren Konzern im Reich der Mitte. Zuerst berichtete Reuters, das US-Handelsministerium habe den chinesischen Telekom-Konzern Huawei auf die berüchtigte „Entity“-Liste gesetzt, an die US-Unternehmen ohne spezielle Erlaubnis keine Bauteile oder Ausrüstungen liefern dürfen.

Die US-Regierung verdächtigt Huawei, über die von ihnen in alle Welt gelieferten Telekommunikationsgeräte Spionage im Einvernehmen mit der chinesischen Regierung zu betreiben. Einen Beweis dafür hat die Regierung von Donald Trump (Republikaner) bislang nicht vorgelegt.

Protektionismus vermutet

In Fachkreisen wird eher vermutet, dass Trump den amerikanischen Markt vor Huawei als Wettbewerber schützen will, da Huawei insbesondere auf dem Zukunftsgebiet 5G technisch weltweit führend ist. Dazu passt auch, dass Trump gleichzeitig eine „Executive order“ unterschrieben hat, die es den amerikanischen Telekommunikationsunternehmen verbietet, ausländische Ausrüstungen zu kaufen, die die amerikanische Sicherheit gefährden können. Gemeint sind damit auf jeden Fall Ausrüstungen von Huawei.

Der Bann, amerikanischen Bauteile – vor allem mikroelektronische Schaltkreise – kaufen zu können, würde ähnliche desaströse Ergebnisse für Huawei bedeuten, wie es das gleiche Exportverbot für den anderen großen chinesischen Telekommunikationskonzern ZTE vor knapp zwei Jahren bedeutet hatte.

Huawei gilt als widerstandsfähiger

Huawei hat 2018 für ca. elf Milliarden Dollar Komponenten für seine Produkte in den USA gekauft. Dafür in akzeptablen Zeiten gleichwertige Ersatzlieferanten zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit, was ja auch ZTE vor einem Jahr hat kapitulieren lassen. Allerdings hat Huawei anscheinend einen ganz anderen Forschungsvorlauf für solch ein Boykott-Szenario als seinerzeit ZTE: Der Konzern arbeitet bereits an eigenen Betriebssystemen, seit kurzem übrigens auch in Dresden. Auch verfügt es über eine eigene Chip-Entwicklung.

Angriffsfläche TSMC

Allerdings produzieren die Chinesen ihre Prozessoren, Kommunkations-Schaltkreise und andere Bauteile größtenteils nicht selbst. Sie lassen sie vielmehr zu großen Teilen in Taiwan beim Auftragsfertiger TSMC fertigen, der die dafür benötigten modernen Fabriken betreibt. Prinzipiell könnte die Trump-Regierung auch TSMC an die Kandare nehmen, da sie US-amerikanischen Großkunden von TSMC de facto verbieten könnte, weiter in Taiwan produzieren zu lassen. Das würde die ohnehin schon angeschlagenen weltweiten Wertschöpfungsketten zwar noch weiter zerstören und wahrscheinlich auch auf die US-Wirtschaft selbst schwer zurückfallen.Trump ist allerdings für eine rigorose Vorgehensweise bekannt.

Zeit, aus dem Tiefschlaf aufzuwachen

Was aber hat die EU aus dem ZTE-Desaster gelernt, um die europäische Industrie von solchen Willkürmaßnahmen Trumps zu schützen? Schließlich hat ja auch Trump schon einen Auftrag an das Handelsministerium gegeben, zu prüfen ob die europäischen Automobilexporte nicht die amerikanische Sicherheit gefährden. Mit heutigem Stand der europäischen Mikroelektronikindustrie sind die europäischen Automobilbauer schutzlos amerikanischen Lieferanten gerade bei den anspruchsvollsten Chips, wie sie zum Beispiel für das autonome Fahren benötigt werden, ausgeliefert. Wäre es nicht Zeit für die Verantwortlichen in der EU, aus ihrem Tiefschlaf aufzuwachen?

Autoren: Bernd Junghans und Heiko Weckbrodt 

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt