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Schluss mit Gestinke: Hightech-Socken entkeimen sich selbst

Beim Einsurz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 waren 1100 Menschen gestorben. Eine Studie soll nun Richtlinien entwickeln, die das Risiko solcher Katastrophen vermindern. Foto: Heiko WeckbrodtBeim Einsurz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 waren 1100 Menschen gestorben. Eine Studie soll nun Richtlinien entwickeln, die das Risiko solcher Katastrophen vermindern. Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

Nach dem Zusammenbruch der Massenproduktion mit der Wende konzentrierte sich Sachsens Textilindustrie auf technische Textilien

Crimmitschau, 20. Mai 2019. Einen alten Menschheitstraum haben sächsische Textilforscher nun erfüllt: Socken, die niemals müffeln. Sie gehen auf ein gemeinschaftliches Entwicklungsprojekt namens „bacteria EX“ zurück: Hightech-Textilien, deren Silvereinlagen viele Keime binnen einer Stunde töten. Das sächsische Wirtschaftsministerium wertet solche und andere technologieorientierte Faserforschungen als Beleg für eine wieder erstarkte Textilindustrie im Freistaat.

Silber im „bacteria EX“-Gewebe gegen Krankenhaus-Keime

Die Weberei „Spengler & Fürst“ aus Crimmitschau und das im erzgebirgischen Geyer ansässige Unternehmen „Brändl Textil“ bieten die neuentwickelten „bacteria EX“-Textilien beispielsweise Ärzten und Pflegern an: Entsprechend gewobene Bett- und Patientenwäsche, Personalkleidung, Handtücher oder Vorhänge aus silberhaltigen Textilien könnten vor allem im Kampf gegen multiresistente Krankenhaus-Keime die Ausbreitung solcher Erreger eindämmen. Derzeit testen das Universitätsklinikum Dresden und das Elblandklinikum Meißen diese Textilien unter Praxisbedingungen.

Werbevideo (Bacteria Ex):

Dünnere Version für Patienten

Um keimtötende Socken zu weben, setzt das Strumpfwerk „Lindner“ aus Hohenstein-Ernstthal die antibakteriellen Stoffe ein: „Wir tun das in zweifacher Ausführung. Zum einen handelt es sich um sehr strapazierfähige, an der Sohle gepolsterte Berufssocken für das Klinikpersonal, das ja meist den ganzen Arbeitstag lang auf den Beinen ist“, erklärt Firmenchef Thomas Lindner: „Zum anderen haben wir eine etwas dünnere Version mit Anti-Rutsch-Ausstattung an der Unterseite der Sohle für die Patienten entwickelt.“

Die Ingenieure sehen auch in privaten Haushalten großes Einsatzpotenzial für ihre Antikeim-Wäsche.

Strukturwandel in der Branche

Generell hat sich die sächsische Textilindustrie in den vergangenen drei Dekaden stark gewandelt: Weil die ostdeutschen Lohnkosten nach der Währungsunion schlagartig nicht mehr konkurrenzfähig waren, konnte die Textilindustrie auch nicht mehr Massenware nach Westdeutschland und andere Zielmärkte exportieren. In der Folge verloren Zehntausende Menschen ihre Jobs. Inzwischen hat sich diese Branche aber wieder etwas erholt . mit neuem Profil: Weit mehr als die Hälfte des Umsatzes der ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie entfällt auf die Technischen Textilien, gefolgt von den Heimtextilien mit rund 30 Prozent und dem Bekleidungssektor mit einem Zehntel, teilte das sächsische Wirtschaftsministerium mit. Im Jahr 2018 erwirtschaftete die Branche einen Gesamtumsatz von 1,87 Milliarden Euro, davon 44 Prozent im Export. In Sachsen beschäftigt die Branche inzwischen rund 12.000 Mitarbeiter, in Thüringen sind es 2500. Zum Vergleich: Die DDR-Textilindustrie beschäftigte 1989 rund 318.000 Menschen.

Autor: hw, Quelle: SMWA, Oiger-Archiv, Friedrich-Ebert-Stiftung

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt