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Huawei etabliert Entwicklungszentrum in Dresden

Huawei. Foto: Heiko Weckbrodt

Huawei. Foto: Heiko Weckbrodt

Chinesen wollen in Sachsen neue Betriebssystem-Architekturen entwerfen lassen

Dresden, 8. Mai 2019. Der Hochtechnologiestandort „Silicon Saxony“ ist um eine fernöstliche Facette reicher geworden: Der chinesische Elektronikkonzern Huawei hat in Dresden ein Entwicklungszentrum eingerichtet. Das hat Sprecher Patrick Berger von Huawei Deutschland auf Anfrage bestätigt. Das „Huawei’s German Research Centre in Dresden“ soll mithelfen, neue Betriebssysteme entwickeln, also die Basis-Software für Smartphones, Notebooks und vernetzte Geräte.

Indischer Informatiker trommelt Startmannschaft zusammen

Als Chef hat Huawei den indischen Informatikspezialisten Dr. Pramod Bhatotia gewonnen, der zuletzt unter anderem an der Uni Edinburgh tätig war und am Zentrum für fortgeschrittene Elektronik Dresden (cfaed) eine Forschungsgruppe geleitet hatte. Seit März baut er für Huawei in Dresden ein Entwicklungsteam auf, das bis zum Jahresende zehn Köpfe umfassen und später weiter wachsen soll. Die Gruppe ist derzeit provisorisch in Büros im Stadtzentrum untergebracht. „Ein dauerhafter Standort wird noch gesucht“, betonte Sprecher Berger.

Software für Smartphones, Autos und Industrie 4.0

Die Experten sollen sich um die „Software-Entwicklung digitaler Zukunftstechnologien“ kümmern. Sie werden laut den Konzern-Plänen „grundlegende Architekturprinzipien“ für neue Betriebssystemen entwerfen, die für Smartphones, Tablets, autonom fahrende Autos sowie Geräte im „Internet der Dinge“ und der „Industrie 4.0“ benötigt werden.

Chinesen arbeiten hinter den Kulissen auch an Android-Alternative

Huawei verstärkt derzeit seine Forschungsanstrengungen in diesen Sektor. Die Chinesen wollen unter anderem ein alternatives Betriebssystem zum Google-basierten Smartphone-System „Android“ entwickeln. Hintergrund dafür sind unter anderem die Boykott-Drohungen aus den USA gegen die Chinesen, die sich daher auch in dieser Software-Sparte autark machen wollen. Und eine Facette dieser Strategie ist eben auch die Ansiedlung des neuen Huawei-Zentrums in Sachsen.

Die Standortwahl der Chinesen soll womöglich auch jenen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die Spionage-Hintertürchen in Huawei-Netzwerktechnik für den 5G-Mobilfunk fürchten. Der Konzern könnte dann argumentieren: Wer die Betriebssysteme für diese Netzwerke bei den 5G-Anwendern in Europa entwerfen lässt, der hat auch nichts zu verbergen.

Zum Weiterlesen:

Streit um 5G-Technik von Huawei – Deutscher Technikchef für internationale Sicherheitsstandards

„Fruchtbares Umfeld“ in Dresden vorgefunden

„Der Grund für Dresden als Standort ist, dass es hier bereits ein fruchtbares Umfeld für Forschung in diesem Bereich gibt“, erklärte indes Patrick Berger. Denn in der sächsischen Landeshauptstadt hat die Entwicklung von Betriebssystemen (englisch: „Operating Systems“ = OS) eine lange Tradition, die bis zum Computerkombinat Robotron und TU-Projekte zu DDR-Zeiten zurückgeht.

Auch Amazon setzt auf sächsische OS-Expertise

Auch Amazon setzt übrigens in dieser Hinsicht auf Dresdner Expertise: Seit 2013 unterhält der US-amerikanische Internet-Handelsriese im Waldschlösschen-Areal ein Entwicklungszentrum unter Leitung des Linux-Experten Chris Schläger. Das Team dort entwirft und optimiert Betriebssysteme für die Amazon-Tochter AWS. Die wiederum ist einer der weltweit führenden Anbieter für Cloud-Dienste (Rechnerwolken). In den vergangenen Wochen hatte das Dresdner AWS-Zentrum erneut Software-Ingenieure und Entwickler angeheuert.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt