Ausflugstipp, zAufi
Schreibe einen Kommentar

Zu Lips Tullian ins Burgverlies

Blick auf die Ruine des Ostflügels des einstigen Klosters Altzella. Foto: Peter Weckbrodt

Blick auf die Ruine des Ostflügels des einstigen Klosters Altzella. Foto (bearbeitet): Peter Weckbrodt

Oigers Wochenendtipp: In Nossen saßen mittelalterliche Terroristen und verführerische Mätressen ein

Dresden/Nossen/Altzella, 8. April 2016. Ausgerechnet zu Lips Tullian, dem schlimmsten Terroristen des deutschen Mittelalters, führt uns der Ausflugs-Tipp an diesem Wochenende. Noch dazu nach Nossen. Und dorthin fährt seit Jahresbeginn 2016 kein einziger Zug mehr hin! Andererseits sind wir mit dem Auto genauso schnell dort wie in Moritzburg oder Pillnitz. Der kleine Ausflug lohnt, das kann der Oiger schon jetzt versprechen.

Hoch über der Mulde und der Stadt erhebt sich das Schloss Nossen. Foto: Peter Weckbrodt

Hoch über der Mulde und der Stadt erhebt sich das Schloss Nossen. Foto: Peter Weckbrodt

Ein ganzer Hofstaat logierte in Nossen

Das in einem schönen Renaissancestil gehaltene Schloss thront weithin sichtbar stolz hoch über der Freiberger Mulde. Die Stadtväter sind genial, wir können fast bis vor die Kasse fahren. Zuvor beeindruckt uns aber der mächtige Burggraben, über den eine mehrbogige Steinbrücke führt. Im Innenhof wird uns sofort klar: Das ist kein Schlösschen, hier logierte einst der gesamte sächsische Hofstaat. Tatsächlich zählte Nossen zu den Quartieren, die die Meißner Markgrafen und späteren sächsischen Kurfürsten als Jagdlager bevorzugten. Der nahe Zellwald war wegen seines Wildreichtums bekannt. Heute beherbergt die weitläufige Schlossanlage sowohl das Museum wie auch etliche Wohnungen.

Im Eingangsbereich des Schlosses dominiert Ferdinand von Rayskis Monumentalgemälde "Die Schlacht von Borodino" . Repro: Peter Weckbrodt

Im Eingangsbereich des Schlosses dominiert Ferdinand von Rayskis Monumentalgemälde „Die Schlacht von Borodino“ . Repro: Peter Weckbrodt

Dresdner Kunstverein verkannte den Frühimpressionisten von Rayski

Beim Eintritt ins Museum überrascht uns das monumentale Schlachtengemälde von Ferdinand von Rayskis (1806-1890) „Die Schlacht von Borodino“. Der Dresdner Maler hatte das Bild um 1850 für den Dresdner Kunstverein gemalt. Dieser lehnte den Kauf jedoch ab, weil Rayski zu seinen Lebzeiten als ein Außenseiter ohne Einfluss auf die zeitgenössische Malerei galt. Heute gilt er als Vorläufer der impressionistischen Malweise in Deutschland. Die Schlossherren von Nossen, die Familie von Schönberg, kauften letztlich das Bild.

Mehr Ausflugstipps:

Zu den Dardanellen nach Moritzburg

Ab in die Grube!

Schlossherren profitierten vom Silberfieber

Größter und architektonisch bedeutender ist wegen seiner wertvollen Wand- und Deckenmalereien das Kurfürstenzimmer. Hier erfahren wir Näheres über das sächsische Adelsgeschlecht derer von Schönberg. Familienmitglieder hatten vom 14. bis 16. Jahrhundert verschiedene geistliche Ämter inne, so als Äbte des Klosters Altzella oder als Bischöfe von Meißen. Weibliche Familienmitglieder waren Äbtissinnen der Klöster Heilig Kreuz bei Meißen und Nimbsch. Während der Blütezeit des sächsischen Bergbaus zwischen 1168 und 1380 waren die Schönbergs am Bergbau direkt mit einflussreichen Bergämtern , aber auch durch den Besitz von Kuxen (Aktien) beteiligt. Im Nachbarzimmer macht uns eine Portraitsammlung mit einigen Familienmitgliedern bekannt.

Im Südturm befindet sich das Verlies, in dem einst Lips Tullian schmachten durfte. Foto: Peter Weckbrodt

Im Südturm befindet sich das Verlies, in dem einst Lips Tullian schmachten durfte. Foto: Peter Weckbrodt

Mehrere Promi-Gefangene

Auch die Gräfin Cosel logierte auf Schloss Nossen im November 1716 für einige Tage als Gefangene August des Starken, bevor sie in die Burg Stolpen überführt wurde. Und im Südturm finden wir dann das Verließ, in dem der Räuber Lips Tullian eingekerkert war.

Werbung: Buch über den Räuber Lips Tullian:
Des Bekannten Diebes, Morders Und Raubers, Lips Tullians, Und Seiner Complicen Leben Und Uebelthaten, Dabey Gottes Sonderbahre Schickung Erhellet …

Von der Abtei Altzella sind lediglich malerische Reste erhalten geblieben.Foto (bearbeitet): Peter Weckbrodt

Von der Abtei Altzella sind lediglich malerische Reste erhalten geblieben. Foto (bearbeitet): Peter Weckbrodt

Klosterruinen von Altzella inspirierten schon Caspar David Friedrich

Vom Schloss sind es nur wenige Autominuten bis zum Klosterpark Altzella. Hier vereinen sich im Tal der Mulde in sehenswerter Harmonie Renaissance und Romantik. Der englische Landschaftspark mit seinen teilweise 200 Jahre alten Baumbeständen vermittelt noch heute, wovon sich einst der Maler Caspar David Friedrich inspirieren ließ: die vielen romantischen Perspektiven dieses Ortes. Die Ruinen Altzellas (1175-1540), des ehemals einflussreichsten Zisterzienserklosters Sachsens, gehören zu den ältesten Zeugnissen sächsischer Geschichte. Das klassizistische Mausoleum im Park ist letzte Ruhestätte und Denkmal für die wettinischen Markgrafen von Meißen, die das Kloster 1162 stifteten.

´ Bestens erhalten ist dieses ptächtige Exemplar des "Sachsenspiegels. repro: Peter Weckbrodt

Bestens erhalten ist dieses prächtige Exemplar des „Sachsenspiegels. Repro: Peter Weckbrodt

Multimediaschau über den „Sachsenspiegel“

Noch heute beeindruckt das mächtige romanische Portal am Westzugang der gigantischen, noch heute mehrere Kilometer langen Klostermauer. Eine Multimediaschau zum „Sachsenspiegel“ des Eike von Repkow erläutert die Rechtspraxis des Mittelalters.

Wir sollten reichlich Zeit für einen Bummel durch den Park einplanen. Gegenwärtig können wir uns an den Blütenteppichen der weißen Buschwindröschen, aber auch an den gelben Himmelschlüsselblumen und an den zartblauen Veilchen erfreuen.

Autor: Peter Weckbrodt

Besucherinformationen

Wo? Schloss Nossen, Am Schloss 3, 01683 Nossen
Telefon: 035242-504 35
Internet-Seite: www.schloss-nossen.de
Öffnungszeiten: Di-Fr 10-17 Uhr, Sa, So/Fei. 10-18 Uhr
Eintrittspreise: Erwachsene 4 Euro, Erm. 2 Euro, 2 Erw. + max. 4 Ki. 9 Euro, 1 Erw. + max. 2 Ki. 8 Euro; günstig ist der Erwerb von Kombikarten gleich mit dem Klosterpark Altzella;

Kloster Altzella, Zellaer Straße 10, 01683 Nossen; Tel.: 035242-504 32; www.kloster altzella.de

Aktuelle Angebote f. Schloss Nossen: So., 10. April 15 Uhr: Sonderführung „Spurensuche in Sachsen“ mit Marion v. Sahr-Schönberg.

Altzella: So. 17. April 15 Uhr: Botanische Führung durch den Klosterpark mit Dr. Friedrich Ditsch (TU Dresden):

Himmelfahrt Do & Fr 05./06. Mai 11-24 Uhr Internationales Blues- u. Rockfestival Altzella: 22. Mai, 15 Uhr: Familienführung „Leben hinter Klostermauern“

Anfahrt (Routenplanung
per Google Maps):

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Schreibe einen Kommentar