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iPhone kommandiert das Heim

Technikassistentin Franziska Jahn zeigt einen der neuen Fahrplanaushänge mit elektronischem Papier von Plastic Logic. Foto: Heiko Weckbrodt

Technikassistentin Franziska Jahn zeigt einen der neuen Fahrplanaushänge mit elektronischem Papier von Plastic Logic. Foto: Heiko Weckbrodt

„Dresden Elektronik“ arbeitet an vernetzten Wohnungen und ePapier-Haltestellen

Dresden, 18. November 2013: Um sich unabhängiger von den Schwankungen der Elektronikbranche zu machen, baut der Reicker Auftragsfertiger „Dresden Elektronik“ sein Portefeuille eigener Produkte derzeit aus. Darunter sind einige echte Innovationen: Fahrplan-Aushänge aus elektronischem Papier zum Beispiel und Technologien für das per Computertelefon steuerbare vernetzte Heim von morgen. Perspektivisch sieht Geschäftsführer Lutz Pietschmann damit erhebliches Wachstumspotenzial für das Unternehmen – das sich im Gewerbegebiet Dresden-Reick bereits Flächen für einen Erweiterungsbau reserviert hat.

Videoimpressionen aus der Fabrik (hw):

Fahrplan-Aushang wechselt auf Computerbefehl Ankunftszeit

Stellen Sie sich vor, sie gehen nachts zu einer Bushaltestelle: Sie müssen kein Feuerzeug zücken, um den Fahrplan lesen zu können, sondern das ePapier-Terminal schaltet automatisch das Licht an, wenn Sie sich nähern. Und siehe da, die Zahlen und Buchstaben auf dem Aushang verändern sich plötzlich: Aha, der nächste Bus verlässt gerade den Hauptbahnhof und wird schon in fünf Minuten hier sein. Eingespeist hat diese aktuelle Information die Dispatcher-Zentrale der Verkehrsbetriebe und die kümmert sich auch bei Fahrplanwechseln oder Umleitungen darum, dass der ePapier-Aushang immer die richtigen Zeiten zeigt…

Ganz soweit ist die Technik zwar noch nicht, aber ferne Zukunftsmusik ist dies auch nicht mehr: Die ersten ePapier-Aushänge, die zumindest schon Fahrplanwechsel automatisch anzeigen, sollen schon bald in Dresden in den Pilotbetrieb gehen. Entwickelt wurde diese Technik größtenteils in Dresden: Das elastische Elektronikpapier, das nur bei Anzeige-Änderungen etwas Strom verbraucht, kommt aus dem Plastic-Logic-Werk in Rähnitz, das Komplettgerät „deZign“ von „Dresden Elektronik“.

Autonome Haltestelle mit Solarzellen geplant

"Dresden Elektronik"- Geschäftsführer Lutz Pietschmann neben LED-Leuchten, die per Computertelefon gesteuert werden. Foto. Heiko Weckbrodt

„Dresden Elektronik“- Geschäftsführer Lutz Pietschmann neben LED-Leuchten, die per Computertelefon gesteuert werden. Foto. Heiko Weckbrodt

„Wir mussten uns dafür zwar erst mal neue Fertigungstechniken aneignen, aber das lohnt sich“, sagt Chef Pietschmann. „Das Interesse an diesen ePapier-Aushängen ist deutschlandweit groß.“

Denn wenn sich die neue Technik bewährt, müssen Verkehrsunternehmen künftig keine Plakatkleber mehr aussenden, wenn ein Fahrplanwechsel ansteht, denn die „deZigns“ werden aus der Ferne von Computern gespeist. Zudem können so auch aktuelle Informationen für die Fahrgäste sofort verteilt werden. Und weil der Stromverbrauch von ePapier so niedrig ist, plant Dresden-Elektronik auch ePapier-Aushänge, die über Solarzellen selbst in der entlegensten „Pampa“ ihren Energiebedarf autonom decken.

Von Ex-Robotronern gegründet

Nicht alles geht mit Maschinen: Elektroniker Sebastian Münch lötet besonders knifflige Teile von Hand. Foto. Heiko Weckbrodt

Nicht alles geht mit Maschinen: Elektroniker Sebastian Münch lötet besonders knifflige Teile von Hand. Foto. Heiko Weckbrodt

Bis zu solchen Aufträgen war es freilich ein weiter Weg: 1990 in Striesen von zwei ehemaligen Mitarbeitern des DDR-Computerkombinats Robotron gegründet, spezialisierte sich „Dresden Elektronik“ zunächst auf die Auftragsfertigung von Leiterplatten und Elektronikgeräten in kleinen und mittleren Serien für Kunden wie SBS Bühnentechnik, KBA Planeta, Vacutec und andere.

Mit ihrem Faible für Spezialanfertigungen, moderner Fertigungstechnik und Qualitätsanspruch machte sich die Firma einen guten Namen in Sachsen, wuchs auf über 80 Mitarbeiter, die im neuen Unternehmenssitz in Reick zuletzt sieben Millionen Euro Umsatz realisierten.

Licht-Atmosphäre und Farbtemperatur per Smartphone steuern

Allerdings steht und fällt der Auftragsbestand hier mit der Gesamtwirtschaftslage und daher setzt „Dresden Elektronik“ nun verstärkt auf eigene Produkte. Dazu gehören neben den eHaltestellen auch funkvernetzte Wohnungen und Büros, deren Lichtatmosphäre per Computertelefon (Smartphone) oder Tablettcomputer fast beliebig eingestellt werden kann: kälteres Licht, wärmeres, rötliches und bläuliches…

Hoffnung auf Zigbee-Funk

Dafür baut „Dresden Elektronik“ „Zigbee“-Router: Geräte, denen der bequeme Stadtmensch von der Couch aus per iPhone & Co. und WLAN-Funk befehlen kann, etwa die LED-Lampe hinten auf wärmeres und schummrigeres Licht umzudimmen, in der Küche hingegen schon mal Festbeleuchtung vorzubereiten.

Nächster Schritt ist das ferngesteuerte Heim

Von solch vernetzten Heimen fabulieren Technik-Gurus zwar bereits seit Jahren, ohne dass daraus viel geworden wäre. Doch nun sei diese Technologie endlich auch marktreif, meint Pietschmann. Dabei sei die vernetzte Atmo-Beleuchtung erst der Anfang: Künftig werden sich auch immer Haushaltsgeräte mit seinen Zigbee-Befehlszentralen drahtlos vernetzen, hofft der „Dresden-Elektronik“-Chef.

Und dann können wir endlich so schöne Dinge tun wie vom Büro aus kurz vor Arbeitsschluss die Wohnung daheim per iPhone-Befehl vorheizen, Vollzugsmeldungen der Waschmaschine per SMS bekommen oder dem Ofen befehlen, schon mal die Ganz in der Röhre anzubraten. Schöne neue vernetzte Welt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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