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Roboterkumpels ziehen virtuelle Schutzzäume zwischen Mensch und Maschine

Das "Botfellows"-Team (von links nach rechts): Sebastian Krusche, Dr.-Ing. Mohamad Bdiwi, Paul Eichler und Jayanto Halim.Foto: Fraunhofer-IWU

Das „Botfellows“-Team (von links nach rechts): Sebastian Krusche, Dr.-Ing. Mohamad Bdiwi, Paul Eichler und Jayanto Halim.
Foto: Fraunhofer-IWU

Chemnitzer Fraunhofer-Ausgründung „Botfellows“ will Robotik einfacher und sicherer machen

Chemnitz, 28. Oktober 2024. Damit Mensch und Roboter künftig in Fabriken, Handwerksbetrieben und Laboren einfacher und schneller zusammenarbeiten können, setzt die Chemnitzer Fraunhofer-Ausgründung „Botfellows“ auf virtuelle Schutzzäune und programmierfreien Anlern-Unterricht für die stählernen Kollegen. Diese Konzepte hat das Team inzwischen Industrievertretern aus Ostdeutschland und Taiwan vorgestellt. Damit soll der Robotik-Einsatz auch in kleineren Unternehmen lohnenswerter werden.

Industrieroboter bisher eher in großen Autofabriken präsent

Hintergrund: In modernen Auto- oder Elektronikfabriken arbeiten Industrieroboter fast immer hinter Schutzzäunen, damit sie ihre menschlichen Kollegen nicht aus Versehen verletzten können. Zudem müssen solche Roboter von Fachleuten programmiert, aufwendig installiert und gegen Unfallquellen abgesichert werden. Dies verteuert bisher den Robotereinsatz derart, dass er sich oft nur für große Fabriken und Serien lohnt.

Auch Kleinbetriebe liebäugeln wegen Fachkräfte-Mangel und Konkurrenzdruck mit Robotern

Angesichts von Fachkräftemangel und wachsendem Wettbewerbsdruck interessieren sich aber auch immer mehr kleinere Betriebe und Handwerker für Roboter. Und dies gilt eben auch für Tätigkeiten, die sich ständig ändern oder bei denen eine enge Kollaboration von Mensch und Roboter nahe liegt, sowie für Altbau-Gewerberäume, in denen gar nicht genug Platz für Schutzzäune ist.

Wie verändeliche Punktwolken kann man sich die virtuellen Schutzzäune vorstellen, die das Fraunhofer-IWU gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft für die Mensch-Roboter-Kollaboration entwickelt hatte. Ähnlich sieht auch das Konzept der Ausgründung "Botfellows" aus. Abb.: Fraunhofer-IWU

Wie verändeliche Punktwolken kann man sich die virtuellen Schutzzäune vorstellen, die das Fraunhofer-IWU gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft für die Mensch-Roboter-Kollaboration entwickelt hatte. Ähnlich sieht auch das Konzept der Ausgründung „Botfellows“ aus. Abb.: Fraunhofer-IWU

KI im Hintergrund bremst Stahlarme aus, wenn sie Menschen zu nahe kommen

In eben diese Bresche stoßen nun Dr. Mohamad Bdiwi, Sebastian Krusche, Paul Eichler und Jayanto Halim vor: Sie haben im Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz neue Anlernmethoden und Arbeitsschutz-Methoden für Roboter entwickelt: Um beispielsweise ohne Schutzzäune auszukommen, ziehen sie virtuelle und sich dynamisch ändernde Sicherheitszonen für kollaborative Roboter (Kobot) im „Teamwork“ mit einem Menschen ein. Die zentrale Sicherheitssteuerung berechnet dabei, „in welchen Bewegungsbereichen oder Arbeitssituationen sich der Roboter im kollaborativen Betrieb mit reduzierter Geschwindigkeit oder mit begrenzter Leistung und Kraft bewegen muss“, heißt es vom IWU. „Ein intelligentes Sicherheitssystem überwacht die relevanten Bereiche und passt die Robotersteuerung situativ an jede denkbare Interaktion zwischen Mensch und Roboter an“, betont Dr. Mohamad Bdiwi.

Unterricht mit Gesten und Sprachbefehlen

Auf dieser Basis haben Bdiwi im Herbst 2024 das Unternehmen „Botfellows“ in Chemnitz ausgegründet, deren Firmenname sich frei als „Roboter-Kumpels“ übersetzen lässt. Die hat sich auf Robotik und Automatisierungstechnik auf Software-Basis spezialisiert. Neben den virtuellen Schutzzäunen für die Mensch-Maschine-Kollaboration (MRK) stehen die Umgebungserkennung durch Roboter mittels „Künstlicher Intelligenz“ sowie sowie ein intuitiver Roboter-„Unterricht“, der keine Spezial-Programmierkünste mehr erfordert. Dafür hat unter anderem Mitgründer Jayanto Halim eine Gestensteuerung entwickelt, für die neben der Anlern-Software nur eine preiswerte Kamera und ein einfaches Mikrofon nötig sein sollen. Die nehmen die Fingerbewegungen des menschlichen „Trainers“ sowie dessen Sprachbefehle auf und übersetzten sie in Programm-Code, den der Roboter versteht.

Chemnitz und Dresden gelten als wichtige Robotik-Standorte in Sachsen

An ähnlichen „No code“-Konzepten arbeiten übrigens auch andere Hightech-Schmieden in Sachsen, darunter vorneweg „Wandelbots“ aus Dresden. Generell gelten beide Städte als wichtige Robotik-Standorte in Sachsen: Die Wirtschaft in der Landeshauptstadt zehrt da besonders von der Dresdner Exzellenz-Uni, der Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie der starken Mikroelektronik-Industrie vor Ort. Gelegentlich ṛichtet Dresden auch Robotik-Messen aus. Die Chemnitzer TU wiederum hat einen eigenen Sonderforschungsbereich zur Mensch-Roboter-Kollaboration, dazu kommen die Automatisierungs-Erfahrungen am Fraunhofer-IWU, das Zuse-Institut Chemnitzer Maschinen- und Anlagenbau (ICM) in den ehemaligen Heckert-Werken, die Automobilindustrie im Raum Chemnitz, die ohnehin viele Roboter einsetzt, und weitere Robotik-Akteure.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: 17. ACOD-Kongress in Dresden, Fraunhofer-IWU, botfellows.de, Northdata, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt