Dieselinjektor-Fabrik soll nun Reaktorstapel für Wasserspalter bauen
Dresden/Limbach-Oberfrohna, 12. Januar 2023. Damit „Sunfire“ Dresden schneller Großelektrolyseure für die ökostrom-getriebene Wasserstoff-Erzeugung verkaufen kann, hat es nun den Autozulieferer „Vitesco“ in Limbach-Oberfrohna mit der Auftragsproduktion von Reaktorstapeln („Stacks“) für seine Druck-Alkali-Elektrolyseure betraut. Das geht aus gemeinsamen Mitteilung beider Unternehmen hervor.
Sunfire will Elektrolyseur-Produktion schneller hochfahren
„Die strategische Partnerschaft ermöglicht es Sunfire, die Serienfertigung seiner Druck-Alkali-Elektrolyseure schon in diesem Jahr aufzunehmen“, erklärte das Dresdner H2-Tech-Unternehmen die Gründe für die strategische Partnerschaft. Vitesco werde für den Sunfire-Großauftrag ein Viertel seiner Fertigungskapazitäten neu profilieren und eine neue Montagelinie in einer seiner Hallen installieren. Dort werden ehemalige Autospezialisten die Elektrolyseur-Zellen – im Durchmesser so groß wie Traktorreifen – zu Stacks stapeln. Die Auftragsproduktion soll noch im ersten Quartal 2023 beginnen. Sunfire arbeitet gemeinsam mit Xenon Dresden bereits an hochautomatisierten Montagelinien für Elektrolyseure.
Vitesco Sachsen – erst Trabant-Bremsen, dann Diesel-Injektoren
Der Standort Limbach-Oberfrohna hat eine lange industrielle Tradition: Neben der Textilbranche haben sich hier – vor allem auch nach der Wende – Autozulieferer angesiedelt. In der Stadt wurden ab 1950 Autobremsen einem einem damals neuen Werk hergestellt, in den Folgejahren unter anderem für das DDR-Auto „Trabant“. Nach der Wende stieg Continental hier ein und produzierte ab 2000 in Limbach-Oberfrohna über 100 Millionen Dieselinjektoren aus Piezokeramiken. Das war für Continental über fast zwei Jahrzehnte ein gutgehendes Geschäft und beschäftigte zeitweise über 1400 Menschen am Standort – zuletzt unter dem Dach der Continental-Tochter „Vitesco Technologies“. Angesichts der Ökopolitik von Bund und EU zeichnete sich allerdings ein De-facto-Verbot für den Diesel ab. Daher wollte die Mutter Continental den Dieselinjektoren-Betrieb in Sachsen eigentlich schließen. Insofern kommen Elektrolyseur-Aufträge aus Dresden gerade recht, denn daraus könnten die Fabrik eine ganz neue Sparte aufbauen.
„Interessanterweise brauchen wir zur Fertigung von Elektrolyseuren ganz ähnliche Kompetenzen wie die Automobilindustrie“, erklärte Sunfire-Chef Nils Aldag. „Für die deutsche Wirtschaft ist das extrem spannend. Im Zuge der Transformation traditioneller Industrien bietet die rasant wachsende, grüne Wasserstoffbranche neue Perspektiven.“
Sunfire – erst Synthese-Sprit, nun heiße und alkalische Elektrolyseure
Sunfire wurde 2010 gegründet und fokussierte sich in Dresden zunächst auf die ganze Prozesskette von Wasser, Ökostrom und Kohlendioxid bis hin zum Synthese-Sprit. Inzwischen baut das – auch durch Zukäufe – gewachsene Unternehmen auf Elektrolyseure, die mit Ökostrom Wasserstoff aus Wasser abspalten. Dabei verfolgt Sunfire zwei Technologiepfade: Besonders effiziente Hochtemperatur-Elektrolyseuren und die aus der Schweiz zugekaufte Produktion von klassischen Alkali-Elektrolyseuren. Deren Produktion forciert das Unternehmen derzeit. Hatte es ursprünglich damit geliebäugelt, in naher Zukunft eine Elektrolyseur-Großfabrik in Sachsen zu bauen, setzt Sunfire nun anscheinend vorerst auch auf Auftragsfertiger („Foundries“), um schneller hohe Stückzahlen zu erreichen.
Sunfire will in diesem Jahr auf 500 Megawatt kommen
Neben dem Auftrag an Vitesco baut das Unternehmen derzeit an seinen zugekauften Standort in Solingen die metallische Beschichtung von Alkali-Zellen um. „Dort wird in wenigen Wochen eine neue Galvanik-Linie eröffnet, eine weitere befindet sich schon im Aufbau“, teilte die Firmenleitung mit. „Damit wird Sunfire 2023 in der Lage sein, jährlich Alkali-Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von 500 Megawatt zu produzieren. Der Ausbau in den Gigawatt-Maßstab ist bereits in Planung.“ Insofern ist die avisierte eigene Giga-Fabrik wohl nicht vom Tisch. Inzwischen hat das Unternehmen rund 500 Beschäftigte. Die Sunfire-Chefs rechnen mit weiterem starken Wachstum: einerseits mit Blick auf die ehrgeizigen Öko-Wasserstoff-Strategien von EU, Bund und Sachsen sowie anderseits, weil viele Industriebranchen in Deutschland unter Dekarbonisierungs-Druck stehen.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Sunfire, IG Metall, Oiger-Archiv
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