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Dresdner Verkehrsbetriebe mit Elektrobussen zufrieden

Elektrobus der Dresdner Verkehrsbetriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Elektrobus der Dresdner Verkehrsbetriebe. Foto: Heiko Weckbrodt

Stromer schlagen sich im Stadtverkehr besser als gedacht, sind aber teuer

Dresden, 29. Dezember 2022: Elektrobusse für den Stadtverkehr sind teurer als Dieselbusse in der Anschaffung und im laufenden Betrieb, haben auch noch Kinderkrankheiten, sind allerdings auch umweltfreundlicher und leiser, kommen bei Fahrern wie Passagieren gut an – und schlagen sich im praktischen Betrieb besser als gedacht. Diese Zwischenbilanz haben heute die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) gezogen, die seit Juni 2022 auf zwei Stadtlinien insgesamt 20 Elektrobusse der Daimler-Tochter „Evobus“ fahren lassen.

Nach Netzanalyse wollen Planer weitere Buslinien auf Strom umstellen

Die Beratungsfirma „Verkehrsconsult Dresden-Berlin“ (VCDB) analysiert nun das gesamte Stadtnetz mit Blick darauf, welche Buslinien als nächstes elektrifiziert werden können, berichtet DVB-Buschef Robert Roch. „Wir wollen noch mehr Elektrobusse anschaffen“, kündigt er an. Das funktioniere allerdings nur, wenn genug Fördermittel vom Land und vor allem vom Bund fließen, betont Unternehmens-Sprecher Falk Lösch. Denn ein Evobus-Stromer kostet etwa doppelt soviel wie sein Diesel-Kollege. Zudem brauchen die Verkehrsbetriebe wegen der kürzeren Reichweiten und den längeren Tank- beziehungsweise Ladezeiten mehr Busse und Fahrer, um ansonsten gleichen Strecken zu bedienen. Auch die Instandhaltungskosten seien keineswegs so niedrig, wie oft von Elektrofahrzeugen behauptet, ergänzt der zuständige DVB-Ingenieur Rico Seipel.

Bis zu 41 % mehr Reichweite als vom Hersteller versprochen

Insgesamt seien die noch jungen Stromer aber sehr zuverlässig unterwegs und erzielen im Sommer sogar längere Reichweiten als vom Hersteller versprochen, nämlich auf bis zu 170 statt 120 Kilometer, erzählt Roch. An kalten Wintertagen verringert sich diese Reichweite allerdings deutlich, der Stromverbrauch verdoppelt sich dann – wie etwa während der jüngsten Dezember-Kältewelle. Dann müssen die Busfahrer die Reserve-Dieselheizungen zuschalten, damit nicht zuviel Akku-Energie für die Innenraum-Heizung draufgeht.

Synthie-Kraftstoffe zu teuer und zu rar

„Für die Zukunft denken wir darüber nach, ob wie den Diesel durch synthetische Kraftstoffe ersetzen können“, erklärt Rico Seipel. Bisher ist der Synthie-Sprit allerdings noch zu teuer und in zu geringen Mengen verfügbar, um großflächig den Diesel im DVB-Netz ersetzen zu können. Ohnehin wollen die DVB-Manager auch nicht alle Verbrenner in Zukunft durch Synthese-Diesel betanken, sondern damit Lücken überall dort füllen, wo es ohne Kraftstoff kaum geht.

Der Elektrobus mit ausgefahrendem Schnelllade-Arm. Foto: Fraunhofer-IVI / DVB

Der Elektrobus mit ausgefahrenem Schnelllade-Arm. Foto: Fraunhofer-IVI / DVB

O-Busse, Schnelllader & Co.: Lange Elektrobus-Tradition in Dresden

Elektrobusse haben in Dresden eine lange Tradition: Von 1903 bis 1905 pendelten schon elektrische Oberleitungsbusse (O-Busse) in Klotzsche. 1947 bis 1975 fuhren O-Busse über den Zelleschen Weg, über das Blaue Wunder, in Bühlau und anderswo in Dresden. 2014 erprobten die DVB und das Dresdner Fraunhofer-Verkehrsinstitut IVI den Einsatz von Elektrobussen mit Schnelllade-Stromabnehmern.

20 Stromer von Daimler-Tochter gekauft

Nach weiteren Versuchen mit Elektro- und Hybridbussen verschiedener Hersteller kauften die Verkehrsbetriebe schließlich 18 Gelenkbusse und zwei Zweiachser mit elektrischen Antrieben von „Evobus“. Die kürzeren Zwölf-Meter-Zweiachser sind seit Juni 2022 auf der Linie 81 zwischen dem Globalfoundries-Chipwerk in Wilschdorf und dem Bahnhof Neustadt unterwegs. Die 18 Meter langen Gelenk-Busse bedienen die über 22 Kilometer lange Linie 68 zwischen Goppeln und Niederwartha.

DVB: Wir sparen 875 t CO2 pro Jahr

Inzwischen haben die Stromer in Summe eine halbe Million Kilometer zurückgelegt. Hochgerechnet aufs Jahr werden die DVB mit den neuen Bussen rund 875 Kohlendioxid-Ausstoß sparen, haben die Planer berechnet. Der energetische Gesamtwirkungsgrad liege beim Elektrobus doppelt so hoch wie beim Diesel, wenn man auch die Energieverluste bei der Stromerzeugung auf der einen und der Dieselgewinnung auf der anderen Seite einrechnet, so Robert Roch. In diese Rechnung eingeflossen ist die vergleichsweise aufwendige Rekuperation bei den Evobus-Modellen, die beim Bremsen und Ausrollen etwa 35 Prozent der eingesetzten Energie mit Generatoren an zwei Achsen zurückgewinnen. Als Fortschritt bewerten laut Unternehmens-Angaben zudem viele Fahrer, Fahrgäste und Anwohner den leisen und gleichmäßigen Fahrbetrieb der Stromer.

Ladestationen für Elektrobusse im Betriebsbahnhof Gruna der DVB. Foto: Heiko Weckbrodt

Ladestationen für Elektrobusse im Betriebsbahnhof Gruna der DVB. Foto: Heiko Weckbrodt

12 bis 22 Minuten Nachladezeit an Endpunkten

Allerdings ist die Instandhaltung aufwendiger als gedacht. Und je nach Verkehrslage müssen die Busse an ihren Endpunkten auch zwölf bis 22 Minuten zwischenladen. Damit verlängern sich die Stehzeiten an den Endhaltestellen – zur Freude der Fahrer aber zu Ungunsten der Auslastung. Zudem haben sich an den Stromern auch einige Macken gezeigt. Zum Beispiel regelte die Elektronik manchmal plötzlich die Antriebsleistung herunter. Schuld waren Temperaturdifferenzen an den Akkus. Das Problem werde demnächst durch eine aktualisierte Software gelöst, versichern die DVB.

2. Leben als stationärer Solarstromspeicher angedacht

Apropos Akkumulator: Wenn der zu alt geworden ist und zuviel Ladekapazität eingebüßt hat, muss der Stromspeicher repariert oder ausgetauscht werden. Das wollen die DVB einmal im Fahrzeug-„Leben“ mitmachen, bevor der Bus ganz ausgemustert werden muss. Die Planer rechnen mit diesem Punkt, wenn das Fahrzeug etwa 800.000 Kilometer auf dem Tacho hat. Diese Fahrleistung sollte nach etwa fünf bis sieben Jahren erreicht sein, schätzt Ingenieur Seipel. Noch ist nicht entschieden, welche Option der Hersteller dann vorschlagen wird: Austausch oder Regeneration.

Die DVB-Planer denken aber schon einen Schritt weiter: Der Bus-Akku wird dann nämlich noch 80 Prozent seiner ursprünglichen Ladekapazität haben und kann damit durchaus noch für ein „Zweites Leben“ als stationärer Energiespeicher dienen. Und da könnten die DVB sogar selbst die eigenen Altakkus weiternutzen: Wenn sie nämlich immer mehr Elektrobusse anschaffen und die dann nachts – wenn keine Sonne scheint – aufgeladen werden müssen, könnte eigene Großakkus den Verkehrsbetrieben helfen, die Energie von den Solardächern auf ihren Betriebshöfen dafür zwischenzuspeichern.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: DVB, Wikipedia, Solarwatt, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt