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TU Dresden arbeitet mit an Europas Quanteninternet

Europa will ein eigenes Quanteninternet. Grafik: Dall-E

Europa will ein eigenes Quanteninternet. Grafik: Dall-E

Projektpartner wollen Vorsprung der Chinesen wettmachen

Dresden, 9. November 2022. Die TU Dresden arbeitet am Aufbau eines europäischen Quanteninternets mit. Das hat die Uni heute mitgeteilt. Sie ist dafür der 2017 gegründeten Quantum Internet Alliance (QIA) beigetreten. Dieses Bündnis will über Hunderte Kilometer hinweg abhörsichere Datennetze, die auf dem quantenphysikalischen Prinzip der Verschränkung basieren. Europa will damit den Vorsprung der Chinesen mindern, die bereits an solch einem Quanteninternet arbeiten.

Sachsen wollen Quantennetz mit 5G und 6G verknüpfen

Von der TU Dresden werden Teams um die Professoren Frank Fitzek und Riccardo Bassoli an dem Projekt mitarbeiten. Sie wollen unter anderem künftigen Anwendungsbeispiele für das Quanteninternet entwickeln und dafür sorgen, dass die agentenbasierten Netze mit den klassischen Mobilfunknetzen der fünften (5G) und sechsten Generation (6G) nahtlos zusammenarbeiten. Zu letzterem Punkt sind bereits Forschungsprojekte an der Dresdner Uni angelaufen.

Ein Fraunhofer-Forscher installiert eine verschränkte Photonenpaarquelle im Applikationszentrum für Quantenkommunikation am Fraunhofer-EAS, das wiederum zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) gehört. Foto: Blend3 Frank Grätz für das Fraunhofer-IIS/EAS

Ein Fraunhofer-Forscher installiert eine verschränkte Photonenpaarquelle im Applikationszentrum für Quantenkommunikation am Fraunhofer-EAS, das wiederum zum Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) gehört. Foto: Blend3 Frank Grätz für das Fraunhofer-IIS/EAS

Einstein nannte Verschränkung eine spukhafte Fernwirkung

Quantenmechanische Verbindungen basieren auf einem Effekt, den Albert Einstein einst eine „spukhafte Fernwirkung“ nannte, weil er scheinbar mit Überlichtgeschwindigkeit Signale überträgt. Tatsächlich koppeln sich dabei beispielsweise winzig kleine Teilchen auf eine Art, dass sie gleiche Eigenschaften – also letztlich auch Informationen – ohne messbare Zeitverzögerung teilen – egal, wie weit sie sich entfernen. Physiker sind heute überzeugt, dass dabei keine Datenübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit stattfindet, sondern vermuten einen anderen, bisher noch nicht abschließend geklärten Mechanismus in der Verschränkung. Ab einer bestimmten Distanz, die Ingenieure seit Jahren immer weiter hinausschieben, bricht dieser Verschränkungseffekt allerdings zusammen. Der Distanz-Rekord für verschränkte Signalübertragungen liegt in Experimenten bei 1200 Kilometern, für praktisch einsetzbare Kommunikationstechnik aber eher bei etwa 80 Kilometern. Diese möglichen Distanzen zu vergrößern, ist eine Aufgabe der QIA, die 2017 von der niederländischen Qutech, ICFO, der Uni Innsbruck und dem Pariser Zentrum für Quanteninformatik gegründet wurde.

Allianz will Quantennetz bis 2029 aufbauen

„In den letzten Jahren hat QIA die Grundlagen für die Verwirklichung ihres Prototyps geschaffen“, heißt es dazu von der TU Dresden. „Dazu gehören das erste Multiprozessor-Quantennetzwerk im Labor, der erste Quantensoftware- und Netzwerk-Stack sowie ein hochmodernes Quanten-Repeater-System, mit dem in Zukunft Quantenkommunikation über große Entfernungen möglich sein wird.“ Im Oktober 2022 hat die Allianz nun mit dem auf sieben Jahre veranschlagten Aufbau des europäischen Quanteninternets begonnen. Das Interesse von Regierungen, Geheimdienste, Banken und anderen Akteure an diesen und weiteren Quantentechnologien ist groß. Unter anderem hoffen die Förderer auf abhörsichere Telefon- und Datenverbindungen. Denn in verschränkten Systemen wird sofort offenbar, wenn jemand versucht, diese Verbindung zu belauschen. Die EU-Kommission sieht in Quantenkommunikation und Quantencomputern jedenfalls besonders förderwürdige Schlüsseltechnologien für die „digitale Souveränität“ von Europa.

Der Saxonq-Quantencomputer (das eigentliche Herzstück ist rechts auf dem Tisch) beim Silicon-Saxony-Day 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Der Saxonq-Quantencomputer (das eigentliche Herzstück ist rechts auf dem Tisch) beim Silicon-Saxony-Day 2022. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen will wichtiger Quantentech-Standort werden

Sachsen bemüht sich bereits seit geraumer Zeit, sich als wichtiger Standort der Quantentechnologien zu profilieren. So arbeiten mehrere Elektronikunternehmen und Fraunhofer im Freistaat an der Entwicklung von Quantenprozessoren mit. Das Fraunhofer-Teilinstitut EAS hat in Dresden ein eigenes Quantenlabor aufgebaut, in dem es bereits verschränkte Datenverbindungen erprobt. Auch arbeitet die TU Dresden bereits an Projekten wie „Quiet“ und „QD-CamNetz“ mit, die auf Quanten-Campusnetze und ein Quanten-Internet der Dinge zielen. Und die Leipziger Uni-Ausgründung „SaxonQ“ hat einen eigenen Quantencomputer entwickelt.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: TUD, Qutech

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt