IfW-Konjunkturchef: „Bei Stopp der Gaslieferungen droht der deutschen Wirtschaft eine scharfe Rezession“
Berlin, 13. April 2022. Die deutschen Wirtschaftswaisen haben ihre Wachstumsprognose für dieses und das kommende Jahr nach unten korrigiert: Die eigentlich erwartete Corona-Erholung werde durch den russischen Angriff auf die Ukraine und deren Kaskadeneffekte erneut verzögert. Daher werde das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022 voraussichtlich nur um 2,7 Prozent wachsen statt um 4,8 Prozent, wie noch vor kurzem erwartet. Falls Russland abrupt den Gashahn zudreht oder Deutschland selbst auf das russische Gas verzichtet, müsse man die Prognose weiter auf 1,9 Prozent herunterkorrigieren.
„Das Konjunkturbild ist geprägt durch gegenläufige konjunkturelle Strömungen, die allesamt preistreibend wirken”, erklärte Konjunkturchef Stefan Kooths vom „Kiel-Institut für Weltwirtschaft“ (IfW Kiel). Einerseits sorgt der Wegfall der Pandemiebeschränkungen für konjunkturellen Auftrieb. Anderseits sind die Lieferketten immer noch gestört, China als wichtiger Absatzmarkt und Zulieferer verhängt immer neue Corona-Quarantänen und der Krieg in der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland fressen sich mit all ihren Begleiterscheinungen wie Schockwellen durch die Weltwirtschaft. Vor allem die steigende Energiepreise setzen Unternehmen wie Konsumenten unter Druck.
Und es könnte noch schlimmer kommen, falls Deutschland als moralische Geste an die Ukraine plötzlich auf das russische Erdgas verzichtet: „Bei einem Stopp der Gaslieferungen droht der deutschen Wirtschaft eine scharfe Rezession“, warnt IfW-Forscher Stefan Kooths.
An der Gemeinschaftsdiagnose für das Bundeswirtschaftsministerium haben fünf Institute mitgewirkt:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. in Kooperation mit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF)
Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel)
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien
Inzwischen hat auch der „Sachverständigenrat“ seine Wachstumsprognose für das Jahr 2022 deutlich auf +1,8 % nach unten korrigiert, während er im Herbst noch von einem deutlichen Zuwachs von 4,6 % ausgegangen war.
Den grünen Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold ficht dies aber nicht besonders an: Es gebe zwar substanzielle Risiken für die Konjunktur. Die jetzt veröffentlichten neuen Prognosen zeigen laut Giegold „aber auch die Substanz und Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“. Die Bundesregierung tut alles, um die deutsche Wirtschaft „durch kluge makroökonomische Politik und gezielte Hilfsprogramme“ zu unterstützen.
Quellen: IfW Kiel, Ifo, BMWi
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